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Mit einem Wisch – Dürfen Kleinkinder mit Tablets spielen?

Ob im Restaurant, bei der Zugfahrt oder im Auto, Kleinkinder mit Tablets sieht man immer häufiger. Selbst Zweijährige wischen schon eifrig übers Display. Doch in welchem Alter kann die Nutzung schaden? Die Medienpädagogen von SCHAU HIN! kennen die Antwort und geben Tipps für den angemessenen Umgang.

In diesem Artikel:

Wertvolle Links

Zur Initiative „SCHAU HIN! Was dein Kind mit Medien macht“ www.schau-hin.info

Zur Studie „Digitale Medien in der Lebenswelt von Klein- und Vorschulkindern“ des Deutschen Jugendinstituts DJI www.dji.de

Zur Broschüre „Gutes Aufwachsen mit Medien – Ein Netz für Kinder“

www.sicher-online-gehen.de/gutes-aufwachsen.html

Kleinkinder beim Fernsehen

Regeln und Erkenntnisse zum Fernsehverhalten

Tablet, Smartphone & Co.: Nichts für unter Dreijährige

Ist die Nutzung von Tablet & Co. schädlich für die Kleinen? Dazu sagt Kristin Langer von der SCHAU HIN! Medienberatung: „Die digitale Welt kann das Spielen im Garten und auf dem Spielplatz, ein Treffen mit Freunden oder gemeinsame Erlebnisse in der Familie nicht ersetzen. Wachsen Kinder mit abwechslungsreichen Aktivitäten auf, ist die Balance zwischen realem und digitalen Erleben gewahrt.“

Bezüglich des Alters gibt es aber eine Grenze, ergänzt die Expertin: „Für Kinder unter drei Jahren ist es wichtiger, erst einmal die reale Welt mit allen Sinnen zu erfahren, bevor sie elektronische Medien entdecken. Ab drei Jahren ist die Mediennutzung in überschaubarem Maß möglich, wenn das Kind auch Interesse daran zeigt.“

Kleinkind mit Tablet: Das „Wie“ ist entscheidend

Noch wichtiger als das „Wann“ sei jedoch das „Wie“. „Gerade bei den ersten Schritten in der Medienwelt ist es ratsam, dass Eltern ihr Kind dabei begleiten, Geräte wie Tablets sicher einrichten und geeignete Angebote auswählen.“ Dazu hat die Medienberatung einen kleinen Leitfaden erstellt.

Fünf Regeln für den Umgang mit digitalen Medien

Kurz zusammengefasst, sollten Eltern demnach fünf Punkte beachten:

  1. Das Kind aktiv bei den ersten Erfahrungen mit dem Tablet begleiten.
  2. Das Gerät kindgerecht sichern, um vor ungeeigneten Inhalten und Risiken zu schützen.
  3. Passende und altersgerechte Angebote auswählen.
  4. Klare Regeln zur Nutzung vereinbaren.
  5. Selbst ein Vorbild bei der Mediennutzung sein.

Da Kinder den Eltern gerne nacheifern, fällt das eigene Verhalten besonders ins Gewicht. Wer „medienfreie“ Zeiten einhält, zum Beispiel bei den Mahlzeiten oder gemeinsamen Aktivitäten, animiert damit auch den Nachwuchs, einfach mal abzuschalten.

Unsere Expertin

Mediencoach bei SCHAU HIN!

Kristin Langer ist Mediencoach bei SCHAU HIN! Die diplomierte Medienpädagogin und Mutter einer Tochter hat einiges an Erfahrungen im Bereich der Elternmedienarbeit gesammelt.

Empfohlene Mediennutzungszeiten für Kinder

Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) empfiehlt, je nach Alter des Kindes, folgende Medienzeiten für Tablet, Computer oder Smartphone einzuhalten:

0–3 Jahre: am besten gar nicht

3–6 Jahre: zusammen für alle Bildschirmmedien höchstens 30 Minuten

6–10 Jahre: zusammen für alle Bildschirmmedien höchstens 45–60 Minuten

Und wie sieht es mit Ausnahmen aus? 

