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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
Nachbericht

Teil 2: Bevor ich gehe...

Ein letzter Blick auf das Wochenbett und die Verarbeitung der Geburt. Ein Dank an kidsgo und die Sponsoren. Und der Abschied von Euch.

--------------------- Teil 2: Bevor ich gehe... ------------------------
Disclaimer: Ich gebe es auf, es wird einfach nix mehr mit kurzen, knackigen Berichten. Es passiert dafür einfach zu viel in den Wochen und wenn nichts passiert, ist einfach zu viel in meinem Kopf los.


Ihr Lieben,
es ist Zeit nun wirklich den letzten Bericht zu verfassen und irgendwie passt der Moment perfekt.
- Am Montag ist unser Wunder 9 Wochen alt geworden und am Ende des Tages gab es so einen Schlüsselmoment, wo es mir plötzlich durch den Kopf ging „Du bist Mama. Du bist angekommen. Du bist Mama, nicht nur per Definition, sondern weil Mini Dich gerade dazu macht.“ – so wie er sich gerade ganz klein machte auf meinem Arm, den Kopf fest auf meine Brust drückte und von dort aus mit großen Augen die Welt beobachtete.
- Gestern war unser Hochzeitstag.
- Heute vor einem Jahr hatte ich die Bauch- und Gebärmutterspiegelung. Heute vor einem Jahr konnte uns niemand sagen, wieso es nicht klappen wollte. Heute vor einem Jahr war ich verzweifelt und habe einen Brief an unser Wunschkind verfasst – schreiben ist wirklich irgendwie therapeutisch für mich…Diesen Brief habe ich immer noch und darin habe ich geschrieben, dass es mir leid tut, dass er aber noch ein wenig auf uns warten muss; dass ich Abstand brauche; dass ich die monatlichen Höhenflüge voller Hoffnung und die verzweifelten Talfahrten emotional nicht mehr schaffte. Nie hätte ich mir den heutigen Tag vorstellen können damals, schon gar nicht, dass es ein Jahr später schon ganz anders aussieht. So viel habe ich in diesem Jahr gelernt, erlebt und erfahren. Über mich – wer ich bin und wer ich sein will -, über Schwangerschaft, Geburt und Elternsein. Ich möchte auch gar nicht mehr, dass das aufhört. Und schlussendlich war heute auch der letzte Nachsorgetermin mit meiner Hebamme.
Irgendwie stehen diese 3 Tage sinnbildlich für 1) die Abenteuer, die auf uns warten, 2) das was andauert und die Zeiten übersteht und 3) das Ende eines Kapitels.

Es war mir eine Ehre fast 10 Monate lang hier zu schreiben. Ich möchte Euch, liebe Leserinnen und Leser (?) danken, dafür, dass Ihr mich begleitet habt, für das Mitgrübeln, ggfs. auch mal Kopfschütteln, fürs Mitfiebern, für die Glückwünsche und auch das Lob. Es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht – auch wenn ich doch öfter zeitlich in Verzug gekommen bin – und es war eine außergewöhnliche Erfahrung. Das Review der jeweils vergangenen Woche war Augen öffnend, denn keine zwei Wochen waren gleich trotz Arbeit und Alltag. Mein Mann fragte mich schon, ob ich nicht zumindest für ihn weiterschreiben könnte, denn er lerne jede Woche etwas Neues über mich oder aus einer neuen Perspektive – darf mich aus meinen Augen sehen. ;-)
Danke Euch!

Auch meinem Mann muss ich an dieser Stelle danken. Er ist mein Fels in der Brandung, mein Sparringpartner, die Liebe meines Lebens und er macht im wahrsten Sinne des Wortes jeden Sch*** mit. Er ist für mich da, auch wenn er nicht immer direkt versteht, wieso ich gerade fühle, was ich fühle oder denke, was ich denke. Er urteilt nicht – ihm kann ich von den Gedanken und Gefühlen erzählen, die ich gar nicht haben will, die sich aber manchmal so mir nichts dir nichts einschleichen. Außerdem hat er mir unseren Zwerg geschenkt….oder mitgeschenkt - ganz unbeteiligt war ich ja doch nicht. ;-) Ich liebe Dich.

