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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
Geburt

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Und wir haben nichts dazu beigetragen. Einfach ein Geschenk. Einfach so.

Roman liegt gerade neben mir. Ich habe mir den Laptop zum Bett geholt und liege, mit dem Bauch auf dem Stillkissen, neben ihm. Leider kann ich ihn in dieser Position gar nicht kuscheln. Er hat ganz zarte dunkle Haare, eine Stupsnase. Wie ein kleines Vögelchen. Gerade scheint er zu träumen. Jedenfalls windet er sich und macht lustige, niedliche und berührende Geräusche und Töne. Er ist so winzig!

Die Überschrift oben ist ja aus einem bekannten Gedicht von Hermann Hesse; „Stufen“. Unter anderem geht es ums Sterben, sehr tiefsinnig. Aber diese Worte passen einfach trotzdem so gut. Romans Einstieg in die Welt war allerdings alles andere als zauberhaft. Aber das Persönchen, das hier neben mir kerngesund atmet und einfach da ist, ist viel mehr als ein Zauber. Meine Liebe zu ihm wird Tag zu Tag mehr.
Ich versuche einmal zu rekonstruieren, was alles passiert ist.

Im Nachhinein ist man ja oft schlauer. Am Montag dachte ich bereits, dass es losgehen könnte. Am Dienstag ebenfalls. Da fühlte es sich aber noch weit entfernt von Wehen an. Allerdings scheint sich da mein Muttermund schon stark geöffnet zu haben und der Kleine hat sich immer mehr in Startposition begeben. Am Dienstag sind wir mit Ruben noch im Kinderkonzert der Philharmonie gewesen und Benjamin hat noch lange mit ihm auf den Treppen des Gebäudes geturnt. Gegen 18 Uhr hatte ich solchen Druck, ich wollte gerne nach Hause und mich irgendwie in eine bequeme Position begeben. Zuerst konnte ich nur los schleichen, nach 10 Minuten Weg, ging es dann wieder. Ich brachte Ruben ganz innig und gemütlich ins Bett. Gegen 21Uhr begann ich noch eine Reportage zu schauen. Um 21:20 Uhr plötzlicher starker Harndrang und irrer Druck nach unten. Nach dem Toilettengang, 10 Minuten später, nächstes starkes Ziehen. Ich dachte, falls es Wehen sind, gehe ich schnell mal ins Bett um noch etwas zu schlafen. Die Wehen kamen in der halben Stunde bis Benjamin um kurz vor 22 Uhr aus dem Büro wieder da war, alle 10 Minuten. Ich sagte ihm aber nichts. Obwohl ich mich schon an der Matratze festhalten musste und ziemlich atmen musste. Endlich hörte er auf zu erzählen und wir wollten schlafen. Insgeheim hoffte ich nämlich, er möge schnell einschlafen, damit ich unbemerkt aufstehen konnte. Wehen alle 5 Minuten, Schmerzhaftigkeit Tendenz steigend. Da war allerdings seit Wehenbeginn erst eine Stunde vergangen. Ich hoffte, Benjamin sei eingeschlafen und stand auf. Ich konnte im Liegen nicht mehr atmen und außerdem tat es schon ziemlich weh. Ich konnte mich nicht mehr hinsetzten und tigerte durch die Wohnung. Immer zwischen einem Stuhl und dem Wohnzimmer und der Küche, wo ich mich auf der Arbeitsfläche abstützte, hin und her.
Ich glaubte immer noch vor 5 Uhr morgens passiert da nichts. Benjamin ist, zum Glück im Nachhinein, kurz nach mir aufgestanden. Bereits seit Montag stand er total unter Strom und hörte natürlich sofort jeden Mucks auf meinerseits. Vielleicht hatte er bereits –berechtigterweise- eine Vorahnung.
Er fackelte jedenfalls nicht lange und rief Bettina und die Hebamme an. Ich jaulte da schon ziemlich und es tat total weh, protestierte dennoch gegen sein Eingreifen. So hatte ich das bei Ruben nicht in Erinnerung! Besonders aber nicht das Tempo der Steigerung. Ich musste noch mal auf Toilette. Da die Wehen Schlag auf Schlag kamen, war das Hinsetzten der blanke Horror. Zudem mich die Wehen gar nicht richtig auf der Schüssel ließen, weil ich sofort ans Waschbecken und mich festhalten musste. Jedenfalls schaffte es mein Darm sich zu entleeren und der Schleimpfopf begab sich auch nach draußen. Um 23:10 Uhr war bereits Bettina da und die Hebamme auch. Leider konnte ich da schon nicht mehr viel machen oder kommunizieren. Ruben wachte auf. Auch da konnte ich nicht mehr hingehen. Die Hebamme meinte nur: Wir müssen sofort los. Irgendwie kam ich im Aufzug an. Da war sich die Hebamme kurz nicht sicher, ob wir wieder hochfahren. Die Fahrt war schlimm. Ins Auto erst einmal hineinkommen noch schlimmer. Die Fahrt zum Geburtshaus 3 Minuten. Auto parken, Platsch. Fruchtblase geplatzt. Die Hebamme: Wir müssen sofort hoch. Ich weiß nicht wie wir nach oben kamen, der Kopf war schon zwischen den Beinen, aber ich rettete mich im Geburtsraum schreiend an das dort hängende Seil. Ich konnte nichts mehr machen. Nichts mehr. Irgendwie bekam die Hebamme meine Hose herunter und schütze meinen Damm während des Kopfdurchtritts. Ich hatte richtig Panik in diesem Moment. Vielleicht wegen dem Drama um Rubens Geburt. Ich weiß es nicht. Solch ein Druck war jedenfalls gerade jenseits von Gut und Böse. Irgendwie schaffte ich es mich zu sammeln und im Becken ganz loszulassen. Das sind viele getippte Worte. Tatsächlich waren es keine 7 Minuten von Auto abstellen bis zu Baby flutscht aus mir heraus.

