Muttersein ist eine ganz schöne Herausforderung
Liebe Leserinnen und Leser!
In den vergangenen Wochen habe ich häppchenweise an meinem Nachbericht geschrieben. Mehr war nicht drin, obgleich ich kidsgo den Bericht viel eher zugesagt hatte. Jule ist mittlerweile knappe acht Wochen alt, wiegt um die 4.400g, hat sich unter anderem die Spitznamen Klammeräffchen, Pupsknoten und Knötterliese erarbeitet und guckt ganz wach durch die Gegend.
Einige Wochen vor Jules Geburt ist ein Kollege Vater geworden, hat mir in einem Telefonat euphorisch von seinem Sohn berichtet und mir mitgeteilt, dass ich mich „auf etwas ganz Großartiges freuen könne“. Jule ist in der Tat großartig, aber euphorisch vermag ich von meinen letzten Wochen nicht zu berichten. Ich erlebe das Mutterdasein sehr ambivalent, merke aber, dass es von Woche zu Woche besser wird.
Am 17.08.2010 um 15.03 h war die Lütte nun da. Meine Vorstellung davon, zu Dritt noch ein paar Stündchen im Geburtshaus zu kuscheln und dann nach Hause zu fahren, löste sich in nullkommanix auf. Statt kuscheln war die Verlegung ins benachbarte Krankenhaus angesagt, und das erste Bonding fand zwischen Jule und Philipp statt. Als ich im Kreissaal des Krankenhauses aus der Narkose erwachte sah ich Jule zufrieden schlafend auf Philipps Brust liegen – ein schönes Bild. Für mich war zu diesem Zeitpunkt immer noch klar: ich gehe heute noch nach Hause. Als dann aber die Ärztin kam und mich über meinen körperlichen Zustand aufklärte dämmerte mir, dass das wohl nichts werden würde. So verbrachte ich die erste Nacht mit Jule im Arm ohne Philipp im Krankenhaus. Ich versuchte, nicht mit der Situation zu hadern, sondern mich darauf zu besinnen, dass wir ein gesundes kleines Mädchen bekommen haben, das friedlich in meinen Armen schlummerte. Die Versuche, sie in ihr eigenes kleines Bettchen zu legen, wurden direkt mit Schreierei geahndet – ein Phänomen, das uns die nächsten Wochen noch begleiten sollte…;-).
Am ersten Morgen als frischgebackene Mutter merkte ich erst einmal, was mit mir körperlich los war. Der alleinige Klogang war unmöglich. Mit Hilfe einer Schwester bewältigte ich den kurzen Weg und war danach im Bett erst einmal erholungsbedürftig. Außerdem taten mir alle Muskeln von der stundenlangen Hockerei und Steherei unter der Geburt weh. Insoweit war es ganz angenehm, liebevoll von den Stationsschwestern umsorgt zu werden. Das Stillen klappte vorerst auch prima. Allerdings war ich über die Medikamente, die mir per Tropf zugeführt wurden, unglücklich. Ich hatte Jule eine natürliche Geburt ermöglicht und nun das…
Da ich auf den Krankenhausaufenthalt nicht eingestellt gewesen war, hatte ich weder Bücher noch sonstige Dinge zur Beschäftigung mit. Kurioserweise brauchte ich nichts davon. Ich hing einfach meinen Gedanken nach und betrachtete ausgiebig mein Kind – das reichte mir völlig. Nach der zweiten Nacht im Krankenhaus hatte ich allerdings genug und ließ mich, entgegen dem Rat der Ärzte, entlassen. Den Weg zum Auto bewältigte ich wie eine Dampflok atmend mit vielen Pausen, aber dann war ich endlich wieder daheim, in meinem eigenen Bett, mit dem Babybay-Anstellbettchen für Jule neben mir.
