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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
Geburt

So ähnlich und doch ganz anders.

Die Geschichte einer schmerzhaften Hausgeburt (diesmal) mit Hebammenbegleitung.
Selbstbestimmt und natürlich wie ich es mir gewünscht habe.

16:52 Uhr Ich wache auf und gucke auf die Uhr. Neben mir liegt die Nusstorte im Bett und schläft. Er ist erst sehr spät eingeschlafen. Ich neben ihm. Ich war total ko. Hatte da nicht gerade irgendwas geknackt in meinem Bauch? Ich bin mir nicht sicher. Hmm, ich könnte aufstehen. Dann wüsste ich es. Nee, bleib mal noch liegen. Aber ich bin neugierig. Also stehe ich auf. Der erwartete Schwall Fruchtwasser bleibt aus. Aber irgendwie wird es feucht. Ich schnappe mir ein Handtuch und hole die PH-Teststreifen, die mir die Hebamme dagelassen hat. Toll, das Ding verfärbt sich irgendwie nicht. Es wird immer ein bisschen nass. Nee, das ist doch Fruchtwasser. Oder jetzt doch nicht. Ich hasse so unklare Sachverhalte! Irgendwann kommt ein kleiner Schwall. DAS IST FRUCHTWASSER. Ui, das Baby kommt! Während ich rumrätsel und mir eigentlich sicher bin, habe ich den unfertigen Bericht für die 39. Ssw. abgeschickt.

17:14 Uhr Ich rufe die Hebamme an. Ich hatte sie Freitag schon per Nachricht vorgewarnt, weil es seit sie und meine Mama wieder da waren anfing in meinem Körper zu arbeiten. Es war zwar nix regelmäßiges und völlig undefinierbar, aber ich wurde das Gefühl nicht los, ihr Bescheid sagen zu müssen. Ich hatte am Morgen erst die Entwarnung gegeben, dass sich alles beruhigt hatte. Wir sprechen kurz, dass sie sich bereithält, weil man weiß ja nie, wann nach einem Blasensprung die Wehen einsetzen.
Ich suche den Schatz. Er ist in der Werkstatt. Wie letztes Mal auch. Ich rufe ihn und sag ihm: „Schatz du darfst echt nicht in die Werkstatt gehen.“ „Wieso?“ Ich tippe auf meinen Bauch. „Baby kommt. Die Fruchtblase ist gerade geplatzt.“ „Nicht dein Ernst?!“.
Ich rufe meine Mama an, dass sie sich bereit halten soll. Die Nusstorte wollen wir noch schlafen lassen, so lange es geht. Und die Mama von dem Freund, wo der Ninja ist, rufe ich an, dass wir heute nicht mehr ins Freibad kommen und der Ninja zur Oma fahren soll, anstatt nach Hause zu kommen.

Wir haben alle noch irgendwas zu tun. Wir haben eigentlich die nächste Woche noch für die finalen Vorbereitungen eingeplant …

17:54 Uhr (1 Stunde später) ich fang mal an die Wehen zu tracken. Zwei, drei waren jetzt schon da. Ich schreibe der Hebamme einen Statusbericht:
Schleimpfropf geht ab, zwei, drei Wehen waren da, Baby bewegt sich, Fruchtwasser ist rosig durchsichtig.

Wir erledigen noch, was geht. Holen Wäsche rein, putzen das Bad unten, der Schatz saugt nochmal und bringt den weißen Teppich vor dem Sofa in Sicherheit. Wir legen Handtücher in den Ofen, stecken den Schlüssel für die Hebamme außen in die Tür, bringen das Geburtsschild über der Klingel an und bereiten den Geburtsplatz ums Sofa vor.
Mist. Da ist noch frische Wäsche in der Waschmaschine.

18:37 Uhr Ich hatte jetzt drei Wehen im Abstand von ca. zehn Minuten. Hmm. Der Schatz kriegt langsam Panik, weil ich bei jeder Wehe aufs Klo flitzen muss und er deswegen die Abstände mitbekommt.