Mittlerweile ist es schon nach 16 Uhr. Ruben kam vorhin vom Spielplatz nach Hause und dann ist es ganz dringend, dass Mama und Ruben eine innige Buchlese- und Kuschelzeit haben, bevor sich Ruben dann ins Mittags-Traumland verabschiedet. Genauso abends. Wenn ich schon tagsüber nicht zum Tollen und Spielen zur Verfügung stehe, dann wenigstens die kurzen Zeiträume vorm Schlafen. Ich springe chronologisch gerade etwas. Aber ich hoffe, dass meine Geschichte dennoch stringent bleibt.

Roman wurde heute (also erst heute um 23:45 Uhr) vor einer Woche geboren. Leider hatte ich am Samstag einen Prolaps. Deshalb unterliege ich nun dem strengsten Liegegebot und Ruben und ich müssen nun wahrscheinlich noch etwas länger auf gemeinsame Spielzeit verzichten. Puzzeln und malen im Bett ja, vorlesen. Aber im Wohnzimmer spielen, geschweige denn Spielplatz etc. fällt gerade komplett weg. Das erschwert gerade unsere Situation zu Hause ziemlich. Aber es war wohl ein deutlicher Warnschuss in meine Richtung.
Die Geburt ging so wahnsinnig schnell. Heftig, super schmerzhaft, aber einfach nur zack- vorbei. Ich hatte das Gefühl, als hätte ich gar nichts gemacht. Benjamin war am Samstag über Mittag nicht da. Ich dachte, alles kein Problem. Nach ca. 2 Stunden mit Ruben Essenmachen, Essen, Wickeln und nicht liegen, im Anschluss groß aufs Klo müssen und zweimal heftig niesen müssen, war es wohl offensichtlich zu viel für meinen ausgeleierten Beckenboden. Extrem komisches Gefühl, wenn plötzlich der Gebärmutterhals zwischen den Beinen hängt. Sollte auch definitiv nicht so sein. Nun ja. Zum Glück ist meine Mutter sonntags gekommen, was eine große Hilfe war, da Ruben so total von mir abgelenkt war. Leider fährt sie morgen wieder.

