Liebe LeserInnen,
ich freue mich sehr, ab sofort ein Tagebuch über meine dritte Schwangerschaft mit euch zu teilen. Damit ihr eine Vorstellung habt, wer hier schreibt, folgen ein paar Zeilen über mich und meine Familie.
Ich bin 32 Jahre alt und arbeite als Kinderärztin in einer brandenburgischen Kinderklinik. Ich liebe meinen Beruf und finde es wundervoll, kleine Menschen auf dieser Welt willkommen zu heißen und sie im Bedarfsfall zu unterstützen. Es ist schön, beunruhigten Eltern in der Rettungsstelle mittels Untersuchung und Aufklärung Angst zu nehmen, kranke Kinder beim Genesen zu begleiten und viel Dankbarkeit zu erfahren. Jedoch stellen familienunfreundliche Arbeitszeiten, die Wirtschaftlichkeit der Kliniken und Personalmangel die schönen Dinge heute oft in den Schatten.
An meiner Seite mein Mann, Ende 30 und als Kaufmann im Außendienst tätig. Gemeinsam leben wir im kinderreichen Prenzlauer Berg Berlins, sind seid über 10 Jahren ein Paar und nun bald 6 Jahre verheiratet. Nach unserem ersten gemeinsamen Kind dachte ich sehr oft, dass man nun erst tatsächlich wissen könne, ob man als Paar zusammen passt. Als ich in der ersten Schwangerschaft dachte, unser Kind würde nach spätestens 6 Monaten im eigenen Zimmer schlafen, lächelte er und meinte „Wir werden ja sehen.“ Als das Baby sich während der ersten 10 Wochen gar nicht ablegen ließ, lächelte er immer noch und teilte sich mit mir Tage und Nächte. Auch ein Jahr ausschließliches Stillen (denn das Töchterchen wollte nichts anderes) sowie ausnahmsloses Tragen und am Ende doch das Familienbett, fand er niemals komisch, sondern richtig. So sind wir durch unsere Kinder zu – so hoffe ich – ganz guten Eltern geworden und haben den für uns richtigen Weg gefunden.
Zu unserer Familie gehören seine große Tochter, fast 11 und bisher zwei gemeinsame Kinder. Das große Töchterchen wird nun bald 7 Jahre alt und wurde 2009 in einem großen Berliner Krankenhaus mit Level 1 Neonatologie geboren. Damals befand ich mich in einem fortgeschrittenen Teil des klinischen Studiums, wusste bereits, dass ich Kinderärztin werden möchte und hatte entsprechend theoretische Kenntnisse. Daher war mir eine Neonatologie an meinem Entbindungsort sehr wichtig. Ich konnte mein erstes Baby relativ schnell und spontan entbinden, jedoch nicht komplett ohne geburtshilfliche Intervention. Leider auch mit der Notwendigkeit einer kinderärztlichen Hilfestellung. Unsere Tochter musste aufgrund einer Neugeboreneninfektion 5 Tage antibiotisch behandelt werden. In diesem Alter geschieht das stationär, in unserem Fall auf der Neugeborenen-Intensivstation ohne 24h-Roomin-In. Statt der geplanten ambulanten Entbindung blieben wir also eine Woche im Krankenhaus, eine sehr traurige und emotionale Zeit für uns. Der Tag der Entlassung war allerdings dafür einer der schönsten in unserem gemeinsamen Leben. Dank unserer kompetenten und liebevollen Hebamme gelang uns eine komplikationsarme lange Stillzeit und ich lernte viel über bedürfnisorientierte Kinderbetreuung, Familienbett und liebevolles Wachsen. Wie viel man doch von seinem ersten Kind lernt.