Mein Dank gilt auch meinem Hebammenteam von der Praxis „geborgen-geboren“ hier in Köln:
Laura Johnson, Fabienne Greb und Sandra Schlieckau. Ihr macht einen wundervollen Job.
Danke, Sandra, dass Du ins Krankenhaus gekommen bist. Macht bitte weiter so. Ich wünschte, die Hausgeburt wäre mir nicht durch die Umstände verwehrt worden. Umso mehr hoffe ich, dass ihr es noch vielen anderen Frauen ermöglichen könnt.

Auch der Uniklinik bin ich unglaublich dankbar. Es wurde sich mit so viel Herz und Fürsorge um mich bzw. um uns gekümmert, dass ich wirklich in Demut daran zurückdenken muss, wie viele Vorbehalte ich doch gehegt habe, die zumindest in diesen Umständen völlig unbegründet waren. Danke, dass Ihr so schnell reagiert und meinen Sohn wohlbehalten auf die Welt geholt habt!

Liebes kidsgo-Team, danke Euch für die Chance, hier zu schreiben; für die Geschenke zum ersten Trimesterende, zu meinem Geburtstag und zur Geburt unseres Sohnes (ein Schlafanzug und eine Kindersonnenbrille). Danke, dafür, dass Ihr darüber hinweggeschaut habt, dass die Berichte nicht immer ganz pünktlich waren und jegliche höfliche Längen überschritten haben. Danke, dass ich noch einen zweiten Nachbericht schreiben darf.
Einfach Danke!

Und nun auch noch einen Dank an die Sponsoren! Wir sind noch immer begeistert und freuen uns jedes Mal aufs Neue wie Schneekönige.

Die Stilltees sind wirklich lecker und ich probiere mich aktuell durch die Rückbildungs- und Detox-Varianten. Frollein Tee, Ihr habt mich zu einer begeisterten Gelegenheitsteetrinkerin gemacht. Chapeau! Danke, dass ich mich einmal durch das Sortiment probieren durfte!

Mamalila, die Jacke ist nach wie vor genial und ich habe sie beim Temperatursturz letzte Woche auch mit Trageeinsatz und Zwerg genutzt. Es war herrlich. Für den Winter passt auch noch ein Pulli drunter.
Mein Mann ist so begeistert, dass er sich auch eine gewünscht hat. Und sowas, da hat er das doch glatt „von“ unserem Zwerg zum Geburtstag bekommen! (Nur die Größe war falsch, da muss ich noch nachkorrigieren).

Thule, der Kinderwagen überzeugt auf ganzer Linie. Nachdem wir ihn jetzt im Alltag auf Herz und Nieren getestet haben vom Schotterweg im Park zum Getümmel in der Einkaufsstraße, sind wir immer noch begeistert. Der Korb fasst wirklich viel. Und die Abdeckungsbarriere, wo wir dachten, die ist gegen Wind, eignet sich hervorragend gegen die Sonne. Mit der zusätzlichen Sonnenblende am Verdeck ist der Zwerg wirklich gut geschützt, wird weder geblendet noch geröstet und dennoch ist Luftzirkulation gegeben. Und auch mit Wickeltasche, bzw. -rucksack hat man noch genug Beinfreiheit beim Laufen. Ihr seht: wir sind happy und dankbar!
Lustigerweise sehe ich jetzt auch ständig überall Thule-Produkte: Kinderwägen, Autoboxen, Fahrradanhänger, etc. Selektive Wahrnehmung sage ich da nur. ;-)

Und wenn ich schon gerade dabei bin: Liebes Lässig-Team nochmal herzlichen Dank für den Wickelrucksack. Der ist Gold wert.
Der ist so groß, dass man aufpassen muss, nicht den halben Haushalt einzupacken, nur weil es passt. ;-) Ich habe zudem das Gefühl ständig neue Fächer zu entdecken: die Nasstasche im Rückteil war mir beim ersten Betrachten nicht aufgefallen, genauso wenig, wie das Reisverschlussfach im Inneren oder das Fach hinter den Rückengurten. Also, gefühlt kann man da einziehen, so ein Platzwunder ist die.
Lieben, lieben Dank!

Liebes Alvi- und Qeridoo-Team: Eure Geschenke stehen noch in den Startlöchern. Ganz so schnell wächst der Zwerg dann doch noch nicht. Aber mir kribbelt es schon in den Fingern und ich freue mich schon richtig drauf. Startklar ist alles.
Daher auch hier ein ganz großes Dankeschön!!

