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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
20. Schwangerschaftswoche

Wunder der Technik - Wunder des Lebens

Tiefste Einblicke ermöglicht uns der Feindiagnostikultraschall, die Hebamme weiß hoffentlich Rat und im Krankenhaus werde ich immer vorsichtiger.

Die Praxis liegt in einem verwinkelten Eckchen Jenas. Tolle Altbauten ragen aus den kleinen Gassen, der Morgen ist kühl aber sonnig. Wir betreten den Eingangsbereich. Hohe Decken, Stuck, eine freundliche Arzthelferin begrüßt uns. Im geräumigen, mit Orchideen und Fensterbankbrunnen ausstaffierten Wartezimmer füllen wir einen Katalog von Aufklärungsbögen zur Feindiagnostik, Informationen zu gelaufenen Untersuchungen dieser Schwangerschaft und Anamnesedaten aus. Im Hintergrund klingt „Freude schöner Götterfunken“ in einer Orchesterfassung. Im Moment sind wir die einzigen Patienten.

Unser Name wird aufgerufen und wir folgen der Ärztin, die uns persönlich abholt, in ein Kaminzimmer. Dort befragt sie uns ausführlich zu allen gemachten Angaben und gibt Raum für eigene Fragen. Außerdem werden wir nochmals mündlich über mögliche Diagnosen und deren Konsequenzen aufgeklärt. Dann betreten wir den Behandlungsraum. Es ist sehr dunkel, das Ultraschallgerät ist bereits für uns vorbereitet. Sebastian nimmt auf einem Stuhl neben der Liege Platz, ich wuchte mich darauf. Mit einem Handtuch wird meine Kleidung abgedeckt, wir blicken wie im Kino auf einen großen Bildschirm an der Wand, die Maschinen brummen angenehm.

Und dann legt sie endlich den kalten Schallkopf auf meinen vorgewölbten Bauch. In einer atemberaubenden Auflösung zeigt sich unsere Tochter in der Schädellage I, also mit dem Rücken auf meiner linken Seite. Sofort schwenkt die Ärztin in eine Profilansicht und die kleine Nase und das süße fliehende Kinn zwingen mir ein sanftes Lächeln auf die Lippen. Im Kopf wird einiges vermessen. Das Kleinhirn, die Liquorräume und der Umfang. Alles scheint zufriedenstellend. Anschließend wird das Herz betrachtet und in Aktion ausgewertet. Mit Farbdoppler werden mögliche Defekte zwischen den Kammern ausgeschlossen und ich bin einfach mächtig stolz auf uns, was wir da tolles gebaut haben. Rücken, Extremitäten, die kleinen Händchen und Füßchen mit jeweils fünf Fingern/Zehen, Magen, Nieren, Blase, so genau wurde selbst ich noch nie auseinandergenommen. Dann schickt mich die Ärztin zur Toilette, denn MEINE Blase ist zurzeit wirklich immer voll. Wieder zurück schwenkt sie nochmal zu den vom Herzen abgehenden Gefäßen und dokumentiert die Verläufe. Weil sie mitbekommt, dass ich erkennen kann, was sie da anschaut, weist sie mich auch auf die typisch embryonalen Strukturen hin, die sich bei der Geburt oder zumindest kurz danach verschließen. Wie in meinem Anatomiealtas – irre! So wird das für mich für immer anschaulich bleiben. Am Ende bestätigt sich auch nochmal, dass es sich wirklich um eine Bauchbewohnerin handelt und dann folgt der für werdende Eltern sicher anschaulichste Moment: die 3D-Animation. Zuerst können wir vom Gesicht gar nichts erkennen, weil die schüchterne Schöne ihre Hände schützend über sich hält. Nach einem sanften Wackeln am Bauch können wir dann eine Idee ihrer Gesichtszüge erhaschen. Einmalig! Ich bin verliebt. Auch vorher schon, aber jetzt auch in die Nase, das Kinn, die Wangenpartie. Mein Kind, in mir, mit mir verbunden, von mir abhängig. Meine Brust schwillt vor Stolz und auch vor Verantwortung. Das "was wäre, wenn" rückt endlich in den Hintergrund. Wir machen alles richtig, Sebastian!

