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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
34. Schwangerschaftswoche

Falsche Wehen

Von meiner langen „to-do-Liste“ und ersten Bauchschmerzen

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Ich hatte nicht vorhergesehen, wie viele Aufgaben ich mir selbst für die Phase der Mutterschaftsauszeit ausdenken würde. Meine „to-do-Liste“ für die ersten zwei Urlaubswochen war kaum kürzer als für die freien Tage aus der Zeit davor – angefangen von der Reinigung meiner Arbeitsanzüge bis zur Anmeldung der Elternzeit beim Arbeitgeber. Der Mutterschaftsurlaub begann mit der Lösung einiger existentieller Probleme: zum Beispiel gab es noch vor kurzem keine richtigen Regale für Töpfe in meiner Küche – der Umzug in meine jetzige Wohnung liegt knapp ein Jahr zurück. Die Wasserschläuche für die Waschmaschine hat Max erfolgreich ausgetauscht – jetzt kann ich problemlos kalt und heiß waschen. Auch die Spüle fällt nicht mehr runter, wenn ich die Mikrowelle kurz hochhebe, um den Dreck darunter wegzuwischen.
Dann hatte eine Freundin von mir, die als Profi der Übersetzungskunst in ihrer Heimat gilt, vor kurzem Urlaub und die von mir lange erwartete Möglichkeit, mit mir umstrittene Fragen bei der Übersetzung der Fachbegriffe, die ich in meinem Projekt benötige, auszudiskutieren. Die Kommunikation lief ziemlich lange per Email, brachte uns beiden sehr viel, aber ich hatte danach kaum Lust, meinen Laptop je wieder aufzumachen.
Dann möchte ich bald meinen Vater aus meinem Heimatland zu Besuch einladen, damit er seine einzige Enkelin ein paar Wochen schaukeln kann. Er soll übrigens ein Profi im Bereich des Windelwechsels und sonstiger Babypflege sein, was die zahlreichen Fotos aus meiner Kinderzeit belegen. Die Einladung erwies sich als nicht unproblematisch: Meine Behördengänge forderten viel Geduld und mein Informationsbedarf stieg dabei von Tag zu Tag.
Die Elternzeit und Elterngeldfragen habe ich mir von einer Rechtsanwältin erklären lassen, die selbst zwei Kinder hat und sich auf dem Gebiet spezialisiert. Sie hat mich mit einem Haufen Dokumente und einem persönlichen Urplan versorgt, damit ich mir Überblick verschaffen kann. Nicht, dass ich die Broschüre dazu nicht selbst lesen konnte – ich habe es getan. Es ist aber immer besser, zwei Meinungen zu umstrittenen Fragen zu hören. Manchmal kann ja dieselbe Klausel von verschiedenen Menschen völlig anders interpretiert werden.
Dann gibt es noch drei Großbaustellen, die in unmittelbarer Nähe meiner Wohnung betrieben werden. Die Lärmbelästigung war schon seit Anfang Sommer sehr hoch, ab letzte Woche werden die aber auch rund um die Uhr – also auch nachts – betrieben. Der letzte Strich zum Abriss der Umstände meines Mutterschaftsurlaubs. Mein Wunsch nach Ruhe während der letzten Schwangerschaftswochen hat sich langsam aufgelöst.

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Zu früh habe ich dich in meinem Bericht als ruhigen und unproblematischen Bauchbewohner eingeschätzt. Seit vier Tagen habe ich das Gefühl, dass du dich nicht mehr ganz so wohl da drin fühlst – ich spüre deutlich deine kräftigen Tritte; es ist als ob du versuchst, das ein oder andere Organ in meinem Inneren zu zerdrücken. Die vorletzte Nacht konnte ich deswegen kaum schlafen und schreie sogar ab und zu bei einer besonders unerwarteten Bewegung auf. Später habe ich noch immer wiederkehrende Schmerzen im Bauch gespürt, die mich an die Erzählungen meiner Mutter von Wehen erinnert haben. Doch ich habe mir diese etwas anders vorgestellt. Ich rief sie an und habe sie ausgefragt – wir stellten dabei fest, dass meine Schmerzen doch noch keine Wehen sind, sondern dass ich am Vorabend etwas Falsches gegessen habe. Die Täuschung lag an der kolikartigen Natur dieser Beschwerden. Als Max, der danebenlag – er gönnt sich momentan eine längere Auszeit in meiner Nähe – plötzlich auch angefangen hat, dieselben Wehen zu spüren, war ich zwar mitleidig, aber erleichtert.
Eine Nacht danach um ca. 4 Uhr hat es aber richtig angefangen. Jede zehn Minuten spürte ich unmögliche ziehende Schmerzen im Unterleib, die sich auch auf Rücken erstreckt haben. Die Regelmäßigkeit war am Anfang erstaunlich. Zwei gute Stunden habe ich versucht, mich damit abzufinden. Erstens, ich hatte noch kein Gefühl, dass dein Geburtstag kurz bevorsteht, zweitens, ich war zu faul, um mich aus dem Bett zu reißen und ins Krankenhaus zu fahren. Irgendwann waren aber die Abstände zwischen diesen Schmerzanfällen größer, so dass ich dazwischen immer wieder eingeschlafen bin. Dann rief ich irgendwann gegen Mittag meine Leiterin aus dem Kurs zur Geburtsvorbereitung an, und sie klärte mich über die falschen Wehen auf.
Ich bat dich gedanklich die ganze Zeit, noch etwas abzuwarten. Nicht alles ist erledigt, was ich mir vor deiner Geburt vorgenommen habe – noch viel Papierkram wartet auf mich auf meinem Schreibtisch, einiges aus der Liste mit der Erstausstattung für Babies ist noch zu besorgen, und ich habe noch nicht genug Theatervorstellungen und Konzerte besucht (letzte Woche war ich bei drei Veranstaltungen), um mein Bedürfnis danach für die ersten Monate unseres gemeinsamen Daseins zu sättigen. Auf der anderen Seite aber ist meine Neugier auf deine Augenfarbe und deine Gesichtszüge so groß, dass es fast nicht mehr auszuhalten ist. Und auch wenn Schnuller und Wundschutzkreme für dich noch nicht bei uns vorrätig sind, bist du auch schon jetzt sicherlich herzlich willkommen. Du brauchst doch nicht mehr als Nahrung, Kleidung, Wärme und Liebe. Und auf jeden Fall könnte ich mir schon jetzt vorstellen, dich auf die Schnelle mit allen diesen Dingen zu versorgen. Vor allem das Letzte ist schon seit langem und meinetwegen langfristig da. Du bist ja selbst die Verkörperung davon, was dir nun im großen Masse zusteht – „das Kind ist eine sichtbar gewordene Liebe“, so Novalis.



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In diesem Beitrag geht's um:

Wehen, Mutterschaftsurlaub, Elternzeit