Das Anstellbettchen hatte nicht die beabsichtigte Wirkung. Jule bevorzugte Tag wie Nacht Nähe, Nähe und noch einmal Nähe, am liebsten auf Papas oder Mamas Brust. Dort schlummerte sie sanft. Bettete man sie dagegen um, dann waren ihre Augen – zack – sofort wieder auf. Dazu wurde ordentlich mit den Armen und Beinchen gerudert und geknöttert. Da wir der Theorie folgen, dass Neugeborene in den ersten Lebensmonaten ganz viel Nestwärme brauchen und nicht verwöhnt werden können, kamen wir dem Bedürfnis unserer Tochter nach und nahmen sie zu uns ins Bett. Die Versuche, sie schlafend ins Anstellbett umzubetten, waren nur manchmal erfolgreich. Und wenn sie im Anstellbett schlief, dann machte sie dabei so laute Geräusche, dass insbesondere ich immer wieder wach wurde. Euch ist sicherlich aufgefallen, dass ich in der Vergangenheitsform schreibe. Jule schläft nämlich seit drei Wochen nachts in ihrem Kinderbett im Kinderzimmer. Das hat den positiven Effekt, dass wir alle Drei schlafen. Ich muss zwar alle zwei bis dreieinhalb Stunden zum Füttern raus aus den Federn und ein Stockwerk rauf ins Kinderzimmer, aber bisher macht mir das noch nicht viel aus. Jedenfalls bin ich tagsüber (noch) erstaunlich fit. Philipp und ich wundern uns schon, denn vor Jule habe ich sehr viel Schlaf gebraucht. Andere Mütter prophezeien mir aber schon einen Hänger.
Die ersten zwei Wochen meines Wochenbettes daheim verbrachte ich im Bett mit Jule und versuchte, zu Kräften zu kommen. Philipp war währenddessen ein toller Wochenbettmanager. Er wickelte seine Tochter (wir hatten im Schlafzimmer eine Wickelunterlage ausgebreitet) und betüdelte sie, kochte mir leckere, eisenhaltige Gerichte, kümmerte sich um den Haushalt, das Telefon usw. Ohne ihn wäre ich wirklich aufgeschmissen gewesen. Mir wurde erst einmal ganz anders, als sein Urlaub sich dem Ende zuneigte, aber letztlich haben Jule und ich den ersten Tag ganz allein daheim gut überstanden ;-).
Ich legte Jule so oft sie wollte an meine Brust, hatte aber nicht das Gefühl, dass sie satt wurde. Der hohe Blutverlust hatte dazu geführt, dass der Körper mit der Blutbildung beschäftigt war, so dass der Milcheinschuss auf sich warten ließ. Jule nahm fast 400 g ab, so dass wir uns gemeinsam mit der Hebamme zum Zufüttern entschieden. Um eine Saugverwirrung zu vermeiden praktizierten wir anfangs Fingerfeeding. An Philipps oder meinem kleinen Finger saugend bekam Jule die Nahrung mit einer Spritze in den Mund geflößt. Als der Nahrungsbedarf stieg wechselten wir zur Flasche und nutzten dabei einen der Brustwarze nachempfundenen Sauger von Medela, den kidsgo gerade im Produkttest hat. Damit klappt es prima. Jule kriegt erst die Brust und dann die Flasche. Nachts kommt sie meistens mit der Muttermilch aus.
Der Wechsel zum Muttersein löste bei mir nicht nur Glücksgefühle aus. In den ersten drei Wochen habe ich oft gedacht „was hast Du denn da angestellt“. Ich fühlte mich körperlich schwach und von meinem Kind total vereinnahmt. Von 100 auf 0 – damit hatte ich ganz schön zu kämpfen. Andererseits regte sich das schlechte Gewissen, denn wir hatten den Nachwuchs so lange herbeigesehnt, und dann solche Gedanken. Ich habe die Gedanken bzw. meine Gefühle gegenüber meiner Umwelt ganz offen ausgesprochen und bin hierfür manchmal ganz schön schräg angeguckt worden. So hatte ich das Gefühl, dass man als Mutter glücklich sein muss und sich nicht negativ äußern darf. Andererseits gab es auch Zuspruch von Müttern, die Ähnliches gefühlt und die erste Zeit mit Baby auch nicht so toll gefunden haben. Die Gespräche haben mir persönlich sehr gut getan.