18:40 Uhr Ich lasse mich breitschlagen die Hebamme anzurufen. Ich sage ihr, dass der Schatz sie auf jeden Fall jetzt hier braucht und sie sich bitte ganz in Ruhe auf den Weg machen soll.
Sie braucht allein für den Weg ca. eine halbe Stunde. Als ich aufgelegt habe, werden die Wehenabstände sofort wieder größer. Ich bin mir unsicher, ob das die richtige Entscheidung war.
Die Nusstorte ist wach geworden und ich rufe Mama an, dass sie ihn bitte gleich abholen soll.
Meine Mama kommt und holt die Nusstorte ab, sowie die gepackten Taschen für ihn und den Ninja. Wir haben ihm kurz erklärt, dass das Baby jetzt raus möchte aus Mamas Bauch und er, solange das dauert, mit dem Ninja zur Oma geht. Wenn das Baby da ist, holen wir ihn wieder ab. Das hatten wir in den letzten Tagen immer mal thematisiert, damit er davon nicht so überfallen wird. Es ist trotzdem komisch ihn fahren zu sehen. Wenn wir ihn wiedersehen, ist er großer Bruder. Der Ninja wollte noch einen Tag länger bei Oma bleiben.

Ca. 19:15 Uhr Die Hebamme kommt an. Wir unterhalten uns etwas, sortieren ein paar Sachen für die Geburt, sie hört einmal kurz die Herztöne vom Baby und tastet meinen Bauch ab. Alles prima. Der Schatz ist froh, dass sie da ist und da alles andere warten kann, geht er oben zocken um sich etwas abzulenken. Ich sitze da mit der Hebamme und weiß nicht weiter. Sie sagt: „Schön, dass er sich sicher fühlt, aber nicht das meine Anwesenheit jetzt bei dir das Gegenteil bewirkt?!“ Ich hätte sie küssen können. Den Verdacht hatte ich nämlich auch.

19:35 Uhr Die Hebamme geht sich also oben etwas hinlegen, ich bin alleine. Ich muss für mich wieder in der Geburtssituation ankommen. Ich habe Sorge, dass es sich durch die Anwesenheit der Hebamme jetzt ziehen wird, mit der Eröffnungsphase. Ich merke, ich muss aufhören mit Räumen und Tun. Muss mich jetzt auf die Geburtssituation einlassen. Summen hilft mir mich zu entspannen. Auch dem Baby. Ich fühle mich wieder alleine und sicher.

20:00 Uhr Die Wehen springen direkt in Abstände von ca. 5 Minuten.
Leider sind diese Wehen so ganz anders als ich sie kenne. Ich kann ihnen nicht begegnen. Den Schmerz nicht veratmen. Es drückt furchtbar aufs Schambein und krampft einfach nur. Vorn über beugen - wie es bei der Nusstorte wunderbar geholfen hat - macht es sogar schlimmer. Nach hinten beugen hilft ein bisschen. Ich probiere verschiedenes aus. Ein Bein aufstellen unter der Wehe hilft auch etwas, aber ich kann bald nicht mehr stehen unter den Wehen und eigentlich hilft nix so richtig. Das nervt mich. Ich konnte dem Wehenschmerz sonst immer gut begegnen. Summen tut gut. Es entspannt mich und das Baby und lässt die Wehen in kürzeren Abständen kommen. Ich kriege irgendwie meinen Kopf nicht ausgestellt. Ich komme dieses Mal nicht in diese schöne Geburtsblasentrance. Ich bleibe rational im Geschehen und versuche diese Geburt als eine Andere zu sehen. Aber es gelingt mir nicht so richtig. Ständig vergleiche ich sie mit der, der Nusstorte. Wie lange es wohl dauern wird? Ich versuche nicht davon auszugehen, dass sie so schnell geht wie die letzte. Aber wie lange dauert denn diese blöde Eröffnungsphase. Ich kriege wieder nichts getastet. Wenn ich mit diesen Wehen 13 Stunden brauche, weiß ich ehrlich nicht, ob ich das durchhalte.
Die Wehen kommen in immer kürzeren Abständen, schmerzen einfach nur und ich habe keine Lust darauf. Das hatte ich mir anders vorgestellt. Aber ich weiß, dass ich da jetzt bis zum Ende durch muss. Echt doof. Ich hatte mich wieder so auf die Geburt gefreut.

21:00 Uhr Die Wehen kommen in noch kürzeren Abständen. Ca. alle drei Minuten. Ich beginne mich mit dem Gedanken anzufreunden, dass es einfach noch dauern kann. Einfach um von so einem Umstand nicht enttäuscht zu sein. Die Wehen kommen noch schneller.

