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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Manja - Oma-Tagebuch

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

19. Schwangerschaftswoche

Vorstellung

Das erste "Oma" - Tagebuch bei kidsgo

Hallo,

ich bin Manja, 44 Jahre alt, Mutter zweier erwachsener Kinder, Krankenschwester und stellvertretende Pflegedienstleitung in einem ambulanten Pflegedienst.
Ich werde in den nächsten Wochen ein "Oma-Tagebuch" schreiben und hoffe auf Reaktionen von Euch.
Die Idee entstand spontan beim Lesen der Schwangerschaftstagebücher, als ich mich fragte, warum es keine „Oma“-Tagebücher hier gibt, denn schwanger sein ist schön, aber (hoffentlich) kein Ein-Frau-Erlebnis.
kidsgo gibt mir nun die Möglichkeit, dieses „Oma“-Tagebuch zu schreiben.

Mein Sohn ist 23, ehemaliges ADHS-Kind und lebt in Essen.
Er wird in diesen Geschichten auch immer mal auftauchen.
Meine Tochter Patrizia ist 25 und zum ersten Mal schwanger, derzeit in der 19. Woche.

Ich lebe mit meiner Tochter und ihrem Partner zusammen in Hamburg.
Da sie als arbeitsunfähig eingestuft wurde, ist sie derzeit die "Hausfrau" unserer Familie.
Dazu gibt es noch zwei Mischlingshunde, Brüder, Herzensbrecher und heißgeliebte Mitbewohner.

Persönliche Anmerkung:
Alles, was ich hier schreibe beruht auf meiner Wahrnehmung.
Meinungsäußerungen beziehen sich ausschließlich auf mich.
Ich möchte wirklich niemandem zu Nahe treten, der andere Auffassungen hat.
Trotzdem bin ich an Euren Auffassungen natürlich interessiert, also traut Euch ruhig, sie kundzutun.


Woche Minus Eins

Ende März zeigten unsere beiden Hunde plötzlich seltsame Verhaltensmuster.

Sie waren unruhig, ungewöhnlich kuschelbedürftig und ließen meine Tochter nicht aus den Augen.
Da wurde gewinselt und belagert, was das Zeug hielt und ich fragte mich und meine Tochter, ob irgendwas mit ihr wäre.
Die beiden Sensibelchen reagieren sonst nur so, wenn einer von uns krank wird, allerdings nicht so extrem... Komisch, komisch.
Ihre Antwort war eher ausweichend und wurde als "allgemeines Unwohlsein" definiert, aber das kenne sie ja schon.
Keine Sorge, Mama, alles ist gut ist einer ihrer Lieblingssätze, der natürlich sofort das Gegenteil bei mir impliziert. Dies wiederum führt regelmäßig und auch jetzt zu weiteren Dialogen, ob sie sicher sei.

Ja, alles bestens, och Mamaaaa... ich solle es gut sein lassen.

Ich bin ja schon ruhig.

Die Mama-Krankenschwester hatte wieder mal voll zugeschlagen, denn sie riecht den Braten.
Das ist eine Eigenschaft, die mir so eigen ist, wie Atmen und meine Kinder regelmäßig nervt.
Ehrlich gesagt nerve ich sie ab und zu auch mal absichtlich damit.-)

Der Tag Null und die Woche 1

Und so ging der März und kam der 1. April 2015 mit einem Anruf um 9.00 Uhr morgens in meinem Büro, wir müssen reden.
Wir-müssen-reden ist der familieneigene Code für: "es gibt da ein echtes Problem".
Was ist passiert? Natürlich nichts schlimmes, keine Sorge aber sagen will sie es erst abends zu Hause.
Ich würde es ihr ohnehin nicht glauben und das für einen Aprilscherz halten.

Ok, Kind lass mich raten... du bist schwanger.
Woher weißt du das nun schon wieder?

Mäuschen, du bist gestern allein in die Apotheke verschwunden, als wir unterwegs waren und die Hunde sind immer noch komisch drauf, da lags doch Nahe, oder?

Sie grummelt etwas, wie, sie kann es nicht leiden, wenn ich so was schon immer erahne.
Jetzt musste ich wirklich lachen und dachte mir, Klasse, es hat wieder mal funktioniert.
Einmal Mama, immer Mama.
Und dann kam der Satz, der mich wirklich schockte: Du wirst wahrscheinlich Anfang Dezember OMA.