Sooo, die Uhr ist gerade umgesprungen. Es ist still in der Wohnung. Mein Mann und Sohn liegen im Bett und ich sitze im abgedunkelten Wohnbereich. Der letzte Teil des Berichts steht an. Und auch das ist irgendwie passend. Heute habe ich die letzten Spuren der Hausgeburtvorbereitungen entsorgt: Die Telefon- und Adressliste für den Fall der Fälle. Fein säuberlich waren da alle Infos der Hebammen, des Notrufs und der Krankenhäuser hinterlegt. Sie hing an der Haustür, griffbereit für alle Fälle.
Ich weiß gar nicht, wieso genau ich sie solange hab hängen lassen. Ich weiß auch nicht, wie oft ich in den letzten Wochen dran vorbeigelaufen bin, sie angestarrt habe, die Ecken mit den Fingern glatt gestrichen habe, nur um mich dann mit aufeinandergepressten Lippen davon abzuwenden.
Jetzt liegen sie neben mir und ich möchte schreiben, schreiben über den Umgang mit der Geburt.

Hab ich ein Geburtstrauma? Ich horche in mich hinein, immer mal wieder zwischendurch, meist, wenn mir das Gefühl vermittelt wird, dass ich ja bestimmt ein Trauma haben muss. Aber es ist still in mir. Keine Panik, keine Angst, keine Wogen, die geglättet werden müssen.

Nicht immer traue ich dieser Stille. Frage mich, ob sie nicht irgendwann unerwartet umschlägt. Nächstes Jahr an seinem Geburtstag oder vielleicht irgendwann einmal, sollten wir noch ein zweites Abenteuer wagen. Und dann denke ich mir „wenn es kommt, dann kommt’s und dann schaffe ich auch das“. Und wer weiß, vielleicht hat die Verarbeitung gereicht, so wie ich das gemacht habe. Und die bestand zum größten Teil darin, meinen Mann auszufragen. Was ist passiert? Wann? Wo? Wie? Was hast Du gedacht? Gefühlt? Wo war ich? Wie sah ich aus? War ich wach? Was habe ich gesagt? Getan?
Immer und immer wieder. Mein Kopf hat angestrengt versucht, aus den Erzählungen Bilder zu kreieren, die die fehlende Erinnerung ersetzen könnten: wie ich im Schlafzimmer auf dem Boden lag, wie ich abtransportiert wurde nur in eine Decke gehüllt, wie es hektisch wird, wie ich im OP liege, wie mein Mann alleine auf dem Gang steht.

Mir gelingt es fast, aber die emotionale Komponente fehlt.
Es ist wie einen Film gucken ohne Ton, ohne Musik, die einem vermittelt, ob die Szene hoffnungsvoll, traurig, dramatisch oder furchteinflössend sein soll.
Mir fehlt die emotionale Ebene vollständig, denn ich habe keine Erinnerung an Panikmomente oder Angstzustände, kein emotionales „Feedback“ hinsichtlich der Tatsache, wie knapp das alles war. Falls ich sie doch hatte, dann hat mein Gehirn sie nicht gespeichert und den Rest habe ich unter Narkose „verschlafen“. Mein Mann hat viel eher einen Schock davon getragen. Er musste alles mitmachen, der Lawine aus Angst, Hoffnung und Hilflosigkeit standhalten. Das Frage-Antwort-Spiel zwischen uns, war am Ende für uns beide therapeutisch, denke ich, denn so schnell kann man übersehen, was die Väter durchmachen unter der Geburt.

Schlussendlich habe ich mehr darunter gelitten, was die Eklampsie mir in Bezug auf den erhofften Geburtsmodus und das Wochenbett genommen hat, auch wenn es jetzt banal fast schon lächerlich klingen mag. Aber jetzt geht es mir auch gut, jetzt haben wir unseren Weg und unseren Rhythmus gefunden. Vor ein paar Wochen war irgendwie alles eine Achterbahn der Emotionen.