Mittlerweile habe ich mich an meine neue Rolle gewöhnt. Jule ist immer noch sehr verkuschelt und auf Körperkontakt aus, was ich größtenteils genieße. Ich war froh, als sie das notwendige Gewicht für die Bauchtrage (Manduca) erreicht hatte. Jule hockt darin meistens gerne. Für mich hat das den positiven Effekt, dass ich zur Abwechslung mal beide Hände frei habe und ganz stolz auf mich bin, wenn ich die Wäsche gemacht oder ein paar Sachen weggeräumt habe ;-). Abends versucht Philipp mich zu entlasten, so dass ich ein paar Sachen erledigen kann. Mein Mann hat erst kürzlich amüsiert angemerkt, dass ich plötzlich Dinge gerne tue, die ich vorher ätzend fand (z.B. putzen). Tja, alles, was mal nicht mit Kinderbetreuung zu tun hat, bedeutet Abwechslung und macht Spaß ;-).
Damit jeder Zeit für sich hat, haben Philipp und ich vereinbart, dass Montag und Mittwoch Philipptage, Dienstag sowie Donnerstag meine Tage und Freitag bis Sonntag Familientage sind. Das bedeutet, dass jeder nach Bedarf freie Abende hat. Bisher haben wir von unserem Recht jedoch noch nicht viel Gebrauch gemacht. Seit letzter Woche nutze ich den Donnerstagabend dazu, zum Yoga zu gehen und etwas für meine Rückbildung zu tun. Um mein Gewicht muss ich mich nicht kümmern. Relativ kurz nach der Geburt habe ich bereits zwei Kilo weniger als vor der Schwangerschaft gewogen, und nach zwei Wochen sah man von der Schwangerschaft nichts mehr.
Ich war sehr froh, als ich nach der Geburt und dem Wochenbett endlich wieder aufstehen und mich bewegen durfte/konnte. So war denn auch die erste Kinderwagenfahrt mit Jule eine echte Wohltat. Der Stokke Xplory ist wirklich klasse. Die Handhabung ist, nach ein bisschen üben, ganz einfach und praktisch. Außerdem passt er zusammengeschoben problemlos in den Kofferraum unseres Kleinwagens. Fahrtechnisch hat der Xplory auch einiges zu bieten, vor allem Wendigkeit. Ich heize mit dem Wagen daher am liebsten durch die Gänge der Supermärkte oder Einkaufscenter. Der Xplory ist so leicht zu lenken (und das mit einer Hand), so dass man erstaunte und auch neidische Blicke (von anderen Müttern) erntet. Kürzlich meinte eine fremde Frau zu mir, nachdem sie den Kinderwagen ausgiebig gemustert hatte, dass es sich bei solch einem Gefährt direkt noch einmal lohnen würde schwanger zu werden;-). Ein Kritikpunkt am Stokke Xplory ist unserer Meinung nach die fehlende Federung. Für unsere Straßenverhältnisse ist der Kinderwagen daher nur bedingt geeignet. Wir haben in unserer Wohngegend sehr viel Kopfsteinpflaster, so dass Jule auf diesem Belag ganz schön hin und her geschüttelt wird. Sie schlummert aber auch bei ruckeliger Fahrt und wir passen beim Schieben ein bisschen auf, so dass wir ganz gut klar kommen. Ich freue mich schon darauf, wenn Jule sitzen und ich den anderen Aufsatz montieren kann. Gemeinsam die Welt erkunden und auf Augenhöhe miteinander kommunizieren – das stelle ich mir toll vor. Überhaupt freue ich mich darauf, wenn Jule ein bisschen älter ist. Schon jetzt entdecke ich beinahe täglich Veränderungen und ihr Lächeln, das sie mir neuerdings bewusst schenkt, lässt mich dahinschmelzen…
Ich habe die Schwangerschaft über neben den Wochenberichten für Jule ein sehr persönliches Schwangerschaftstagebuch geführt. Jetzt schreibe ich zwar kein Babytagebuch für sie, führe dafür aber einen „Jule-Kalender“. Ich freue mich auf die Einträge, die ich im Laufe der kommenden Jahre machen können werde und möchte mich an dieser Stelle von Euch verabschieden.
Es hat mir Freude gemacht, Euch Woche für Woche an meinen besonderen 10 Monaten Anteil nehmen zu lassen und Eure Kommentare zu lesen. Zudem fand ich die ausgesprochen nette Begleitung durch die kidsgo-Redaktion toll – ein herzliches Dankeschön dafür! Ein dickes Dankeschön gilt auch noch einmal allen Sponsoren für das zur Verfügung gestellte, qualitativ hochwertige Equipment.
Alles Liebe und Gute wünscht Euch
Eure Nicci mit Baby Jule