Ich und OMA? Hallo, ich bin 44, fühle mich wie grade mal 30 und das Wort OMA passt so gar nicht zu mir.
Wehe Du nennst mich Oma! Ich freu mich wirklich, aber so darfst du mich trotzdem nicht nennen, Oma ist deine Oma, ich bin keine OMA

Oma, Oma, Omaaaa singt sie ins Telefon, na toll!
Ok, Süsse, ich bin freudig geschockt, muss weiterarbeiten und will nix mehr von OMA hören, wir schnacken, wenn ich zu Hause bin.

Wieder singt sie Oma, Oma, Omaaaa.

Und dann kam doch noch der Aprilscherz von ihr. Sie wünscht mir noch viel Spaß bei der Arbeit.

Den Rest des Arbeitstages verbrachte ich im mittelgradigen Schockzustand unterbrochen von Telefonklingeln und Glückwünschen meiner Kollegen, aber so wirklich effektiv arbeiten war nicht drin.

Als ich nach Hause kam, ging ich sofort zu den beiden werdenden Eltern und verkündete:
1. ich will ein Mädchen, damit es hier mal Gleichstand gibt
2. ICH kaufe das erste Kuscheltier
3. Ich will zu jedem Ultraschall mit rein
und 4. Wehe, ihr nennt mich OMA! Denkt euch irgendwas anderes aus!

Herzlichen Glückwunsch, meine Süße!
Nun wirst du Mama und ich darf endlich verhätscheln und verziehen und DU musst es ausbaden, ÄÄÄÄTSCH!

Mal ehrlich, ist das nicht das Schönste daran? Spielen, knuddeln, verwöhnen ohne die Last der wirklich großen Verantwortung...
Wir sprachen an diesem Abend noch lange über viele Dinge, wie weit sie ist, wie sie sich das vorstellt, Mutter zu sein.
Sie freute sich, aber der Zeitpunkt ist halt suboptimal.
Wo sie Recht hat, hat sie Recht.
Allerdings habe ich sie daran erinnert, was ich ihr bereits mit 15 gesagt habe, als sie ihren ersten Freund mit nach Hause brachte.
Wo 2 Kinder groß geworden sind, wird auch ein 3. Kind groß.

Meine Gedanken, Hoffnungen, Sorgen und Erinnerungen habe ich an diesem Abend für mich behalten.
Ich bin selbst überrascht, was das mit mir macht.
Da ist Freude, Nostalgie, Wehmut, Hoffnung, Angst, Liebe, jede Menge Erinnerungen. Ich fühle mich alt und jung und alles gleichzeitig.
Liebe Töchter, dies ist ein Oma-Tagebuch, ihr seid die Schwangeren, aber wir Bald-Omas müssen genauso durch das Gefühlschaos durch.
Leider kann ich kein Statement zu werdenden Opas abgeben, da es keinen gibt.

An dieser Stelle ein kleines Statement an alle zukünftigen Eltern:
Lasst euch nicht verrückt machen von Perfektionsansprüchen, gesellschaftlichem Druck, Heiler-Welt-Gesäusele und Vorurteilen.
Eure Kinder werden groß und es ist nicht die Menge an Zeit, die man mit ihnen verbringt, sondern was man aus dieser Zeit macht.
Ihr wisst am Besten, was die Zwerge brauchen, wie sie ticken und was sie lernen sollen und müssen um als Erwachsene im Leben zu bestehen.
Eure Kinder zeigen und sagen Euch, was gerade für sie wichtig ist, wenn ihr auf sie hört und nicht aufhört, mit ihnen zu reden, egal, wie dick die Luft auch ist.
Starke Kinder werden von starken Eltern erzogen und ich habe es lieber vorgelebt, als nur zu predigen und in Watte zu packen.

Findet euer eigenes Rezept und vertraut auf Euren Mut.
Henry Ford sagte mal: “Es gibt keine Probleme, nur ungelöste Aufgaben.”
In diesem Sinne, genießt Eure Kinder und Euer Leben.

