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Friedlandgeschenke Übergabe 3

In diesem Artikel:

3. Geschenkübergabe: Der rote Zettel oder Eure Geschenke für ein Flüchtlingskind sind angekommen

Vermutlich hast du keinen roten Zettel in deiner Tasche und das ist dein Glück. Wärst du eine der vielen Frauen, die wir heute morgen getroffen haben, dann hättest du auch einen. Einen roten Zettel hat man, wenn man im Grenzdurchgangslager Friedland ist. Wenn man geflüchtet ist von dort, wo man zuhause war. Geflüchtet vor Krieg und Grausamkeiten. Mit dem bisschen, was man tragen konnte aus seinem alten Leben. Den roten Zettel bekommt man hier in der ersten Anlaufstelle für Flüchtlinge: in Friedland bei Göttingen. Vermutlich berechtigt einen das Stück Papier dazu, das man zu diesem oder jenen Haus gehen und etwas bekommen kann, in der Kleiderkammer nach einer Jacke fragen darf oder eben berechtigt ist, ins Kinderhaus zu gehen und dort mit den Kleinen zu spielen. Heute morgen haben wir sehr sehr viele "Rote Zettel" mit den dazugehörigen Frauen getroffen. Und Kinder. Wie selbstverständlich packten sie alle mit an, als wir mit dem bis unter die Decke mit Geschenken voll gepackten Bulli vor dem Kinderhaus im Flüchtlingslager ankamen und ausluden. Ein ganz kleiner Junge stand weinend drinnen. Er wollte auch mitmachen und so half ich ihm in seine Schuhe. Wie glücklich er kurz danach war, als er ganz alleine ein buntes Päckchen vom Auto reingetragen hatte. Und immer und immer wieder lief er los! Annika und Janine, die mit mir gekommen waren, hatten alle Hände voll zu tun, um den kleinen Helfern Pakete in den Arm zu drücken und dann drinnen wieder abzunehmen um sie in dem schmalen Flur an die Wand zu stapeln.

Viele dunkle Kinderkulleraugen blickten uns immer wieder fragend an und fingen an zu leuchten, wenn wir sie mit "Danke" und "Super" lobten und sie anlächelten. Was haben diese Kinder schon alles erlebt? Jetzt kamen auch einige Mütter zu uns und eine von ihnen sprach Englisch. Sie kommt aus Syrien, sagte sie mir.

"I had my own house!, Ich hatte ein eigenes Haus. Ich bin hier mit meinem Mann und meinen zwei Kindern. Zum Glück sind wir zusammen. Nur der Rest der Familie ist irgendwo. Wo, weiß ich nicht. Acht und fünf Jahre sind meine Kinder! 4 Tage war ich beim Deutschkurs. Am Donnerstag gehen wir nach Schwerin. Wie lange wir dort sind, weiß ich nicht."

Die Frauen aus Syrien stehen zusammen. Sie sind jung und sehen sehr nett und offen aus, sehr gepflegt auch. Die Frau, mit der ich gesprochen habe, übersetzt ins Syrische. Einige wissen noch nicht, wohin sie gehen werden, eine andere fährt morgen früh. Ich erzähle, dass die Geschenke von Familien aus Deutschland sind. Das wir sie willkommen heißen wollen damit … ich will so gerne mehr sagen, doch grad kann ich es nicht. Wie blöd ist das denn, müssen mir ausgerechnet jetzt die Tränen kommen? Ich möchte sie so gerne wissen lassen, dass wir uns hier alle Gedanken um sie machen, dass es so unvorstellbar für uns ist, was sie erlebt haben müssen, dass uns die Vorstellungskraft fehlt für Krieg und Grausamkeiten.

Alle fragen, wann es denn die Geschenke gibt, ob sie eines haben können. Es ist schwierig in dem engen kleinen Raum die passenden Pakete zu finden. Zwei der syrischen Frauen wollen bei dem Verteilen mithelfen, das finde ich super. Nachdem die ersten mit den Geschenken aus der Tür sind, kommen immer mehr. Die Kinder sind aufgeregt und wollen nach vorne und immer noch kommen neue Menschen dazu. Es ist zu voll und zu laut, so geht es nicht. Die Frau vom Kinderhaus entscheidet, dass sie die Geschenke lieber nach und nach ausgibt, damit alle wirklich das Richtige bekommen. Vielleicht ist es ja genau Dein Paket, was sie morgen verschenkt??? Hast Du es auf den Fotos wieder erkannt?

Janine, Annika und ich verabschieden uns. Wir können nichts mehr tun für heute. Draußen stehen die syrischen Frauen. Ich drücke die eine, mit der ich gesprochen habe und wieder sitzt der Kloß im Hals fest. Jede Einzelne hier möchte ich mitnehmen, sie begleiten, ich wünsche Euch allen von ganzem Herzen eine sichere Zukunft. Jeder Familie eine neue Heimat hier bei uns und Zeit und Kraft um ein neues Leben aufzubauen. Mögen sie an den Orten, wo sie hin geschickt werden, auf Menschen wie Dich treffen. Menschen, die Geschenke für sie gepackt haben, die sie an der Hand nehmen, sie anlächeln, da sind, wenn dunkle Wolken aufziehen. Möget ihr alle erfahren, dass ihr uns willkommen seid und wir an eurer Seite stehen, so gut wir können. "All the best!" murmel ich nur und lasse sie wieder los. Die Frauen und die drei Jungs auf der Bank winken uns zum Abschied.

Barbara

 

Alle Berichte der letzten Besuche in Friedland

Schon einige Male haben wir jeweils über 200 Geschenke in das Flüchtlingslager gebracht und dabei viele Begegnungen gehabt.
Lies hier mehr darüber, wie wir diese Besuche erlebt haben