Das schon von der Zeit nach der Geburt.
Jetzt weiter bei „ Baby flutscht nach 3 mal Pressen heraus“.
Die Hebamme half mir erst einmal auf den Boden und ich nahm den kleinen, schreienden Wurm entgegen. Er war ganz schön aufgebracht, nach der Aktion. Wir durften uns dann noch zwei Stunden im Bett aufhalten und Kuscheln. So schön. Dafür gibt es keine Worte. Nur Farben und unbeschreibliche Gefühle. Nach einiger Zeit, kam die Plazenta. Ich bin etwas gerissen, an der Naht von dem Dammschnitt bei Rubens Geburt. Zuerst wollte die Hebamme mit einem oder zwei Stichen nähen. Entschied sich dann aber nach den zwei Stunden dagegen. Tatsächlich heilt es so ganz gut. Ich war so froh!!! Soviel zur Quote von Dammschnitt- oder Rissen im Geburtshaus verglichen zur Klinik.
Die Hebamme war einfach nur toll. Ich hatte sie zwar nicht wirklich begrüßt, als sie zu uns nach Hause kam und hatte sie lediglich vorher einmal im August gesprochen, aber das spielte überhaupt keine Rolle. Sie war einfach nur total kompetent in ihren Entscheidungen und wie sie reagiert hat und hat mir nur Gutes getan. Davon abgesehen, dass wir es zeitlich nicht mehr ins Klinikum geschafft hätten, war Geburtshaus für mich eine heilsame Geburtserfahrung.
Jetzt ist Roman gerade wach geworden und trinkt. Er wog nach der Geburt 3260g, 50 cm, Kopf 35 cm. Ich hatte schon am ersten Tag relativ viel Milch. Das heißt, dass die kleine Maus nachts gegen 2:30 oder 3 Uhr trinkt und dann morgens erst wieder. Wahnsinn. So viel Schlaf. Allerdings scheint Ruben denn Braten immer zu riechen. Jedenfalls sind die Beiden oft wie aus Zauberhand gleichzeitig wach und wollen kuscheln oder trinken. Das ist von der Handhabung her manchmal schwierig. Kommt auf die Brust an, die gerade an der Reihe ist.
Roman ist ein Genießer! Er trinkt lange. Macht eine Pause, trinkt dann noch mal. Bevor er einschlafen mag gibt er noch mal Zeichen und nuckelt. So ein Goldknopf.

Heute ist Donnerstag. Mein Geburtstermin rückt näher. Roman kam genau bei SSW 38.0. Er ist schon mehr als eine Woche da.

Ich könnte noch so viel schreiben. Zum Beispiel von Benjamin. Benjamin während der Geburt, jetzt nach der Geburt, von Ruben und seinen Belangen und Reaktionen. Ich kürze das aber erstmal ab.
Ich glaube einen Nachbericht darf ich noch schreiben. Da werde ich das auch noch mal erzählen. Denn auch, wenn ich vermeintlich nur herumliegen sollte, ist tippen doch eine relativ schwieriges Unterfangen.

Liebe Grüße,

Judith


Bild: Privat

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Kommentare von Lesern:

Sandra03.02.2018 13:56

Liebe Judith, ganz herzliche Glückwünsche zur Geburt von eurem kleinen Roman! Uih, das war aber echt kurz und heftig! Irgendwie geht das bei den zweiten Kindern doch tatsächlich oft sehr schnell...
Ich wünsche dir, dass du dich im Wochenbett weiterhin gut erholen kannst und euch allen und vor allem auch dem kleinen großen Bruder Ruben ein gutes Ankommen. Liebe Grüße
P.S. Ich freue mich schon auf deinen Nachbericht, nur schade, dass es der letzte Bericht sein wird...hab so gerne bei dir gelesen!

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