Woche 2 - 6.SSW

Zu Ostern waren meine Eltern zu Besuch aus Rostock.
Wie es der Zufall so will, fragen sie prompt, wann sie denn Urgroßeltern werden und wann die beiden denn nun heiraten wollen.
Soviel zum Mutterinstinkt, anscheinend behält man den auf ewig.
Optional ist es gut möglich, dass ich das Wir-kriegen-Nachwuchs-Lächeln nicht aus dem Gesicht bekam.
Patrizia hatte mir strikt untersagt, von ihrer Schwangerschaft zu erzählen, sie wollte erst den Arztbesuch abwarten und es selbst mitteilen.
Und so stecke ich plötzlich in einem echten Dilemma.
Ich benehme mich wie meine Mutter.

Patrizia reagiert wie ich, sie wehrt alle Überfälle der überschäumenden Mutter ab.

Das wird schwierig, eine kreative Lösung muss her.

In dieser Woche war auch der Arzttermin zur amtlichen Beglaubigung der Schwangerschaft.
Also fahre ich mit ihr quer durch die ganze Stadt zur Ärztin ihres Vertrauens.
Während der Fahrt bin ich aufgeregt und hibbelig, während sie etwas zu ruhig neben mir sitzt und mich ermahnt, ich solle mich beruhigen und auf den Verkehr achten.
Wer ist eigentlich gerade hier die Mama und wer das Kind?

Dann ist der erste Ultraschall dran und man sieht eigentlich nur einen weißen Kreis mit einem kleinen Punkt darin.
Ich beobachte meine Tochter und endlich, endlich sehe ich auch bei ihr dieses einzigartig beplüscht-seelige Lächeln, dass nur Babys auslösen können.
Sie wird plötzlich redselig, lässt sich alles genau erklären und sagt dann strahlend:
Guck, Mama, das wird mal dein erstes Enkelkind, kaum vorzustellen, das ist doch nur ein Klumpen Zellen im Moment.

Ich freue mich einfach nur.
Mein Kind ist glücklich und der Zellklumpen entwickelt sich völlig normal, errechneter Termin ist der 6. Dezember, eine Nikolaus-Überraschung, wie schön.
Auf der Heimfahrt strahlt sie immer noch und verkündet, das Baby vorerst Klümpchen zu nennen, weil es eben momentan noch nur ein Zellhaufen ist.

Woche 3 - 7.SSW

Ich werde geweckt von schnellen Schritten, einer knallenden Badtür und den darauf folgenden symptomatischen Geräuschen, während 2 aufgeschreckte Hunde sich vor dem Bad einfinden und winseln.
Aaaah, willkommen in der Welt der Schwangeren, liebste Tochter.
Arme Maus, aber das dauert ja nicht ewig mit der Übelkeit.
Ich empfehle ihr etwas trockenen Toast, mache mich fertig und gehe arbeiten.

Mittags bekomme ich einen Anruf im Büro.
Patrizia fragt mich empört, warum das eigentlich MORGENübelkeit heißt, jetzt ist es Mittag und ihr ist immer noch schlecht.
Später bestellt sie dringendst Wassermelone, unbedingt und so bald wie möglich.
Sie hat so einen unbändigen Appetit darauf.

Upps, das waren ja gleich zwei Premieren an einem Tag.
Übelkeit und Appetit auf bestimmte Nahrungsmittel, na wenn dieses Kind nicht jetzt schon weiß, was es will.
Den Rest der Woche kaufe ich Melone nach.
Die Hunde haben sich wieder beruhigt, sind aber immer noch deutlich anhänglicher als vor ihrer Schwangerschaft.
Veränderungen, wohin man sieht....

An diesem Wochenende sind an beiden Tagen je eine meiner besten Freundinnen zu Besuch.
Ich halte mich nicht mehr an das Verkündungsverbot, schließlich ist die Schwangerschaft jetzt amtlich.

Meine Freundin Inga kam Samstag und fragte Patrizia zuerst, ob sie gratulieren soll oder lieber nicht.
Natürlich kann sie gratulieren, etwas anders stand nie zur Diskussion.
Inga ist 15 Jahre älter als ich und hat einen erwachsenen, schwerstbehinderten Sohn, der in einer Einrichtung lebt.
Sie wird selbst niemals Oma werden.
Deshalb verkündet Patrizia ganz klar: Ingi-Pingi, jetzt wirst Du Schrägstrich-Oma.

Meine Freundin Andrea kam Sonntag zum Frühstück.
Andrea hüpft auf und ab, wie ein Kind an Weihnachten, freut sich eine ganze Keksfabrik und bombardiert Patrizia mit Fragen, während die Hunde aufgedreht um die beiden rumtoben.
Das sind Bilder, die man nie vergisst.