21:11 Uhr ich stelle die letzte Wehe an, die unbemerkt bis zum nächsten Tag durchläuft. Ich konnte den Wehentracker nicht mehr ausstellen. Ab hier verliere ich mein Zeitgefühl und freue mich über den Geburtsbericht der Hebamme. Wie bei der Nusstorte, kippt die Situation von einem Moment auf den anderen. Ich bin nicht mehr Herrin der Lage. Das Kind will jetzt raus. Der Schatz hat ein wirklich überraschend gutes Timing. Oder ich bin einfach zu laut, um es zu überhören. Er fragt, ob er die Hebamme rufen soll. Ich überlege noch. Die nächste Wehe nimmt mir die Entscheidung ab. Beide stürzen zu mir ins Badezimmer, ich schaffe es nur noch von der Toilette auf die dicke Wickelunterlage daneben auf den Boden in den Vierfüsser zu rollen. Diese Wehen sind echt der Hammer. Veratmen ist ein scheiss. Ich verschreihe sie. Der Schatz sagt, dass er mich daran erinnern wird, wenn ich mit dem nächsten Kinderwunsch komme. Ich möchte ihm eine runterhauen. Geht aber nicht, weil ich meinen Schmerz an seine Hand weitergeben muss. Ich versuche ihn zu beißen. Der Kopf erinnert mich aber, dass ich den Kiefer locker lassen muss, wegen dem Beckenboden. So ein Mist. Ich bin so froh, dass er da ist. Ich brauche diesmal seine Unterstützung. Will von ihm gehalten und angefeuert werden. Hätte ich vorher nicht gedacht. Ich bin wirklich froh, diesmal nicht alleine zu sein. Das Baby wird gefühlt wie eine Kanonenkugel unaufhaltsam nach unten geschoben. Pressen brauche ich nicht. Das macht mein Körper alles alleine. Was ich tasten kann, fühlt sich nicht wie ein Kopf an. Die Hebamme schaut auf meinen Wunsch, meint aber das ist der Kopf. Der Kopf spannt furchtbar, lässt mir aber noch eine Wehe Zeit. Eine. Ich weiß, ich muss ihn da jetzt durchlassen. Vor dem Kopfdurchtritt habe ich immer Angst. Diese 35 cm Umfang fühlen sich an wie 40 cm. Der Kopf wird mit der nächsten Wehe geboren. Gott sei Dank. Das Baby bewegt sich leicht. Eine kleine Pause. Dann saust ein neues kleines Menschlein mit einer großen Fruchtwasserdusche auf die Welt. Ich nehme es hoch. Das Baby ist blau und voller Käseschmiere. Es schreit. Ich bin so unendlich dankbar, dass diese Geburt vorbei ist. 21:23 Uhr. Dem Baby sieht man an, dass es völlig verwirrt ist. Ich halte es fest und muss auch erstmal realisieren was Sache ist. So sitzen wir erstmal da.

Nach einer Weile ziehen wir um aufs Sofa. Ich habe Schwierigkeiten mit der Realität. Das Baby ist da. Und jetzt? Ich habe das Gefühl irgendetwas tun zu müssen. Das war zu schnell für mich.
Die Nachwehen setzen schon auf dem Weg zum Sofa ein. Ich freue mich, wie erträglich sie sind (noch!). Wir kuscheln in warmen Handtüchern und staunen. Die Hebamme nimmt die Apgarwerte. Vom Ablauf her bin ich mir nicht mehr sicher, ob das Baby erst eingeschlafen ist, oder erst um sich guckt. Gegen 22:00 Uhr stillen wir das erste Mal. Alles ist dran, was dran gehört.

Wir müssen uns noch um die Plazenta kümmern. Gelöst hat sie sich. Die Nabelschnur ist auspulsiert, aber trotz mehrerer Versuche will sie einfach nicht rauskommen. Wir entscheiden uns tatsächlich für Ziehen und Pressen. Die Hebamme führt mit der Nabelschnur und ich muss wirklich pressen. Da gibt nichts nach und flutscht warm und einfach raus wie letztes Mal. Der Muttermund ist gefühlt schon wieder fast zu. Diesmal tut die Geburt der Plazenta fast weh, ist unangenehm, muss aber sein. Wieder kann ich nicht einfach locker lassen.

