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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
Geburt

Tag X

was für eine Geburt!

Hallo meine Lieben,

hier kommt nun mein vorletzter Bericht. Ein Bericht über die, die keine Kinder wollte und nun .......

Es ist der 20.03.24 23:00Uhr.

Lorenzo fragt mich, ob wir noch einen Film schauen, aber ich verneine. Ich fühle mich nicht sonderlich gut und möchte schlafen. Doch kaum habe ich den Satz zu Ende gesagt, passiert etwas da unten bei mir. Die Fruchtblase ist geplatzt! Wir schauen uns beide an und lachen. Endlich! Der Startschuss, Tag X beginnt! Wir lernen schon bald unsere Tochter kennen.

Ich renne ins Bad, in die Dusche mit all meiner Kleidung an, weil ich alles nass mache. Meine Hosen, Boden, Sofa .... einfach alles. Lorenzo fragt mich was wir jetzt tun. Er ist aufgeregt. Nix, sage ich. Ich habe keine Schmerzen und ich möchte so lange wie möglich zu Hause bleiben und die Wehen abarbeiten. Also beschließe ich Geschirr zu spülen, mich telefonisch im Krankenhaus zu melden, dass meine Blase geplatzt ist und dann ins Bett zu gehen. Aber vor lauter Aufregung bekomme ich kein Auge zu. Und Lorenzo schon zweimal nicht.

Es ist ca. 01:00 Uhr und jetzt bekomme ich Wehen. Oh ha. Ja, die sind heftig. Auf allen Vieren lasse ich mich im Badezimmer auf dem Teppich nieder. Lorenzo ist so lieb und kommt mit TENS-Gerät und Wärmeflasche um die Ecke. Ich will noch meine Haare glätten und duschen, bevor es losgeht, aber durch die Krämpfe dauert alles irgendwie länger. Ich konzentriere mich auf meine Atmung und über die Babyapp tracke ich die Wehen. 10 Minuten, 7 Minuten, 5 Minuten. Ich kann mich nicht mehr auf die blöde App konzentrieren. Lorenzo stresst mich, er will ins Krankenhaus. Ich maule ihn kurz an, er soll mich in Ruhe lassen. Die Wehen kommen im Eiltempo immer schneller und ich gehe nach Feeling, nicht nach App. Komischerweise bin ich dennoch ruhig und fühle mich stark. Es gibt jetzt kein Zurück mehr. Und ich schaffe das.

Das TENS Gerät läuft durchgehend auf Maximum, aber davon spüre ich nichts mehr. Lorenzo bringt den Koffer und die Tasche voller Proviant zum Auto. Um 03:00 Uhr gebe ich nach und sage ich ihm: lets go!

Wir wohnen im 2. Stock und die Treppen herunterzukommen ist ein Graus. Ich hänge mich bei der nächsten Wehe ans Geländer und atme. Meine Hosen sind schon wieder nass. Mit Handtuch unterm Arm laufen wir zum Auto. Während der Fahrt hänge ich mich immer wieder an den Griff und versuche zu atmen und zu stöhnen. Ich halte die Laute nicht zurück und das hilft enorm. Lorenzo fährt Kamikaze über rote Ampeln. Ich muss lachen, weil es mir filmreif vorkommt. So wie im Film Taxi Taxi.

Im Krankenhaus angekommen, setzt mich mein Liebster mit dem Gepäck am Empfang ab und sucht einen Parkplatz. Ich kann kaum noch laufen und bin sehr dankbar über den Rollstuhl. Die Dame am Empfang meldet dem Kreißsaal, dass ich komme. Wie ich später erfahre, war ich die letzte in dieser Nacht, die aufgenommen wurde, da die Kapazitäten auf der Geburtsstation ausgeschöpft waren. Was für ein Glück. Wenn ich mir vorstelle, die hätten mich in ein anderes Krankenhaus geschickt, wäre ich verrückt geworden!

Als Lorenzo zurückkommt, fahren wir in den 4. Stock, wo eine junge sehr nette Hebamme uns in Empfang nimmt. Ich wechsle erst einmal meine Hosen und bekomme eine dicke Binde von ihr. Danach komme ich ans CTG und werde untersucht. Der Geburtskanal ist vollständig zurück und ich bin bei 3 cm. Wie bitte? 3 cm? Genau das wollte ich doch nicht: Zu früh ins Krankenhaus fahren und die Zeit absitzen.