In diesem Moment wird mir bewusst, dass ich eine Sorge abhaken kann.
Es existiert ein soziales Netzwerk aus meinen und ihren Freunden, auf das sie sich immer verlassen kann.
Sie wird nie allein mit allem dastehen.
Ihre Partnerschaft ist stabil, Andrè vergöttert sie und freut sich auf dieses Kind.

Vorerst ist alles gut.

Woche 4 - 8.SSW

Patrizia schmiedet Pläne, mit denen sie aber noch nicht so recht vorankommt.
Wenn das Baby da ist, wirds schon etwas eng in der Wohnung.
Richtig, die Frage ist, wie wollen wir umräumen?
Das Baby soll mit in ihr Zimmer, alles andere ist keine Option.
Das dachte ich mir schon, ich empfehle ihr aber auch einen Stubenwagen, damit ich den Zwerg auch mal mit zu mir nehmen kann über Nacht.
Damit sind wir beim Thema Babyausstattung.
In den meisten Bereichen sind wir klar einer Meinung.
Bis auf den Kinderwagen...
Und bis auf das Bade-Wickel-Babybett-Arrangement...
Muddern war ja schon wieder eifrig am Vorweg-Recherchieren, was ich ihr nun mittels einer Baby-Wunschliste bei Ebay beichte.
Och echt, Mama, das ist ja wieder typisch, ich hätte es mir eigentlich denken können.
Aber ich will mir die Sachen selbst aussuchen und ich will keine geschlechtsspezifischen Farben und kein Allerwelts-Zeug.
Ich will alles kompakt, praktisch, schick und so stabil, dass es auch noch für ein 2. Kind verwendbar ist.
Janny (ihr Bruder) wird ja sicher auch mal Papa oder wir bekommen in ein paar Jahren noch ein 2. Kind.

Da sind wir ja ganz einer Meinung und ein Punkt für mich, dass meine Erziehung diesbezüglich gefruchtet hat.
Leider sieht sie andere Dinge als kompakt, praktisch usw. an, als ich.
Ich beschwichtige sie mit der Anmerkung, dass ich einfach nur mal alles in die Liste geballert habe, was es so gibt und passen könnte.
Sie soll sich in Ruhe damit beschäftigen und dann mal sagen, was ihr gefällt.

Zwei Tage später präsentiert sie mir besagte Liste mit ihren eigenen Vorstellungen gespickt.
Ich schau mir das an und frage sie, wozu sie einen rollenden Wickeltisch mit Wanne darunter will, wenn sie dafür zu wenig Platz hat.

Mama, ich habe mir schon was dabei gedacht, ich will das so haben, okay?

Natürlich ist das okay, aber ich rate ihr, das nochmal zu überdenken, wir haben ja noch Zeit, alles zu besorgen.
Dann zeigt sie mir einen Kinderwagen.
Nein, Schatz, also beim besten Willen, der geht gar nicht ist meine spontane Aussage.
Aber er ist doch schick und nicht zu groß und nicht zu teuer.

Sie verdreht die Augen,lässt mich meine Kritikpunkte aber natürlich auflisten. Braves Töchterchen.

Ich verkneife mir einen Hinweis auf eine Babyparty mit Geschenken und rate ihr nach Komplett-Sets mit weniger Plastik zu schauen..
Ich ertappe mich dabei, am liebsten loszuziehen und alles nach meinen Vorstellungen zu kaufen.
Da ist mein Dilemma wieder und ich muss die ganz schwere Notbremse reinschmeißen.

Für diese Woche verspreche ich ihr, es gut sein zu lassen.
Dafür fahren wir nächste Woche mal in einen Babymarkt und schauen uns in aller Ruhe um, probieren diverse Kinderwagen aus und schauen uns Möbel an.
Bis dahin bete ich mein neues Mantra:
Sie ist erwachsen, sie ist dran, sie darf das, wie sie es will, OMMMMMMMM

Woche 5 - 9.SSW

Der Tanz der Hormone nimmt richtig Fahrt auf und der Apotheker unseres Vertrauens versorgt meine Tochter mit diversen Mittelchen gegen Übelkeit und Sodbrennen.
Ihre Gesichtsfarbe ist eher weiß als alles andere nur unterbrochen von Wellen einer leicht grünlichen Tönung.