Nach dem Termin habe ich mich dann bei meiner Hebamme gemeldet. Schon seit der sechsten Schwangerschaftswoche weiß ich, dass sie diejenige sein wird, die uns vor und nach der Geburt betreuen und meine wirklich kompetente Ansprechpartnerin in allen Dingen rund um das Thema Babykriegen sein wird. Vielleicht mag es manchen ziemlich früh erscheinen, aber hier in Jena, wie in anderen Städten sicher auch, sollte man sich am besten schon vor der Zeugung gekümmert haben. Mir war es wichtig, dass ich jemanden kenne, der vollends überzeugt von ihr war (check!) und dass der Kontakt stets offen und freundlich ist (check!), da ich ja selbst noch nicht auf eigene Erfahrungswerte zurückgreifen kann. Für nächste Woche haben wir also ein erstes Treffen angesetzt. Ich bin gespannt, was da dann so passiert.

Etwas Unangenehmes fällt mir in den letzten Tagen immer wieder auf: Wenn ich gehe, dann fühlt sich mein Bauch irgendwie wund an. Als scheuere meine Haut auf Bauchnabelhöhe auf meiner Gebärmutter. Vielleicht ist es auch eher ein Ziehen, ein Seitenstechen im Unterleib oder so etwas in der Art. Ganz genau lokalisieren kann ich es gar nicht. Mit der Hand darüber reiben bringt deutliche Linderung, aber das sieht auf Dauer ja auch blöd aus. Was könnte das sein? Sonderlich beunruhigt bin ich nicht, aber eine Idee, was in Frage käme, fände ich schon ganz nett.

Im Krankenhaus habe ich diese Woche zweimal etwas zurückstecken müssen bzw. dürfen. Einmal lehnte ich die Untersuchung eines akut CMV-Infizierten (Cytomegalievirus) ab. Bei einer Erstinfektion in der Schwangerschaft kann es zu einer Schädigung des Ungeborenen kommen. Im zweiten Fall habe ich mich sicherheitshalber von einem Patientenzimmer mit MRSA-Verdacht ferngehalten. Ich muss einfach aufmerksam sein und die Ärzte lieber zweimal bitten, mir zu erklären, was wir da vor uns haben. Wenn dann klar ist, dass ich schwanger bin (unter dem weiten Kasack ist das noch nicht sicher zu erkennen), sind die meisten auch wirklich einsichtig und entgegenkommend. Da können sich sicher einige Vorgesetzte, so wie ich das auch hier im Blog schon oft gelesen habe, eine Scheibe von abschneiden. Und bisher essentiellen Lernstoff habe ich dadurch noch nicht verpasst.

Dass ich jetzt weiß, dass es ein Mädchen wird, hat mir nochmal einen richtigen Schub an Bindung oder anders gesagt, an Wahrhaftigkeit gegeben. Bislang war ich eher noch gefasst und unaufgeregt, wenn es um die Schwangerschaft ging. Jetzt lege ich auf einmal viel mehr Emotionen hinein, bin stärker eingebunden in meinen eigenen Zustand. Obwohl ich nach dem "Outing" doch erst einmal ein paar Tage brauchte, mich darauf einzustellen. Ich hätte wirklich schwören können, ich bekomme einen Jungen und an den Gedanken hatte ich mich auch bestens gewöhnt.

Nun beginnt aber mein Nestbaubetrieb und ich stöbere online und secondhand nach Ideen und Schnäppchen. Davon dann nächste Woche mehr!

Kristin

Bild: privat



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In diesem Beitrag geht's um:

Feindiagnostik, Hebamme, Infektionsgefahr