Die Hebamme beruhig mich und meint, dass ich schon viel Arbeit zu Hause geleistet habe. Ich händige ihr meinen Geburtsplan aus, solange ich noch kann. Meine Konzentration und Kommunikation beschränken sich nämlich nur noch auf ein Minimum.

Irgendwann werde ich dann ins Wehenzimmer gebracht. Wie ich dahin komme, wo meine Sachen sind, all das weiß ich nicht mehr. Lorenzo fragt mich irgendwelche Sachen, aber ich antworte ihm nicht. Ich muss atmen. Das ist alles. Im Wehenzimmer bekomme ich ein Schmerzmittel per Tropf verpasst. Die Wehen werden immer heftiger und ich frage mich, wie lange die Geburt wohl dauern wird. Ich laufe hin und her und gehe immer wieder auf allen vieren. Doch irgendwann bin ich so benebelt, dass ich mich gezwungenermaßen hinlegen muss. Das TENS-Gerät läuft immer noch auf Hochtouren, was mir nicht bewusst ist. Lorenzo ist die ganze Zeit bei mir, spricht mir gut zu, reicht mir Wasser und Müsliriegel. Aber ich kann nichts essen.
Irgendwann ist Schichtwechsel. Zwei ebenfalls junge Hebammen stellen sich uns vor. Und ihr werdet es nicht glauben: eine von ihnen, Studentin, war ein paar Jahre in Brasilien und kann super portugiesisch. Könnte es uns besser treffen?!

Mittlerweile ist es draußen hell geworden. Ich sage der Studentin, dass mir das Mittel nicht hilft, sondern mich benebelt. Was ohne die Schmerzen ja angenehm wäre, aber das behalte ich lieber für mich. Sie spricht mir Mut zu und meint, dass es durchaus sein kann, dass die Wehen voranschreiten und der Muttermund weiter aufgeht.

Ich sage zu Lorenzo, dass ich überlege die Badewannensache abzublasen und mir doch eine PDA verpassen zu lassen, wenn es so weiter geht. Das Gleiche teile ich auch der Studentin mit und sie erinnert mich an meinen Geburtsplan. Dort habe ich ausdrücklich erwähnt, dass eine PDA das allerletzte Schmerzmittel ist, dass ich bekommen will.

Wann werde ich denn wieder untersucht, frage ich sie. Denn mein Gefühl sagt mir, wir sind erst bei einem Muttermund von 6 cm. Mit ihrer ruhigen Art rät sie mir, dass wir nun erst einmal die Badewanne ausprobieren bevor wir über die PDA weiterreden. Davor werde ich nochmal gecheckt, verspricht sie. Allerdings weiß ich von der Untersuchung rein gar nichts mehr. Man befindet sich wie in eine Art Trancezustand. Die Hebamme grinst mich an. Wir sind bei 10 cm, verkündet sie mir. Ab in den Kreißsaal!
Diese Nachricht verleiht mir direkt einen enormen Energieschub, ihr könnt es euch nicht vorstellen. Sch... auf die PDA, jetzt heißt es Endspurt und Zähne zusammen beißen. Das schaff’ ich jetzt auch ohne.

Wir müssen uns etwas gedulden, bis die große Wanne voll ist. Als es so weit ist, stützt mich Lorenzo und wir laufen rüber in Richtung Kreißsaal. Ich merke, dass ich Presswehen bekomme. Es ist ein bisschen so, als würde man aufs Klo müssen. Dann weiß ich wieder nicht, ob ich mich ausgezogen hab, ob ich Hilfe dabei hatte oder wie oder was. Ich klettere in die Wanne und es tut gut. Aber auch nicht so, wie ich eigentlich dachte. Ich bin mir unsicher, ob ich drin bleiben möchte, aber das erübrigt sich ganz schnell von selbst. Das CTG schlägt aus. Annis und meine Herztöne schnellen in die Höhe. Ich höre, wie die Hebamme zur Studentin sagt, das Wasser sei viel zu heiß. Und ich muss raus. Der Studentin ist es arg, sie entschuldigt sich für ihr Missgeschick, doch ich sage ihr, es sei OK. Fehler passieren und sie hat es ja nicht mit Absicht gemacht. Ich werde abgetrocknet und komme auf die Liege. In Seitenlage presse ich automatisch, denn mein Körper verlangt es so. Die Hebamme sagt zu mir, dass es toll ist mitanzusehen, wie sehr ich bei mir bin, während die Studentin mich darum bittet, einen Fuß gegen ihre Schulter zu drücken. Scheinbar habe ich das mit voller Wucht gemacht, wie Lorenzo mir später berichtet. Ich wollte sie ja nicht vom Hocker hauen. :-D