Trotzdem stürmen wir den nächsten Babyausstatter.
Ich bin schockiert.
Patrizia ist noch schockierter.
Also ehrlich, uns war sehr wohl klar, dass eine Erstausstattung einiges kostet, aber DAS?!?
Wir verlassen den Babymarkt mit einem Stillkissen und der einvernehmlichen Meinung, dass das alles auch anders geht.
Im Auto wundert sie sich immer noch über diverse Dinge, die man eigentlich gar nicht braucht oder gleich doppelt so teuer sind, weil da Winnie Pooh drauf ist.
Sie kommt zu dem Schluss, dass das alles ohnehin mehr für die Eltern ist, als für das Kind.
Ein Neugeborenes interessiert es eher nicht, ob der Strampler rosa, blau oder lila ist.

Ich fahre das Kontrastprogramm, wir statten Schrott und Krempel einen Besuch ab.
Oh Moment, eigentlich heißt der Laden...ich google.... aah, Stilbruch.
Sorry, ich kann mir den Namen einfach nicht merken.
Das ist ein Second-Hand-Kaufhaus, wo ich gerne stöbern gehe und schon das eine oder andere nette Stück gefunden habe.
Dort kaufe ich auch Plüschtiere für die Hunde, die ja durchaus mal was davon vernichten.

Als hätte er auf uns gewartet, steht dort ein Stubenwagen mit nagelneuer Matratze für 19,50 €.
Ein Weidenkörbchen mit Bollerwagengestell, nicht so schön anzusehen, aber völlig intakt.
Na Hallo, der kommt aber mit uns mit, gegenüber ist ein Baumarkt, der wird gleich für die Neulackierung gestürmt.
Ihr Babymarkt-Frust ist vergessen und sie freut sich darauf, für ihr Baby das Körbchen aufzuhübschen.
In Pfirsichfarben für den Korb und Eisgrün für das Gestell, schön geschlechtsneutral und ganz individuell, perfekt.
Zuhause holen wir die 2 Riesentaschen voller Babyklamotten von einer Freundin raus und sortieren.
Prompt findet sich da ein Himmel mit Gestell und genug Klamotten für das erste Lebensjahr.
Damit reduziert sich ihr Kostenfaktor deutlich, sie will ja unbedingt alles allein anschaffen.

Ich grinse wieder mal in mich hinein und denke nur: BAAABYYYPAAARTYYY.

In dieser Woche ist der nächste Ultraschall.
Da ich arbeiten muss, fahren diesmal Inga und André mit und schauen den Zwerg an.
Eigentlich ging es nur um ihre Blutwerte, aber die Ärztin macht jedes Mal einen Ultraschall mit, finde ich Klasse.
Ab sofort nennt sie das Baby Melönchen, weil sie ständig Appetit auf Melone hat.
Ich bestehe zwar immer noch darauf, dass es ein Mädchen werden soll, aber irgendwie erahne ich eher einen Jungen und taufe das Baby auf Minimi.
Sie hat das Gefühl, immer dicker zu werden, obwohl die Hormone eher für das Gegenteil sorgen.
Das Einzige, was größer wird, ist ihre Oberweite und sie beklagt sich, dass sie nicht mehr auf dem Bauch schlafen kann.
Hach, ja, woher kenne ich das nur? Und es amüsiert mich.

Muddern kanns ja wieder mal nicht lassen und bricht spontan eine Namens-Diskussion vom Zaun.
Sofort bekomme ich wieder mal ein “Och Mamaaaaa” serviert.
Das hält mich aber keineswegs davon ab, diverse Vorschläge zu unterbreiten, die eben nicht so weit verbreitet sind.
Für ein Mädchen finde ich Mathilda , Kurzform Matty hübsch, oder Betty hat auch was, oder oder oder.
Alles Nein. Och menno.... ok, dann googlen wir uns eben durch die bunte Welt der Vornamen.
Die nächsten Vorschläge sind auch nicht ihr Geschmack.
Während ich weitersuche, stolpere ich über eine Anzeige für Stammzelleneinlagerung für das Baby.
Darüber sollten wir uns auch mal Gedanken machen.
Das Was-wäre-wenn-Spiel startet in meinem Kopf.
Ich weiß, was in der Stammzellenforschung zu Therapiezwecken gerade alles erforscht wird, besonders mit eigenen Stammzellen.
Das recherchiere ich demnächst mal, denn ich denke, dass es Sinn machen würde.