Die Expert:innen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) geben dazu folgende Empfehlung:  „Vereinbaren Sie mit Ihrem Kind feste Regeln, wie lange es täglich fernsehen, Computerspiele spielen und Dateien mit Musik oder Geschichten hören darf.  Solche Regeln sind nötig, aber Sie sollten auch Ausnahmen einplanen – zum Beispiel für Regentage oder wenn es darum geht, ein neues Computerspiel zu entdecken. Umgekehrt sollte es auch immer wieder „medienfreie Tage“ geben, an denen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind etwas unternehmen, einen Ausflug oder einen Besuch machen, nach draußen gehen, sich mit der ganzen Familie sportlich betätigen und vieles mehr."

Besser: Digital Detox für Babys Spracherwerb

Mal eben kurz aufs Handy gucken, während man gerade mit dem Baby spielt oder spricht? Besser nicht. Denn schon kleine Ablenkungen können sich negativ auf die sprachliche Entwicklung eines Kindes auswirken. Dies kam gerade bei einem Experiment der Entwicklungspsychologin Kathryn Hirsh-Pasek heraus, bei dem Mütter ihrem zweijährigen Kind ein Wort beibringen sollten. Wurden sie hierbei durch das Mobiltelefon gestört, blieb der Lernerfolg aus. Hatten die Kinder die volle Aufmerksamkeit ihrer Mutter, konnten sie sich das Wort problemlos merken.
Und es gibt noch weitere Faktoren, die die Sprachentwicklung eines Kindes positiv beziehungsweise negativ beeinflussen. Vor allem echte Dialoge, bei denen die Kinder auf die Aussagen der Eltern reagieren und umgekehrt, fördern das Erlernen von Wörtern enorm.

Sprache transportiert Gefühle 

Die reine Aufnahme von Wörtern, wie es zum Beispiel beim Fernsehen der Fall ist, ist dagegen wenig förderlich. Beim Hin und Her eines Dialoges wird das für die Sprachproduktion zuständige Broca-Areal im Gehirn des Kindes angeregt.
Noch wichtiger als der Dialog an sich ist jedoch der emotionale Aspekt: „Beim Austausch zwischen Eltern und Kind spielen nicht nur die Worte eine Rolle, sondern vor allem die Übermittlung von Gefühlen“, erklärt Neurowissenschaftler John Gabrieli, Professor am Massachusetts Institute of Technology. Und das könne weder ein Fernseher noch eine Alexa erreichen.

Auch Kathryn Hirsh-Pasek sieht in den neuen Technologien eine Gefahr für die zwischenmenschliche Kommunikation und will mit ihrer Studie bewusst machen, dass es nichts Wichtigeres gibt, als dem Kind die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Dazu gehört eben auch, dem „Mal-eben-kurz-Nachrichten-Checken“ zu widerstehen. Babys spüren sofort, wenn die Mutter oder der Vater die Aufmerksam auf etwas anderes lenkt und nicht mehr auf seine Laute und Bewegungen reagiert.

Mit zunehmendem Alter können Kinder sogar das Gefühl entwickeln, dass das Handy oder andere Technologien wichtiger sind als sie selbst. 

Schadet Handynutzung dem Kind?

Wer kennt es nicht, das Bild einer Kinderwagen schiebenden Mutter, die aufs Smartphone starrt? Oder Mamas, die auf dem Spielplatz eine Nachricht tippen, während der Nachwuchs auf der Schaukel zum wiederholten Male um einen Anstoß bittet? Jetzt hat eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM) gezeigt, dass die Dauer der Handy-Nutzung die Feinfühligkeit der Eltern tatsächlich beeinträchtigt: Sie waren weniger empfänglich für die Signale ihrer Kinder und reagierten auf ihre Anfragen weniger angemessen. Heraus kam aber auch, dass häufigere kurze Blicke aufs Handy sich nicht negativ auswirken.

Eltern an den Pranger zu stellen liegt Studienleiterin und Kommunikationswissenschaftlerin Lara Wolfers aber fern, zumal das Handy Eltern einiges an Stress ersparen und die Kommunikation unter Gleichgesinnten erleichtert kann: „Die meisten Eltern benutzen das Smartphone in Gegenwart ihrer Kinder sehr reflektiert.“
Sie rät dazu, das „Handy so einzusetzen, dass es den größtmöglichen Nutzen bringt, aber die Interaktion mit den Kindern möglichst wenig stört".