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Doulas für Schwangere und junge Familien

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Doulas für Schwangere und junge FamilienBERLIN. „Wenn ich gewusst hätte, dass so etwas möglich ist, hätte ich auf jeden Fall eine Doula gebucht.“ Diese Aussage beschreibt Klaudia Kadau als ihren meistgehörten Satz im letzten Jahr - und das nicht ohne Grund: Denn die gelernte Kinderkrankenschwester ist nicht nur seit 30 Jahren Hebamme. Sie ist außerdem die Gründerin der Doula Plus Akademie, in der im April 2024 19 Frauen ihren Abschluss als Doula absolvieren werden.

Das in Deutschland noch recht unbekannte Berufsfeld beschreibt die Berlinerin so: “Doulas bieten eine mentale Begleitung. Sie sind Freundinnen, Mutmacherinnen, Ideengeberinnen. Sie können nicht nur bei der Geburt anwesend sein, sie begleiten auch die Schwangerschaft oder den langen Weg des Kinderwunsches.” Wichtige Unterstützung bieten sie auch im ersten Babyjahr, wenn alle anderen sich zurückziehen und der Alltag junge Eltern mit vielen Fragen konfrontiert. Darüber hinaus bilden sie ein so wichtiges und oft fehlendes Netzwerk für die jungen Eltern.

Als Hebamme steht Klaudia Kadau seit Jahren zunehmend vor der Herausforderung, werdenden Müttern mitteilen zu müssen, dass sie ihnen leider in einer der möglicherweise wichtigsten Phasen ihres Lebens keine Begleitung anbieten kann - Hebammenmangel ist längst kein regional begrenztes Phänomen in Deutschlands ländlichen Regionen.

Dass das Hebammenwesen am 6. Dezember 2023 von der UNESCO als Immaterielles Weltkulturerbe ausgezeichnet wurde, unterstreicht die wichtige Bedeutung dieses Berufes - im Alltag der Hebammen und der Schwangeren und jungen Mütter sieht die Realität leider oft anders aus.

“Die medizinische Versorgung ist meist mehr als genug gewährleistet, Kontrollen, Screenings beim Frauenarzt etc...", beschreibt Klaudia Kadau die Situation. “Was ich in meiner Hebammenpraxis aber ganz oft höre, ist, dass keine Zeit für Sorgen und Ängste und aber auch für die Vorfreude bleibt."

Als sie in Australien auf den Beruf der Doula stieß, war sie sofort fasziniert, besonders von der Selbstverständlichkeit, mit der diese Art der Selbstfürsorge dort betrachtet wird. Und sie fragte sich: “Könnte dies die Lösung sein?”

Ganz klar: Eine Doula kann eine Hebamme nicht ersetzen. Die medizinische Versorgung bleibt in der Verantwortung der Hebamme. Aber Geburt ist weit mehr als nur ein medizinischer Prozess. Es handelt sich um eine transformative Erfahrung, die physische, emotionale und spirituelle Aspekte umfasst. Und hier kommt die Doula ins Spiel.

Denn nicht nur aufgrund des Hebammenmangels, sondern ganz allgemein seien Paare oft ziemlich alleine. Die Großeltern fit und unterwegs, der Wohnort meistens nicht mehr am Ursprungsort, wo das soziale Netz eines Dorfes greifen kann.

Doch Klaudia Kadau weiß: “Frauen brauchen Frauen in dieser wichtigen und lebensverändernden Zeit von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett und erstem Babyjahr.”

Die Begegnung mit australischen Doulas wirkte jedenfalls nach. “Ich war schon immer Frau der Tat - alleinerziehende Mama von vier Kindern und schon immer selbstständig. Ich wollte nicht länger zusehen, und habe mich entschlossen, mein Wissen aus 30-jähriger Hebammenpraxis den Frauen mitzugeben, die ihre Berufung darin sehen, andere Frauen zu begleiten, zu behüten und zu beschützen.

Nach vier Jahren Konzeption und mit großartigen Dozentinnen mit fundiertem Wissen (unter anderem mit Nicola Schmidt vom artgerecht projekt), ist dieses Jahr im Januar der erste Durchgang der Doula Plus Akademie gestartet. Im April fanden die Abschlussarbeiten statt, und ab Mai haben die ersten Doulas schon die Betreuung schwangerer Frauen zugesagt. Unter den 19 Absolventinnen sind Frauen mit ganz unterschiedlichem Hintergrund – von Sozialarbeiterinnen bis zu Grafikdesignerinnen - aber alle teilen dieselbe Berufung: anderen Frauen zu helfen und sie zu unterstützen.

“Meine Vision, dass alle Frauen eine fundierte, liebevolle Begleitung in dieser wunderschönen, aber auch oft Herausforderungen und lebensverändernden Phase haben, ist auf dem Weg.”

Derzeit müssen Doulas noch selbst bezahlt werden, aber es gibt bereits vielversprechende Gespräche mit Kostenträgern, um sicherzustellen, dass jede Frau, die sich eine Doula wünscht, auch eine bekommt. Einige Frauen üben bereits ehrenamtlich die Rolle einer Doula aus - doch das gesellschaftliche Problem, dass Care-Arbeit oft nicht ausreichend wertgeschätzt wird, bleibt dadurch bestehen. Der Beruf der Doula setzt hier einen neuen Meilenstein.

Ende August 2024 startet der nächste Kurs in der Doula Plus Akademie.
Wer eine Doula sucht oder selbst als Doula arbeiten möchte, findet mehr Infos auf der Homepage.

doulaplus.de