Es ist ja unglaublich, wie viel da so nebenbei dranhängt, wenn ein Baby kommt.....

Woche 6 - 10.SSW

Patrizias Hormone haben mittlerweile das Format einer Heavy-Metal-Band beim Konzert in der Achterbahn erreicht. Teilweise ist sie wie mein kleines 5-jähriges Töchterchen und einen Sekundenbruchteil später versucht sie, mich zu erziehen.

Ich habe nach der Arbeit einen kleinen Ausflug zu Ikea gestartet, weil ich ein paar spezielle Schrauben brauchte.
Ohne Kaffeetrinken und stöbern geht das leider nicht.
Als ich nach Hause komme, überfällt sie mich förmlich.
Wo warst du so lange?!? Wir warten schon seit 2 Stunden, dass du nach Hause kommst.
Sorry, aber ich muss mich ja nicht abmelden, oder? Ich war nur bei Ikea.

Sie fängt an zu weinen. Autsch.

Was, wenn mir etwas passiert wäre?
Tief durchatmen.
Ich nehme meine Tochter in den Arm und lasse sie weinen, was raus muss, muss eben raus.
Dann verspreche ich ihr, das nächste Mal Bescheid zu sagen.
Trotzdem bin und bleibe ich erwachsen.
Ja, das weiß sie doch. Ich muss ihr ja auch keine Rechenschaft ablegen, sie wüsste nur gern, wenn es später wird.

Damit kann ich leben.
André entführt sie zu eine Kuscheltröstrunde aufs Bett und die Hunde lassen es sich auch nicht nehmen, kräftig mit zu schmusen.

Ich sitze auf der Couch und bin dankbar dafür, dass sie einen Partner hat, der sie versteht und sich rührend um sie kümmert.
Wir haben ein sehr enges Verhältnis, sie ist eigentlich eine starke erwachsene Frau.
Hormone sind vielleicht die Ursache, aber ausgelöst habe ich die Situation bis zum Weinen.
Das tut mir wirklich leid, aber sie hat mir verziehen.

Woche 7 - 11.SSW

Wir unterhalten uns mal über die künftige Wohnsituation, genauer gesagt, wie wir fürs Erste umräumen wollen.
Dazu müsste ja mal eine Entscheidung her, welche Babymöbel es denn nun sein sollen.
Einig sind wir 3 uns schon mal, dass die junge Familie so ca. das erste Lebensjahr hier wohnen bleibt.
Sie möchten gern, dass ich dabei bin, ich will das Würmchen natürlich auch so nahe wie möglich erleben.
Wir haben eine Wohnung mit Garten, für die 3 wäre sie auf Dauer perfekt.
Also entsteht die naheliegende Idee, dass ich nach der Geburt des Babys mal mit unserem Vermieter spreche.
Entweder bekommen die beiden vielleicht eine Wohnung hier im Haus oder ich, das sollte machbar sein.
Wir machen uns da keinen Zeitdruck, ich denke, die Chancen stehen gut, sie kennen uns als Mieter ja schon.

Es hätte auch rein praktisch-organisatorische Gründe.
Ich bin ein Kind der DDR.
Alleinerziehend zu sein war zumindest organisatorisch leichter.
Ich hatte eine Arbeit, der Krippenplatz und der Kindergarten waren garantiert und kostenfrei, abgesehen vom Essensgeld.
Die Öffnungszeiten waren den Jobs angepasst, es gab keine Streiks oder Schließungen wegen Betriebsausflug.
Wenn ich sehe, wie Kollegen ständig die ganze Familie mit ins Boot holen müssen, um das Kind betreuen zu können, gibt mir das schon zu denken.