Zu dem Zeitpunkt habe ich der Hausgeburt nachgetrauert, meiner Wunschvorstellung, meiner selbstbestimmten Hausgeburt in den eigenen vier Wänden aus eigener Kraft bei vollem Bewusstsein. Ich hatte diese Vorstellung im Kopf – mal vage, mal detailreich – und nichts davon war übrig geblieben. Es schien alles umsonst gewesen zu sein, all die Vorbereitung, all die Träume. Nichts davon war geblieben, keine Erinnerung, kein gemeinsamer erster Moment mit meinem Zwerg. Da war auch Wut. Wut, dass es uns passieren musste (würde ich es jemand anderem wünschen? Nein! Würde ich es nochmal durchstehen für unseren Kleinen? Auf jeden Fall!). Aber in den Momenten, wo man bzw. ich nicht stark sein musste, wo mein Mann mich in den Arm nahm, dann war da diese Wut, die jeder kennt, wo das kleine Stimmchen im Kopf trotzig mit den Füßen stampft und sagt „das ist aber alles unfair!“ und „ich hab kein Bock mehr!“.

Und ständig wurden meine Gedanken darauf gelenkt, was ursprünglich mal geplant war:
- meine wunderbare Hebamme, die mich im Krankenhaus besuchte
- die fein säuberlich vorbereiteten Utensilien für die Hausgeburt, die mich empfingen, als wir nach Hause kamen
- die Rufnummer- und Adressliste an der Haustür
- die Info zu vollbrachten Hausgeburten, wenn Nachsorgetermine verschoben werden mussten

Es war relativ egal mit was ich konfrontiert wurde, alles hatte irgendwie mit Geburt zu tun und damit auch mit dem Traum und der Realität bzw. mit der Kluft dazwischen.
Zwischendurch, wenn alles zu viel wurde – der Schlafmangel, die Hormone, die Überforderung mit der Situation – dann liefen mir die Tränen. Manchmal still und ungesehen, manchmal wütend und hörbar wie ein Schlosshund im Arm meines Mannes. Er urteilte oder wertete nicht, auch wenn er die Trauer nicht 100% nachvollziehen konnte. Er war einfach nur da.
Es war emotional einfach ein Teufelskreis. Da waren die Trauer und die Wut und die kleine Stimme, die mir sagte, dass das doch lächerlich ist. Dass ich doch einfach nur dankbar sein sollte, dass alles gut ausgegangen war. Daraufhin kündigte sich das schlechte Gewissen an, wie undankbar ich doch bin. Und so brach es dann im Wechsel über mich einher, ohne Ankündigung und ohne wirkliche „Verteidigungsstrategie“.

Der Höhepunkt oder vielleicht der Abschluss war, als ich mich getraut habe, meine Hebamme zu fragen, was mit einer Hausgeburt bei einer möglichen zweiten Schwangerschaft wäre. Wenn, dann das Pflaster in einem Schwung abziehen, habe ich mir gedacht. Und das „Nein“ kam so schnell und so final, dass es keinen Raum übrig ließ. Ich habe genickt und gelächelt und mich gefragt, wieso ich nicht einfach zeige, dass mich das trifft. Mein Mann hat mich aber durchschaut. Er kam danach ins Zimmer und schaute mich prüfend an. Da liefen schon die Tränen. Ich glaube, das war das letzte Mal, dass ich wegen der Geburt und den zerplatzten Träumen geweint habe.
Nein, eine zweite Chance bekomme ich also nicht. Ob ich es überhaupt gewagt hätte, weiß ich nicht; ob wir uns ein zweites Abenteuer zutrauen, wissen wir ebenfalls nicht. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und da ist sie einen schnellen Todes gestorben. Aber irgendwie war danach das Thema dann auch durch.

So ganz drüber hinweg bin ich zwar immer noch nicht. Im Pikler-Kurs in der Hebammenpraxis ist eine Mutter dabei, bei der es ohne Probleme geklappt hat. Wenn ich es dann höre, dann ist da noch ein kleiner Stich in der Herzgegend, ein bisschen Wehmut und auch Neid; aber das Positive überwiegt immer mehr. Irgendwann wird es dann ganz weg sein, dann bleibt nur noch ein reines „Cool, dass es bei Euch geklappt hat“ übrig. Wird schon. ;-)

Der Beginn des Wochenbetts hat dann doch deutlich tiefere Spuren hinterlassen. An der ein oder anderen Stelle bin ich innerlich fast zerbrochen. Mir fällt kein besseres Sinnbild ein, als dass mir das Herz gebrochen ist, nur um dann wieder durch eine kleine Geste meines Zwergs wieder zusammengeflickt zu werden. Aus der heutigen Sicht scheint es so lächerlich und ich muss mich ein wenig zwingen, dass ich den Gefühlen den Raum gebe, der ihnen dann doch zusteht.

