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Zerstörte Verbindungen erschaffen - Baby-Tagebücher von Tanja aus Vöhringen, München und Shenyang

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.

25. Woche

Zerstörte Verbindungen erschaffen

Wie sie Kintsugi und Schumpeter als Mama entspannen und Einstein sie stresst

Deutschland war so intensiv mit 3 Kindern im Altern von 4 und 2 Jahren sowie Monaten. Bei der großen habe ich gesehen, wie sinnvoll mittlerweile der eigene Garten ist und wie stark sie in Beziehung zu anderen, meinen Freunden und deren Kindern, tritt.

Bei der Mittleren war es spannend zu sehen, wie sie Sprache entwickelt. In Shenyang sprach sie viel mehr Chinesisch als Deutsch, die zwei sprachen auch untereinander immer Chinesisch, aber nach nur wenigen Tagen ging sie im Deutschen auf. So sehr, dass sie zurück in Shenyang, erst mal gar kein Chinesisch mehr sprach und ich unserer chinesischen Oma übersetzen sollte.

Und bei der Jüngsten war es einfach nur entspannend, wie sie auch endlich Zeit mit anderen verbrachte.

Was mich aber völlig überforderte und nur noch funktionieren ließ, war der Länderwechsel, die Arzttermine für alle drei Kinder zu unterschiedlichen Themen wie Impfungen, Herz und Zähne, die Behördentermine für Visa, Pässe und Wohnsitze alles gepaart mit wunderschönen Dingen, wie Spaziergänge mit dem Hund, die Recherchen für meinen Krimi, viele Besuche, um unsere Jüngste zu zeigen und zu feiern, Gespräche mit Freunden nach knapp zwei Jahren und das alles mit Mittagschlaf, Großeltern und eben koordinieren von 6 Leuten in einem Haushalt mit den logistischen Rahmenbedingungen von Deutschland. Ohne meine mega Eltern keine Chance!

Wenn ich also an Deutschland denke, zieht sich bei mir immer alles zusammen. Ich freue mich so, je länger im Ausland, desto deutscher fühle ich mich, desto mehr schätze ich meine Freundschaften und verstehe Familie und weiß aus diesem Grund, dass ich gar nicht heimkommen muss. Eine Heimatreise ist wie Urlaub im Alltag und Urlaub Macht nur vom Alltag Sinn.

Ich fühle mich einfach zerrissen, meinen Kinder Deutschland so näher zu bringen, wie ich es in ihrem Alter erlebt, Freunde und Familie zu spüren, vor allem aber auch meinen Kinder Routine zu bieten, mit meinen Eltern im Einklang zu sein bli bla blu. Es geht nicht.

Und ich habs echt probiert. Ein Mal völlig durchgetaktet, ein Mal in Absprache und dieses Mal ohne Plan. Ich fühl mich immer irgendwie fertig, kaputt und hin und hergerissen. Daher kam mir Kintsugi mehr als recht.

Es kam über das Treffen mit der Mutter eines Sternenkindes, die ich über ein Jahr nur aus den sozialen Medien kannte. Einem Kanal, der von vielen Leuten aus meiner Generation wenig ernst genommen wird und von mir bis vor zwei Jahren nicht verstanden wurde.

Aus dem ehrlichen und gleichzeitig unwahrscheinlichen Austausch von wegen: „wie schön wäre es uns wirklich mal zu treffen, wir hätten uns so viel zu sagen“, wurde tatsächlich was.

Vor ein paar Monaten schrieb sie mir von Kintsugi. Einer japanischen Reparaturkunsttechnik. Zerbrochenes Porzellan wird mit einer Verbindung aus Gold oder anderen Edelmetallen zusammengefügt. Aus Bruchstücken entsteht Neues.

Ich hatte Kintsugi beim letzten Deutschlandaufenthalt mit meiner Schwester und Nichte schon mal gemacht. Eine Dame in München bietet es für Angehörige von Sternenkindern an. Es war eine coole Erfahrung, ganz anders als erwartet und ich würde es keinesfalls mehr „offiziell“ machen, also in Form eines Kurses oder so. Es braucht Spaß am Basteln und Geduld, beides hab und mag ich nicht.

Wir fanden aber heraus, dass es ein DIY-Set gibt und fanden es einen wundervollen Anlass, um uns zu treffen. Ihre Tochter an der Hand, meine Schwester und nicht plus meine Kids waren auch mehr oder weniger dabei und daher stand nicht das Thema Sternenkinder im Fokus. Es wurde eigentlich gar nicht angesprochen.

Wir ließen es einfach so laufen und ich glaube Kintsugi ist auch genau so gedacht. Es ist ein erlösendes Gefühl Porzellan mit dem Hammer zu zerschlagen. Weniger erlösend ist es, wenn sich die Bruchstücke nicht zusammenfügen lassen oder eben nicht so, wie sie zusammen gehören.

Es war ja klar, dass sie zusammen gehen müssen. Vor dem Bruch war es ja eine Vase, eine Schüssel oder sonst was und alle Teile liegen vor einem. So geht es mir auch wenn ich das family-event-and-need-Management angehe, unseren Zeitplan, ich weiß es geht alles irgendwie. Es muss ja.

Und dann sitzt du da und machst und tust und es geht halt nicht. Und die anderen um dich rum lassen sich in zwei Gruppen einteilen. Die eine Gruppe, die im Mantra-mood-Modus auf Repeat Sätze bringen wie „Es ist genauso perfekt, wie es eben ist.“, „Alles kann, nichts muss.“ „genau so soll es sein“, „lass dich darauf ein.“

Und die andere Gruppe, wozu ich zähle. Denen kommt die Geduld recht schnell abhanden, sie sind einfach nur genervt. Nach kurzer Zeit pushen sie sich gegenseitig mit Sätzen wie „was für ein scheiß“ oder „warum machen wir das eigentlich.“ Dann beginnen sie Schumpters „schöpferische Zerstörung“ als Kraft zu begreifen und lachen viel. Voller Zynismus und Sarkasmus und mit ganz viel Lachfalten, nur leider ohne Verständnis von der anderen Gruppe ;)

Bei beiden Gruppen kommt es zu einem Ergebnis. Und egal, um welches Thema es sich innerlich gehandelt hat, als die Lust für Kintsugi aufkam: ob es die verstorbenen Kinder oder das zerrissene Gefühl als Mutter keiner Person zu genügen, am wenigsten sich selbst (an letztere überhaupt zu denken ist in Deutschland ja schon so ne Sache), Kintsugi ist immer eine schöne Erinnerung.

Und keine warum, aber es verbindet und obwohl ich für den entstandenen Gegenstand keine Verwendung habe, entspannt es total und macht halt einfach klar, egal wie gestresst, egal wie zerrrissen, egal wie glücklich, egal wie angekommen, egal wie reflektiert, egal wie oberflächlich.Es passt schon. Alles gut.

Also das gleiche Gefühl, die gleichen Gedanken und die gleiche Sicherheit, die mir schon meine Sternenkinder gaben und meine Kids an der Hand immer wieder versuchen zu verdeutlichen, auch wenn ich immer und immer wieder getreu Einsteins Definition von Wahnsinn versuche, unser Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Seid ganz lieb gegrüßt aus Shenyang

Und wie immer alle Fragen an [email protected]

Tagebuch Tanja

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In diesem Beitrag geht's um:

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