Erscheint mir das alles nur schwieriger als zu meiner Zeit?
Oder ist es wirklich schwieriger heutzutage seine Familie mit dem Job zu vereinbaren?
Was habt ihr für Erfahrungen?
Die Möbel-Umräum-Frage wurde ergebnislos vertagt, sie will erst mal bei Ikea schauen.
Yeaah, ganz die Mama

Woche 8 - 12.SSW

Ich habe viel Arbeit.
Nichts gegen viel Arbeit, ich bleibe auch gern mal länger, wenn es nötig ist.
Trotzdem bin ich abgenervt, weil ich nicht strukturiert arbeiten kann.
Krisenmanagement und Chaosbewältigung ist angesagt, 1000 kleine zeitraubende Dinge gleichzeitig.
Ich habe das Gefühl, nichts wirklich zu Ende machen zu können, weil ständig was dazwischen kommt.
Irgendwie ist das eine Goofy-Woche, in der ich nicht viel von meiner Familie mitbekomme.
Mein Hund fühlt sich von mir vernachlässigt.
Meine Tochter hat volles Verständnis, ist aber schwer übelkeitsgeplagt und hat sich auch noch einen Infekt eingehandelt.
Also bleibt zu Hause so einiges liegen, was nach einem Wochenend-Großputz schreit.
Am Freitag steht fest, dass ich am Wochenende auch arbeiten muss, zwar nur kurz, aber wieder eine Unterbrechung.
Meinen Frustpegel bekämpfe ich, indem ich einen Hundepool im Garten bastele.
Eigentlich ist es nur ein Kinderplanschbecken, aber der Boden ist total uneben.
Begradigung und Steine darum verlegen powern mich schön aus und ich bin stolz auf das Ergebnis.
André ist da und darf dann mal eimerweise Wasser schleppen, um den Pool zu füllen.
Am Sonntag Abend planschen 2 Hunde und eine Schwangere um die Wette, auf dem Grill brutzeln Steaks und ich habe einen schönen Abschluss einer nervigen Woche.

Woche 9 - 13.SSW

Die Arbeitswoche geht genauso weiter, wie die letzte endete.
Jetzt muss ich auch noch meinen Urlaub verschieben, nur keine Ahnung, wohin.
Auf dem Weg zur Ärztin unterhalten wir uns im Auto darüber.
Vorsorgeuntersuchung ist dran und wieder mit Ultraschall.

Wir schauen das Baby an, dass richtig gewachsen ist und uns eine totale Frontansicht bietet.
Patrizia erzählt von komischem Blubbern und eigenartigem Grummeln, dass sie manchmal spürt.
Ihre Ärztin meint, das wäre zwar ein bisschen früh, aber das könnte durchaus das Baby sein.
Manchmal turnen es schon kräftig, schauen wir mal.
Als ob das Baby zuhört, strampelt es mit seinem Minibeinchen.
Patrizia sagt: “Wink doch mal, Kleines”
Und schwupps, wackeln die Ärmchen.
Wir lachen alle und das Kleine bietet sofort noch eine Showeinlage, in dem es alle Viere wegstreckt, wieder anzieht und noch mal ausstreckt wie ein kleiner Hampelmann.
Danach flattert es mit den Ärmchen, als wollte es fliegen.

Wir sind begeistert über die Agilität und die Entwicklung und seine bloße Existenz.
Mit einer Hebammenliste bewaffnet verlassen wir die Praxis.
Sie soll sich eine Hebamme suchen und sich wegen der Entbindung Gedanken machen.
Gutes Thema, also Kind, was soll es sein?
Krankenhaus, ohne Frage. Alles andere ist ihr irgendwie zu unsicher.
Wenn irgendwas schiefläuft, ist sie wenigstens schon da...
Ja so sollte man ja nun nicht gleich denken, aber sie hat recht.
Ich will ein Krankenhaus, dass für den Notfall eine Neo-Intensiv-Station hat.
Sie will das auch, also einigen wir uns aufs Albertinen-KH.
Da kommt die Krankenschwester durch bei mir.
Allerdings kommt da auch wieder mal die eigene Erfahrung durch.

Als Patrizia geboren wurde gab es Probleme.
Die Nabelschnur klemmte sich ein, sie blieb stecken und bekam keinen Sauerstoff mehr.
Dieses Kind hatte wohl alle Schutzengel, die der Himmel zu bieten hatte..
Plötzlich ging alles sehr schnell, ich flog förmlich nach unten auf den Rand des Bettes, zwei Hebammen schmissen sich auf meinen Bauch und der Arzt holt das Kind mit der Zange.