Ja, am Mittwoch damals habe ich meinem Sohn „Ich liebe Dich“ zugeflüstert und ja, da habe ich es auch gespürt…aber dann auch wieder nicht.
Ich hatte das Gefühl, als könnte ich die ersten Tage und das initiale Bonding nicht aufholen. Als wäre jegliche Bindung aus der Schwangerschaft mit dem Kaiserschnitt gekappt worden. Und dann durfte ich ihn nicht tragen. Als die Ärzte mir das sagten, fühlte es sich an, als würde man ihn mir wegnehmen. Wenn er schrie und mein Mann ihn auf den Arm nahm und beruhigte, fühlte es sich an, als würde ich versagen. Wenn er schrie und mein Mann war auf Toilette und ich konnte ihm nur gut zureden, was ihn nur dazu verleitete, noch herzzerreißender zu schreien, brach es mir das Herz. Es fühlte sich an, als würde ich ihn im Stich lassen.

All die liebe Hilfe durch meine Familie war notwendig, damit mein Mann auch mal 5 Minuten Verschnaufpause hatte, aber für mich war es jedes Mal ein innerer Kampf, denn ich wollte nicht, dass er ständig im Arm von jemand anderem hing. Es brach mir das Herz, wenn er die Flasche wirklich von jedem nahm und jedes Mal Hunger bekam, just wenn ich am Pumpen war und keine Hand mehr frei hatte. Es brach mir das Herz als meine Schwester ihm zur Beruhigung dann auch noch leise vorsang – aber dann noch nicht mal ein Lied, was ich in der Schwangerschaft immer wieder vor mich hin gesungen hatte, damit er es schon mal hört. Es brach mir das Herz, weil ich eigentlich dankbar sein sollte und mich das schlechte Gewissen fertig machte; es brach mir das Herz, weil es einfach zu viele Emotionen auf einmal waren, weil ich merkte, dass ich mich dadurch emotional zurückzog. Ein bisschen so wie eine Mauer ums Herz bauen – aus Eigenschutz. Bonding war da nicht mehr. Ich kam an die Gefühle hinter der Mauer nicht mehr dran. Wie gestehst Du Dir ein, dass Du die Verbindung zu Deinem Kind nicht spürst? Wie gestehst Du Dir das ein, ohne daran zu zerbrechen? Statt Eigenschutz bin ich dann daran fast kaputt gegangen. Wieder ein Teufelskreis und die Tage krochen nur vor sich hin. Da war es egal, was ich in guten Momenten an rationalen Gedanken sammelte, um all diese Gefühle in die Schranken zu weisen und mir klar zu machen, dass es alles nur temporär war. Aber in diesen schlechten Momenten fühlte es sich an wie ein Loch ohne Boden, ein Tunnel ohne Licht.
Es ist schwer das jetzt selber noch nachzuvollziehen…

Was mir geholfen hat? Zu heulen und meinem Mann im Flüsterton zu sagen, was in mir vorging. Dann war es raus, drehte sich nicht mehr nur ewig im Kreis in meinem Kopf. Und es verlor seine beängstigende Eigenschaft. Die „verbotenen" Gedanken sich einmal einzugestehen, einmal zulassen und zu Ende denken. Denn die kommen eh, ohne proaktiven Input, in den Kopf geschossen und nehmen dort ungebeten Residenz auf. Aber waren sie einmal ausgesprochen, war ihnen einmal Raum gegeben, lösten sie sich nach und nach in Luft auf. Nämlich dann, wenn ich mir eingestand, dass die Gedanken allein mich nicht definieren.
Und Zeit hat geholfen. Ein blindes Auge, wenn ich ihn doch hochgehoben habe, weil der Instinkt es zu tun, nicht mehr zu unterdrücken war. Ganz viele Kuscheleinheiten Haut an Haut und Momente wie gestern, die mir dann beweisen, dass ich doch den Unterschied mache. Dass das Vorsummen eines Liedes alleine keine Mama ausmacht, sondern das Dasein, das Tragen, das Beruhigen, das Füttern, das Wickeln, das Bespaßen, das gemeinsam die Welt entdecken und die bedingungslose Liebe und Nähe.
Und deswegen kann ich jetzt auch ohne Vorbehalte sagen: Mir geht es gut. Uns geht es gut. Unser Zwerg wächst und gedeiht. Er fokussiert und lacht uns morgens freudestrahlend an, greift schon nach uns und entdeckt die Welt jeden Tag ein bisschen mehr. Er ist eine Liebe, die aus dem Nichts gekommen ist, aber umso gewaltiger und atemberaubender ist. Er ist ein Abenteuer und eine Entdeckungsreise. Und ich bin unglaublich gespannt!