22:30 Uhr etwas über eine Stunde nach der Geburt des Babys ist auch die Plazenta geboren. Sie sieht toll aus. So ein schöner Lebensbaum meines Kindes zeichnet sich darauf ab. Blut verliere ich fast keins. Wir stillen nochmal und das Baby schläft ein.

23:08 Uhr Diesmal nabelt der Papa ab. Die Hebamme versucht die sogenannte „Sollbruchstelle“ dafür zu finden. Es ist komisch diese Verbindung zu durchtrennen. Es macht mich ein bisschen traurig.
Der Papa nimmt das Baby während die Hebamme mich auf Verletzungen untersucht. Ich habe nur ein paar Abschürfungen und heftige Hämorrhoiden, wie ich danach beim Duschen feststellen muss. Die Hebamme holt eine Salbe aus dem Auto. Quercus Salbe. Mit Eiche. Super Zeug! Mein Kreislauf ist trotzdem ziemlich wackelig. Ich hatte mich in der Dusche hingehockt, um im warmen Wasser zu pullern, damit es nicht so brennt (nach der Geburt darf man das mal). Ging aber nicht. Beim hochkommen wurde mir superschwindelig. Die Hebamme hilft mir beim Anziehen, während der Papa das Baby kuschelt. Er vermisst seinen Großen. Ich lege mich aufs Sofa. Die Hebamme sagt: „prima, endlich liegst du mal.“ und macht die U1. Der Schatz macht mir was zu essen. Nur ein paar Brote. Ich weiß einfach nicht was ich essen möchte. Ich habe auf nichts Appetit, aber einen Riesenhunger.

0:15 Uhr wir verabschieden die Hebamme und sind uns einig, dass es gut war, sie so früh zu rufen. Sie meinte auch, sonst hätte sie es nur mit Beamen pünktlich geschafft.
Wir gehen in unser Bett. Mit unserem Baby.
Ein kleiner süßer perfekter Junge - James Thorian, willkommen in unserer Welt.
52 cm lang
35 cm Kopfumfang
3000 g schwer
Wir sind sehr gespannt auf unser Leben mit dir.


Nachtrag:
Die Nusstorte hatte schon geschlafen. Er konnte nur mit Tränen einschlafen und ist auch mit Tränen aufgewacht. Das tat uns sehr leid. Er hatte vorher noch nirgendwo ohne uns übernachtet und wir wollten ihn nur im Notfall bei Oma schlafen lassen. Aber es ging nicht anders. Wecken wollten wir ihn auch nicht, als er dann schlief. Der Papa hat ihn morgens gleich abgeholt und Brötchen vom Bäcker fürs Frühstück geholt - die Nusstorte liebt es, essen von woanders zu holen. Der Ninja wollte bei Oma bleiben. Wir haben ein wunderbares Frühstück im Bett gemacht, bei dem die kleinen Brüder sich ein bisschen beschnuppern konnten. Die Nusstorte meinte, er würde nochmal bei Oma schlafen ...

Ihr Lieben, vielen Dank für das Lesen meiner Einträge bis hierher. Wer wissen möchte wie es bei uns weitergeht, wie die Geschwister sich kennenlernen, wie mein Wochenbett so läuft und wie wir uns als fünfköpfige Familie einleben, darf mir gerne zu den Babytagebüchern folgen und uns bis zu James erstem Geburtstag weiterhin begleiten.

Mir hat es viel Freude gemacht die Einträge zu verfassen und es hat mir die Möglichkeit gegeben mal wieder in die Reflektion des Geschehenen zu kommen. Das tat mir sehr gut und hat mir große Lust gemacht noch weiter zu schreiben. Die Zusammenarbeit mit dem kidsgo-Team ist so schön und unkompliziert - Danke dafür. Und vielleicht bis bald…

Liebste Grüße aus dem (Wochen)Bett
von Anna

Tagebuch Anna



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Kommentare von Lesern:

Anna aus Hitzacker 04.10.2023 15:12

Liebe Kirsten,
Vielen Dank für deinen Kommentar. Die Kennlernzeit genießen wir nach wie vor.
Auch dir alles Gute.

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Kirsten aus Hannover30.08.2023 19:19

Liebe Anna,

vielen Dank für diesen lieben, emotionalen und spannenden Geburtsbericht.
Alles Gute und eine wunderschöne Kennenlernzeit

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