Als emotionale Schwangere durchlebt man einige Gefühlslagen. Besonders ergreifend diesmal: ein großer Ultraschall und der Geburtstag meines Mannes.
Man hört ja oft von den „emotionalen Schwangeren“, von Gefühlsausbrüchen ohne erkennbaren Grund. Nah am Wasser gebaut bin ich schon immer. So saßen wir, zwei Schwestern, schon in zartem Alter zusammen mit Mutti auf dem Sofa und schluchzten bei „Arielle“ um die Wette. Gene eben. Aber was ich diese Woche erleben durfte, war auch für mich völlig neu. Einmal begann ich mitten im Gespräch mit meinem Mann einfach zu weinen. Ich sagte noch: „huch, was ist denn jetzt los“, da liefen mir schon die Tränen. Ohne, dass ich auch nur im Entferntesten an etwas Trauriges oder Rührendes oder besonders Schönes gedacht hätte. Im Gegenteil, ich musste dazu sogar lachen, weil alles so skurril war. Später in der Woche musste ich dann feststellen, dass besonders Vodafon extrem emotionale Werbung produziert. Die Mutter, die am Telefon versteht, dass es ihrer Tochter nicht gut geht und sie dann bei Nacht und Nebel besucht. Wieder feuchte Augen. Genauso bei sämtlichen Liedtexten. Oder gestern beim Aussuchen von Geburtstagskarten mit Spruch. Ich habe mich dann schnell für eine ohne Text entschieden, als mich die Verkäuferin im Laden schon mitleidig ansah. Natürlich besonders nahe gehen mir auch kleine Texte meines Vaters, der sich von sich aus nun schon als stolzen Großvater bezeichnet und mit seiner Freude über jedes Ultraschallbild nicht hinter dem Berg hält (seine Nase und Ohren hat er übrigens auch schon erkannt). Nichterwartetes überrascht eben am meisten. Und wird selbstredend mit Rührungstränen meinerseits quittiert.
Emotionen der anderen Art überkommen mich auch täglich vor sämtlichen öffentlichen Gebäuden, an der Bahnhaltestelle und vor dem Supermarkt: all diese Orte befinden sich in einer Wolke aus Zigarettenrauch. Er schießt mir in die Augen, hängt sich in Nase und Speichel fest und bereitet mir Unwohlsein. Ich war doch nicht immer schon so empfindlich… Jetzt finde ich es einfach nur rücksichtslos und ärgere mich ständig maßlos. Manchmal halte ich mir demonstrativ die Nase zu. Ganz schön kindisch. Aber es nervt mich!
Und dann gibt es noch einmal andere Gefühle. Wenn meine Schwester, meine Mama und Schwiegermama mich besuchen und wir alle vier voller Freude und Neugier auf das Baby beisammen sitzen und sich der Raum mit einer Wärme füllt, weil wir alle so grinsen und im Quasseln die Zeit vergessen. Der Geruch von Baby liegt förmlich in der Luft, Erfahrungswerte und alte Geschichten werden ausgetauscht und es scheint, als kann es nie langweilig werden, darüber Worte zu verlieren. Wenn mir dann wie an Weihnachten Geschenke überreicht werden, damit ich einen wachsenden Bauch auch nett kleiden kann, wenn meine alten Puppenkleider, die nun wieder ihrer eigentlichen Bestimmung folgen werden, zurückkommen. Dann bin ich ganz selig und gerührt und möchte die Welt umarmen. Auch das kann man vielleicht nur als werdende und gewordene Mutter nachvollziehen.