Ich merke wie Annis Kopf herauswill und es ist so, als würde eine Bowlingkugel angerollt kommen. Ich presse so stark ich kann, doch Anni flutscht wieder rein. Das ganze Spiel geht noch weitere drei Runden. Mein Kopf sagt mir ich muss nun alles geben, denn der Schmerz wird heftiger und lieber einmal richtig Schmerz und fertig als so weiterzumachen. Die Mädels feuern mich an, Lorenzo steht unten und schaut zu und ich presse, was das Zeug hält. Ich schreie wie Tarzan und siehe da der Kopf ist geboren. Ich habe eine kurze Pause und freue mich tierisch, dass alles so schnell geht. Als die nächste Presswehe kommt, muss ich nur einmal pressen und da ist sie! Unglaublich, aber mir hat es nicht mehr wehgetan den Körper zu gebären.

Es ist 09:17 Uhr am 21.03. und da ist sie endlich.

Unser kleiner Schatz 3810 g schwer und 51 cm groß. Einen Augenblick lang kann ich gar nichts denken und starre sie und Lorenzo ungläubig an. Tränen schießen mir in die Augen und ich kann mein Glück nicht fassen. Ich strahle übers ganze Gesicht und bin so dankbar, so eine schöne Geburt gehabt zu haben. Ich weiß, dass das sehr selten vorkommt und die meisten Frauen lange leiden müssen oder es gar zu Komplikationen kommt.

Wir plaudern mit den Hebammen ausgelassen im Kreißsaal und die Stimmung ist einfach nur wunderbar und geborgen. Die Plazenta gebäre ich nebenbei während dem Reden und auch das tat mir null weh. Eine weitere Hebamme und eine Ärztin kommen hinzu. Letztere, um mich zu nähen. Ich werde zum Glück betäubt und merke nichts. Ich habe neben dem Dammriss auch Risse an den Schamlippen. Beides wird genäht und es kommt mir vor als würde die Ärztin eine Tischdecke stricken. Sie sitzt gefühlt eine Ewigkeit da unten. Die Hebamme, die als letztes dazu kam, schaut mich an und schmunzelt. Sie meint, ich sehe nicht aus als hätte ich eben ein Kind geboren. Ich sehe so entspannt und munter aus. Und so fühle ich mich auch.

Als alle Check-ups an Anni durchgeführt sind und ich wieder einigermaßen angezogen bin, wird uns erstmal Kaffee und Frühstück gebracht. Wir essen im Kreißsaal, da leider noch keine Zimmer frei sind, da wegen Überfüllung geschlossen. So warten wir eben und genießen die Zeit zu dritt. Zum Glück ist Anni kerngesund. Gegen Mittag werde ich dann in ein Zimmer auf eine andere Station gebracht, da auf der Geburtsstation kein Platz mehr ist. Zum Glück bin ich alleine im Zimmer und bekomme während des gesamten Aufenthalts auch keine Zimmergenossin.

Aus meinem Klinikkoffer brauche ich tatsächlich mehr als die Hälfte nicht. Bikinioberteil und Lavendelspray waren sowas wie von unnütz. Das hätte ich mir sparen können. Und auch für die Kleine hab ich viel zu viel eingepackt. Das Einzige, was ich euch empfehlen kann, sind Proviant / Säfte, das heilige TENS-Gerät und von always discreet Einweghöschen fürs Krankenhaus. Ansonsten nehmt keinen Schnickschnack mit, denn das interessiert einen nachher alles nicht mehr.

Der Krankenhausaufenthalt ist dank der liebenswerten Hebammen im Amalie Sieveking sehr schön. Ich hätte mir kein besseres Krankenhaus für die Geburt meiner Tochter vorstellen können.

Während unserem dreitägigen Aufenthalt, haben wir glücklicherweise jede Menge Unterstützung beim Stillen bekommen, denn das will bei uns einfach nicht funktionieren. Meine Brüste bluten und Anni bekommt den Spitznamen Schnappschildkröte.

Endlich ist Samstag und Lorenzo darf uns am Nachmittag mit nach Hause nehmen.

In meinem letzten Bericht, werde ich euch dann vom Kennenlernen mit unseren Haustieren erzählen und wie die ersten Wochen als frischgebackene Familie waren.

Machts gut und bis bald!

Tagebuch Clementine



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