MENU


Friedland_Geschenkübergabe

Hier findest du alle Informationen zu der Aktion. Einzige Änderung: Wir brauchen auch Päckchen für ältere Kinder, also bis so ca. 10 Jahren.

In diesem Artikel:

1. Geschenkübergabe am 25. November 2014

Ich bin sehr leise geworden auf dem Weg zurück aus Friedland. Die Geschenke sind nun dort im Kinderhaus und es gab eine Menge Kulleraugen, als die Jungs und Mädchen, die gerade dort spielten, das vollbepackte Auto sahen. Eine ganze Reihe Kinder waren da, denn am Nachmittag kommen auch die Älteren, die Vormittags in einem anderen Haus betreut werden. Alle – auch ein ganz kleiner Stöpken, vielleicht so 3,5 Jahre alt - halfen mit, die Geschenke in das Kinderhaus zu tragen. Im Haus sieht es aus wie in einem Kindergarten und der Flur nun, als hätten alle Kinder auf einmal Geburtstag . Alle, die beim Tragen geholfen hatten, sollten auch gleich ein Paket bekommen. Und wie sie sich freuten! Ich wollte eigentlich gerne Fotos machen, doch sowie die Kinder ein Päckchen in die Hand bekamen, waren sie zur Tür raus. Keiner sprach ihre Sprache und so konnte niemand ihnen etwas erklären und ich erwischte nur noch die letzten der kleinen Helfer, die geduldig auf ihr Päckchen gewartet hatten.

Ganz bestimmt haben wir alle zusammen nun ganz vielen Kindern und ihren Familien eine sehr schöne Überraschung bereitet. Danke an Dich!!!!! Und wir sollten uns darüber freuen.

Doch die Freude kommt bei mir nicht durch. In meinem Bauch ist ein Kloß. Sicher lag es nicht nur an dem außergewöhnlich dicken Nebel, der das ganze Land hier auch heute Nachmittag noch umschloss. Die Sonne drang nur wie durch Watte auf die Erde und tauchte alles in eine surreale mehr oder weniger helle Welt. Nein, auch wenn es ein sonniger Tag gewesen wäre, ich fühle mich, als hätte ich ein Parallel-Universum besucht. Wie ein Traum, so ein fieser, der mich nicht wieder loslässt. Ich fühle mich dumpf. Und beschämt. Warum sitze ich heute Nachmittag in dem Auto und bringe Geschenke und nicht in der Baracke am Tisch und grübel darüber nach, ob es überhaupt irgendwo eine Zukunft für meine Kinder und mich gibt? Womit habe ich, womit haben wir es verdient, dass es uns so gut geht? Das wir nicht die Flüchtlinge sind, und flüchtig hier im Lager Friedland, bis wir irgendwo hingewiesen werden und beginnen können, ein neues Leben aufzubauen? Warum habe ich eine schöne warme Wohnung, meine Kinder mehr als das, was sie brauchen. Warum ist es nicht selbstverständlich, dass alle in Frieden und Sicherheit leben können? Sonst sind SIE "nur" in den Nachrichten. Im Fernseher. Weit weg, irgendwo, irgendwer. Heute Nachmittag sind es Menschen um mich herum. Ganz nah. Direkt bei uns vor der Tür. Direkt in meinem Kopf, meinem Herz. Zwei, drei Gesichter haben sich mir eingeprägt. Ich werde euch nicht vergessen.

Eine eigene Welt ist dieses Erstaufnahmelager, bestehend aus langgezogenen Baracken, hier und da ein mehrstöckiges Haus. Es ist sauber hier und gepflegt, alles macht einen sehr durchorganisierten Eindruck. An der Einfahrt das Schild "Grenzdurchgangslager" sorgt nicht wirklich für einen herzlichen Empfang. Aber Deutsch können hier eh die wenigstens. Durch die Fenster, die zumeist mit Gardinen verhangen sind, sieht man diese metallenen Doppelstock-Betten, die in den Jugendherbergen des letzten Jahrhunderts abgebaut zu sein scheinen. Schlafen dort 6 oder 8 oder mehr Menschen in einem Raum? Ich kann es nicht erkennen. Ich fühle mich wie ein ausserirdischer Eindringling. Ältere Männer, junge Männer, Kinder, einige Frauen, die von hier nach da unterwegs sind. Alle Blicke sind auf uns gerichtet. Klar, ein Auto voll mit Geschenken fällt sofort auf und wir gehören nicht hierhin, das ist ganz offensichtlich. Schon deshalb habe ich Hemmungen Fotos zu machen (vermutlich sind sie darum alle unscharf). Ich kann die Menschen nicht fragen, kann nichts erklären, auch nicht der sehr nett aussehenden jungen Mutter, die gerade ins Kinderhaus kam und ihre Mädchen abholte.Wir lächeln uns an und ich fühle mich schrecklich hilflos. Ich weiß, dass meine Phantasie nicht ausreicht um mir auszumalen, was diese Frau und was alle diese Kinder und Erwachsenen in den letzten Monaten durchgemacht haben. Bis sie hier ankamen, in Sicherheit. Und jetzt? Wie wird es für sie weitergehen?

Schon beim ersten Geschenke suchen wurde deutlich, dass hier auch viele größere, ältere Kinder sind. Also so bis etwa 10 Jahre, 4. oder 5. Klasse. Für die war heute nichts dabei. Und überhaupt, in zwei Wochen werden die meisten von den Menschen, die nun in den nächsten Tagen ein Geschenk bekommen, weiter gezogen sein. Ihre Betten hier werden nicht kalt, denn viele viele weitere Menschen sind angekündigt. Jeder mit seiner eigenen Geschichte. Jedes Kind mit seinen eigenen geplatzten Träumen und nichts als das, was sie tragen, dabei.

Danke, dass Du bis hierher gelesen hast.
Barbara

Hier findest du alle Informationen zu der Aktion.

Berichte aller Besuche in Friedland

Schon einige Male haben wir jeweils über 200 Geschenke in das Flüchtlingslager gebracht und dabei viele Begegnungen gehabt.
Lies hier mehr darüber, wie wir diese Besuche erlebt haben