Aber jetzt noch zu anderen Momenten dieser 12. Woche:
Ich war für einen Monat zur Famulatur (Praktikum im Medizinstudium) in einer Kinderklinik. Als ich dort bekannt gegeben hatte, dass ich schwanger bin, wurde ich wegen Infektionsgefahr vor allem den Früh- und Neugeborenen zugeteilt. Ihr könnt euch sicher vorstellen, was das für ein emotionaler Overkill manchmal für mich war. Jedenfalls wurde ich in dieser Zeit sehr freundlich im Team aufgenommen und gerade die Schwestern hatten oft schon Tipps für mich parat was Stillen, Wickeln und Schlafen angeht – wie passend. Jetzt war aber die Zeit vorbei und ich wurde super lieb mit Blumenstrauß und besten Wünschen verabschiedet (wieder Tränen!). Ich hatte mir völlig zu Unrecht im Voraus Gedanken gemacht, ob eine Arbeit im Krankenhaus mit Baby im Bauch überhaupt möglich wäre. So viel Rücksicht wie hier auf mich und meine Schwangerschaft genommen wurde, wünsche ich jeder Schwangeren in ihrem Beruf. Die Nachtschichten in meinem Studentenjob werde ich aber trotzdem erstmal ganz sachte angehen. Wir können uns das zum Glück selbst einteilen.
Weiter gings mit dem langersehnten großen Ultraschall für den Mutterpass. Ich hatte das Glück vorher im Praktikum schon mal einen Schallkopf auf meinen Bauch halten zu können und musste – im Gegensatz zu Sebastian- keine ganz so lange Durststrecke überbrücken. Mein Mann ist nämlich immer recht angespannt vor so einem Termin. Er muss erst sehen und besonders von der Ärztin hören, dass sich alles nach Plan entwickelt. Und als dann Beine zu erkennen waren, die mich in die Uteruswand traten, waren wir beide überglücklich, denn noch merke ich davon ja noch nichts. Anschließend schlug es Purzelbäume und zeigte uns bereitwillig alle vier Gliedmaßen, den Magen und das Herz. Die Ärztin hat unser, nun nach Mensch aussehendes Baby vermessen und den Geburtstermin sogar eher noch etwas nach vorne verschoben. Wenn sich das weiter bestätigt, dann schreibe ich dazu später noch mal. Wir haben ein Bild bekommen und dann sprach sie das Thema Nackenfaltenmessung an. Ganz ausführlich hat sie uns aufgeklärt und unsere Reaktionen beobachtet. Eine invasive Diagnostik wie eine Fruchtwasseruntersuchung kommt aber für mich aufgrund des Fehlgeburtsrisikos einfach nicht in Frage. Woraus sich auch ergibt, dass eine Untersuchung auf die Wahrscheinlichkeit (Nackenfaltenmessung, Alter der Mutter und entsprechende mütterliche Blutwerte), ein Kind mit einer Trisomie zu erwarten weniger sinnvoll ist, wenn sich für uns daraus keine weiteren Schritte ergeben würden. Versteht ihr unseren Ansatz? Wir haben uns jedenfalls gegen eine solche Messung entschieden, würden wir uns doch mit einem möglichen erhöhten Risiko nur bis zum Ende der Schwangerschaft verrückt machen.
Nach dem Termin haben wir uns erstmal eine schöne Zeit gemacht, waren Kaffee und Kakao trinken und haben Kinderwägen Probe geschoben. Mit dem Ergebnis, dass die Auswahl und Spannbreite einfach zu groß ist. Wir brauchen strukturierteren Input!
Und zum Ende will ich noch ein paar Worte an meinen besten Freund, Seelenverwandten und Liebhaber, der diese Woche Geburtstag hatte, richten:
Hallo Lieblingsmensch,
du bist jetzt 32 Jahre alt, erfreust dich bester Gesundheit und ich habe mit dir einen Menschen an meiner Seite, mit dem ich alt werden möchte. Du hast mein Herz im Sturm erobert und mich vor genau einem Jahr zu glücklichsten Ehefrau eines Ehemanns gemacht. Wir sind jetzt zu dritt und es fehlt uns an nichts. Ich bin so stolz, dass wir immer wieder nur für uns entscheiden, was richtig ist und uns gut tut.
Glück, mein Herz, ist das einzige Gut, das sich verdoppelt, wenn man es teilt. Also lass uns beim Ausblasen deiner Geburtstagskerzen an all diejenigen denken, die ein bisschen mehr Glück gut gebrauchen könnten.
Baby, ich liebe dich. Alles Gute zum Geburtstag!
Kristin
Bild: privat