Ich erinnere mich zwar nicht selbst daran, aber ich habe wohl eine Grace Anatomy-reife Geburtsszene inclusive Geschrei abgeliefert.
Meine Erinnerung beinhaltet den Arzt, der meine Tochter im Arm hält und mit ihr wegrennt.
Erst da registriere ich, dass der gesamte Kreissaal vom Chefarzt bis zur Putzfrau um mich herumsteht und meinen Panikanfall mit folgendem Schockzustand begutachtet.
Ich bekomme mein Kind erst nach einer gefühlten Ewigkeit nur kurz und im Brutkasten zu Gesicht.
Sie musste die Nacht auf der Neo-Intensiv verbringen.
Nix mit Bonding und all diesen tollen neuen anglisierten “ Erkenntnissen” die schon seit Anbeginn der Menschheit bekannt sind.

Ich hoffe, ich mache jetzt niemandem Angst damit.
Dies war nur meine Geschichte, mein Sohn kam ganz normal auf die Welt, ohne Komplikationen.
Der Arzt, der sich im Übrigen als mein Gynäkologielehrer entpuppte, erzählte mir später, so eine Entbindung hätte er in 20 Jahren erst das 2. Mal gehabt.
Aber unser Familienmotto ist nicht umsonst: Irgendwas ist immer.

Jedenfalls war ich sehr froh damals und heute finde ich es gut, dass Patrizia auch alle Eventualitäten ausschließen will.
Hätte sie sich für eine Hausgeburt oder Geburtshaus entschieden, wäre das auch ok.
Allerdings hätte ich dann andere Möglichkeiten für den Notfall finden müssen und sicher auch gefunden.
Ja, verdammt, das könnte sie sicher auch selbst, aber ich bin die Krankenschwester.
Und die Mutter.
Und die mit der Angst.
Und die, die aus einer Angst eine Verantwortung entwickelt.
Und die, die diese Verantwortung notfalls gegen den Willen ihrer Tochter wahrnehmen würde.

Mir des maximal reduzierten Restrisikos bewusst streiche ich diesen Angstpunkt trotzdem radikal von meiner Liste.

Liebe Grüße und bis nächste Woche,

Manja

























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Kommentare von Lesern:

Tamara, München30.07.2015 23:02

Liebe Manja,

vielen Dank für deine lieben Worte!
Reden hilft bei uns nicht mehr, vielmehr hilft mir dein Tagebuch, es vielleicht persönlich und nur für mich zu verstehen... als damals 17-jährige und nun mit zwei wundervollen, bald 6 und 3 Jahre alten Söhnen, verändert sich auch mein Blick auf sie als Oma (mit damals übrigens auch erst 43, lach).

ABER... hier geht's nicht um mich, sondern um Euch und deshalb les ich jetzt gleich mal deinen nächsten Eintrag :)
Viele liebe Grüße!

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Manja, Hamburg28.07.2015 12:01

Liebe Tamara,
Danke für Deinen Post.
Falls es Dich tröstet, wir sind auch längst nicht immer "Grün" miteinander, aber wir haben zusammen schon sehr viel erlebt,das verbindet.
Vielleicht versuchst du ja mal, mit Deiner Mama darüber zu reden?
Es sollte mich nicht wundern, wenn Du eine echte Überraschung erlebst :)
Als ich mit 19 schwanger wurde, war meine Mutter auch überhaupt nicht begeistert,ich kenne also auch den umgekehrten Fall.
Wie weit bist Du momentan?

Ich werde mich bemühen, auch weiterhin "hilfreich" zu schreiben.
Du kannst auch gern Fragen stellen.

Ich wünsche Dir und deiner Familie ebenso eine wundervolle Schwangerschaft,
Alles Liebe, Manja

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Tamara, München22.07.2015 22:56

Liebe Manja,

deine Idee eines Oma-Tagebuchs find ich klasse!! :)
Und schon der erste Eintrag war toll zu lesen - man ist richtig dabei bei euch :) Noch einen Grund gibt es, warum ich in nächster Zeit bestimmt öfters vorbei schauen werde: Meine Mama ist auch eine "junge Oma" und es ist spannend für mich, wie "ihr" die Schwangerschaft erlebt. Da wir leider kein so gutes Verhältnis haben wie Du und deine Tochter, haben wir uns über darüber nie unterhalten. Vielleicht kann ich sie mit deiner Hilfe besser verstehen... mal sehen.

Nun wünsche ich deiner Tochter aber erstmal von Herzen eine tolle Schwangerschaft und baldiges Ende der Übelkeit und natürlich auch dir und dem werdenden Papa alles Liebe für diese ganz besondere Zeit!! :)

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