Ich hatte die ganze Schwangerschaft das Gefühl, er würde zu früh kommen. Aber so früh?
Wow, ich versuche Euch jetzt mal zu beschreiben, wie die Geburt abgelaufen ist...
Freitag um 16 Uhr bin ich auf Toilette gegangen und dann war klar: Der Schleimtropf ist weg. Ich wusste wie er aussieht, weil ich mal Bilder gegoogelt hatte. Ja, sieht Oiriginal aus wie auf den Fotos. Ich hatte schon die 24 Stunden davor mehr Ziehen im Bauch, keine Ahnung ob Übungs- oder Senkwehen. Es war ja seit einem Monat immer viel los mit Gebärmutterkontraktionen. Ich habe erst meinen Freund, dann die Hebamme angerufen.
Wir haben das Nötigste gepackt, eine Art Pseudokliniktasche und sind in die City gefahren. Ausgerechnet das Wochenende war meine Schwester aus dem Ausland zu Besuch mit ihrem Freund da. Auf der Hinfahrt habe ich nur auf die Uhr gestart: Kommen diese Wehen in regelmäßigen Abständen? Nein, mal 5 Minuten, mal 15 Minuten, ok.
Bei meiner Schwester im Hotel habe ich Flüssigkeit verloren. Nicht wie im Film, nur wenig immer. Ist das der Blasensprung? Ok, lieber mal Binden besorgen und in der Nähe vom Krankenhaus Essen gehen. Wir sitzen kurze Zeit später beim Essen, plötzlich mehr Regelmäßigkeit in den Wehen (alle 5 Minuten) und die Krämpfe werden stärker. Jetzt wird es ernst. Mit der Hebamme telefoniert, drei Bissen aufgegessen und ab in den Kreißsaal.
Dort habe ich noch eine Stunde gewartet, glaube ich. Erstmal im Wartezimmer mit ertragbaren Wehen alle paar Minuten. Dann am CTG, der Test hat bestätigt: Das war Fruchtwasser, der Muttermund ist einen Zentimeter geöffnet: Es geht los. Die Schwester meines Freundes ist nochmal losgefahren, um uns Sachen von zu Hause zu bringen. Wir waren bereits im Kreißsaal und haben versucht, alles zu machen, was wir im Geburtsvorbereitungskurs gelernt hatten.
Keine Position hat lange funktioniert. Ich war auf allen Vieren, war einmal ok, hat beim Nächsten mal höllisch weh getan. Auf dem Ball, im Stehen, auf der Seite, egal was, alles war schnell unerträglich. Sie kamen fünf Stunden lang in dichten Abständen, Atmen, Atmen, es war erschöpfend. Ich wollte eine PDA. Sie wurde gesetzt, danach konnten mein Freund und ich eine Stunde schlafen.
Der Muttermund hat weiter gearbeitet, 6 cm. Die Hebamme wollte nicht eingreifen, der Arzt hat mir wieder ein wehenförderndes Höllenmittel verabreicht. Ich reagiere so heftig auf diese Mittel, das weiss ich noch genau von meiner Geburt mit Delaila. Nach 1/10 von dem Mittel habe ich geschrien, sie sollen es abnehmen. Haben sie dann auch, aber es war zu spät.
Ein Wehensturm, keine Atempause, die PDA hat überhaupt nicht mehr gewirkt. Ich meinte fast eine Stunde später: Er kommt, er kommt, ich muss Pressen, er kommt. Die Hebamme konnte es kaum glauben, der Arzt auch nicht. Die letzten 4 cm waren in kürzester Zeit aufgegangen. Also pressen. Ich weiss nicht, wie lange es gedauert hat. Ich weiss nur, dass es sehr schmerzhaft war und kein Drücken der PDA Erleichterung brachte.
Ich meinte zwischendurch nur, ich will ihn nicht mehr. Ich will den Kleinen nicht, mein Freund kann ihn haben, ich gehe jetzt, ich will ihn nicht mehr. Die Hebamme meinte, ich will die Geburt nicht. Zwischendurch, erinnere ich mich auch, hat sie mich einmal richtig zusammen gestutzt. Ich soll mich jetzt mal zusammen reißen und nicht so hinein steigern oder so. Ich erinnere mich, dass ich lachen musste, weil es so gut gemeint und absolut zwecklos war.
Irgendwann konnte ich fühlen, dass jetzt der Kopf kommt. Mein Freund sollte gar nicht hinsehen, aber neugierig wie er ist, hat er einfach bei allem zugesehen. Er hat gesehen, wie ich seinen Sohn geboren habe... Die letzte Phase ging einigermaßen schnell, die Nabelschnur war kurz, mein Freund hat sie ganz klassisch durchgeschnitten und schon lag Noah auf meiner Brust.
Geboren am 2.2.2019 um 5.51 Uhr, 2510 gramm und 46 cm: Noah Maximilian.
Dieser Moment sollte so wundervoll sein. Streicheln, Ansehen, Zeit zum Bonden. Aber auf mir lag ein kleines Wesen, unfähig zu Atmen, fiepte um Luft und nach ein, zwei Minuten haben wir geklingelt, damit sie ihn auf der Intensivstation versorgen. Darauf wurden wir vorbereitet, bevor die Nacht losging.
Ich habe ihn danach ein paar Stunden nicht gesehen. Ich wurde genäht, hatte einen inneren Scheidenriss, ins Zimmer einquartiert und so weiter. Und das nächste mal, dass ich ihn sah, war ein unerträglicher Anblick.
Inkubator, Magensonde, Luftschlauch, tausend Kabel und Elektroden, Infusion, er sah einfach nicht gesund aus. Furchbtar klein, schwach und gequält. Und dann immer dieses Fiepen, bei jedem Atemzug ein Kampf um Luft. Ich lag im Bett bei ihm auf der Intensivstation, bis ich ihn das erste mal wieder auf die Brust legen durfte.
Nach zwei Stunden auf meiner Brust die erste Verbesserung: Das Fiepen hörte auf. Dann lag er bei meinem Freund zwei Stunden und dann wieder bei mir und die nächste Verbesserung trat ein: Er konnte ohne den Luftschlauch stabil atmen.
Seitdem sind 10 Tage vergangen. Und um das vorweg zu nehmen: Die 10 Tage waren die Hölle auf Erden, aber dem Kleinen geht es gut! Vielleicht dürfen wir ihn sogar heute schon mit nach Hause nehmen...
Aber davon erzähle ich Euch beim nächsten mal mehr. Grad liegt er friedlich auf meinem Arm, während wir im Krankenhaus auf der Beobachtungsstation auf seine Abschlussuntersuchung warten. Wünscht uns viel Glück!