Ich könnte noch ewig weiterschreiben, so viele Themen brennen mir auf der Zunge. Aber es ist Zeit mich zu verabschieden. Danke, dass Ihr uns begleitet habt. Es war mir eine Freude und ich werde es sehr vermissen.

Alles Liebe

Philippa,
die jetzt zu ihrem Mann und Sohn ins Bett kriecht.



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Kommentare von Lesern:

Silke, Kyoto05.08.2019 04:33

Liebe Philippa,
auch mir haben die letzten Berichte die Tränen in die Augen getrieben, aus Mitgefühl aber auch Dankbarkeit. Niemand wünscht sich, dass die Geburt so anders verläuft als geplant. Aber das liegt eben nicht in unserer Macht. Dein Bericht macht mir Mut, dass man auch so etwas gut verarbeiten kann. Ihr habt das toll gemacht! Vielen Dank, dass du, dass ihr uns Anteil haben ließt.
Alles Gute euch dreien!
Viele Grüße nach Köln

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Ina04.08.2019 23:14

Liebe Philippa,

ich möchte einfach Danke sagen für so viele wunderbare Berichte. Irgendwie fiebert man ja tatsächlich schon ein wenig der nächsten Woche entgegen und hat das Gefühl als FREMDE "Freundin" live dabei zu sein. Nun war ich im Urlaub total ohne Internet und habe mich schon aufs Lesen Deines Nachberichtes gefreut, um jetzt festzustellen, dass ich gleich zwei Berichte lesen kann. Allein schon Euer Geburtsbericht hat mir Tränen und Gänsehaut bereitet, ich habe ihn tatsächlich 2x gelesen und nun noch die 2 Nachberichte... Wow, eine Achterbahn der Gefühle.
Ich möchte Euch natürlich erstmal noch von Herzen gratulieren zu Eurem kleinen Wunder, genießt einfach nur Euch und Eure Nähe und jeder einzelne Tag soll Euch noch näher zusammen bringen. Und ich finde es total super, wie Ihr mit dem Erlebten umgeht und es alleine bzw. gemeinsam verarbeitet. Da möchte man Euch einfach mal als Fremde "Freundin" in den Arm nehmen und Euch von Herzen alles alles Gute wünschen. Ich werde Deine Berichte vermissen und sage Danke dafür.

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Kristin, Schleiz 01.08.2019 20:58

Liebe Philippa,
Deine letzten drei Berichte habe ich besonders gern gelesen. Sie haben mich gefesselt, mir den Atem genommen, Tränen laufen und meinen Hut vor dir ziehen lassen. Du bist so stark, machst so vieles intuitiv richtig. Du bist für dein Kind die perfekte Mutter!
Danke für dein Schreiben!

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Lisa01.08.2019 14:34

Liebe Philippa,
danke für deine offenen Worte und auch die vorherigen Berichte.
Hast du schon mal in der Badewanne mit euren Zwerg gebadet? Diese glitschig nasse Haut auf Haut kommt den ersten Momenten nach der Geburt sehr nah finde ich, und ist immer wieder schön egal wie groß die Babys schon sind :)
Und falls ihr euch irgendwann für ein zweites Wunder auf den Weg macht: Lass dich von dem nein der Hebamme nicht entmutigen, such lieber dann nach Wegen wie du deinen Traum Hausgeburt verwirklichen kannst, oder dem so nahe wie möglich kommst ;)
Was du jetzt schon dafür tun kannst, ist dich gut und Nährstoffreich ernähren, damit dein Körper optimal regenerieren kann. Laut Wikipedia soll sogar Schokolade helfen ;)
Alles Gute für euch drei!
Lisa

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Anja01.08.2019 12:42

Liebe Philippa, ein ganz toller Bericht! Du bist eine starke Frau, weiter so!!
Ich wünsche euch 3 alles Liebe und Gute, Danke für deine ausführlichen Berichte
Viele Grüße, Anja

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