Die zweite schöne und unkomplizierte Schwangerschaft durfte ich in den letzten Zügen des Studiums und meiner Examenszeit genießen. Unser Söhnchen ist gerade 4 Jahre alt geworden und wurde 2012 sehr schnell in einem tollen Berliner Geburtshaus geboren. Dieses hat in unmittelbarer Nähe eine Kinderklinik und Neonatologie auf dem Gelände, was ich für mein eigenes Sicherheitsempfinden brauchte. Erst nach dieser Geburt wusste ich, was es bedeutet sein Kind aus eigener Kraft und ganz allein geboren zu haben. Anschließend habe ich einige Zeit gebraucht, die Trauer darüber, dass die erste Geburt nicht so verlaufen war, ziehen zu lassen. Ich habe mich medizinisch überaus kompetent und einfühlsam betreut gefühlt. Die Sicherheit, die man als Zweiteltern hat, machte vieles leichter. Man weiß einfach, was man machen muss, kann sich auf den Partner verlassen und braucht sich nicht mehr zu Sorgen, sein Kind durch langes Stillen nach Bedarf, das Familienbett oder gar ausschließliches Tragen zu "verwöhnen".
Mitte September erwarten wir mit großer Vorfreude unser drittes Wunschkind. Diesmal werden wir uns das Geschlecht nicht sagen lassen und sind seit positivem Schwangerschaftstest in unserem Geburtshaus angemeldet. Da es noch sehr früh in der Schwangerschaft ist, wissen unsere Kinder und Familien noch nichts vom neuen Baby-Zuwachs. Auch auf Arbeit weiß noch keiner Bescheid, was bedeutet, dass ich bisher mit vollen Diensten weiter arbeite - mal sehen wie lange ich das schaffe.
Bis jetzt geht es mir, wie in beiden vorherigen Schwangerschaften, sehr gut. Abgesehen von der Müdigkeit und immer mal wieder auch Übelkeit. Erstaunlich, dass der Körper beim dritten Mal noch schneller schwanger wird. Schon jetzt werden die Hosen zu eng und auf Arbeit trage ich meinen Kasack eine Nummer größer. Allerdings sorge ich mich auch schon jetzt ein wenig um die Geburtsbegleitung. Bei beiden Geburten bin ich deutlich über den Termin gegangen. Das wird ja "dank" neuer Schiedsstellenentscheidungen immer schwerer, schließlich bedarf es nun schon bei 3-tägiger Terminüberschreitung einer ärztlichen Zustimmung zu einer außerklinischen Geburt.
Das war auch Thema meines ersten Gyn-Vorsorgetermines in der vergangenen Woche. Hier versicherte man mir, dass eine Betreuung bis 41+0 kein Problem sei, danach müsse ich in eine Klinik. Häh??? Eine Kontrolle in 3 Wochen wurde vereinbart, um zu prüfen, ob „Baby sich denn auch weiter und gut entwickeln würde“. Statt also ein gutes Gefühl zu vermitteln bzw. zu stärken wurde vielmehr die Zerbrechlichkeit dieses schönen Umstandes betont. Vielleicht bin ich etwas überempfindlich, aber genau das stört mich häufig in der Klinik. Man geht nicht vom Normalen aus, sondern konzentriert sich darauf, alle möglichen Komplikationen rechtzeitig zu erkennen und rückt diese damit in den Fokus der Gedanken.
Als am nächsten Tag die Ärztin anrief, um mich von meinem grenzwertig hohem TSH-Wert (Schilddrüsen-stimulierendes Hormon) und der Empfehlung einer Hormonbehandlung zu unterrichten, kroch sich doch ganz unbemerkt ein Gefühl der Sorge bei mir ein. Studien zeigen, dass auch leicht erhöhte TSH-Werte mit einem erhöhten Fehlgeburtsrisiko in der Frühschwangerschaft einhergehen.
Dabei hatte ich mir doch fest vorgenommen mich in dieser Schwangerschaft noch mehr auf mein gutes Bauchgefühl zu verlassen und auf mich und mein Baby zu vertrauen. Daran arbeite ich also zum Ende der 8. SSW und berichte euch kommende Woche hoffentlich von meinen Fortschritten.
Euch allen eine schöne Woche,
herzliche Grüße,
Emilia