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Baby-Tagebücher von Silke

Hautnah. Intensiv. Liebenswert. Folgt hier den Babytagebuch-Bloger:innen und erlebt regelmäßig, wenn frischgebackene Mütter und Väter ihr Leben mit euch teilen. Jede Woche lassen sie euch an ihrer neuen Lebenszeit mit Baby teilhaben und geben ganz persönliche Einblicke: Was hat der Sprössling diese Woche Tolles gelernt? Wie geht es den jungen Eltern mit dem kleinen Knirps? Welche Herausforderungen begegnen den Neu-Mamas und Neu-Papas mit ihrem Neugeborenen? In den Baby-Tagebüchern seid ihr live dabei, von ersten Arztbesuchen bis zu holprigen Gehversuchen. Ob liebenswert chaotisch oder rührend besinnlich: Immer erhaltet ihr einen unverfälschten, authentischen und persönlichen Einblick in das aufregende Leben einer Jungfamilie.

42. Woche

Es gibt solche und solche Tage

Ein Tag Hitze, dann wieder Regen. Anna ist meist heiter und vergnügt, aber wehe, die Mama steht auf. Das Kind braucht Beschäftigung.

Hallo zusammen!

Die Woche, also Montag, ging wieder einmal so los, dass ich mich schon darauf einstellte, dass Anna anstrengend würde. Daher entschloss ich mich spontan, meine turkmenische Freundin und ihr Baby zu besuchen und fragte bei ihr an. Da sie umgezogen sind, ist der Weg weiter und ich muss U-Bahn fahren. Kann nicht einfach hinspazieren, gut, war auch damals ein so langer Spazierweg, dass ich vorher fragte, ob sie da ist…. Gesagt, getan, bzw. noch Annas Vormittagsschlaf abgewartet und noch schnell die Bettwäsche aufgehängt – es war ein heißer Tag angesagt, das Wetter muss man dann immer nutzen zum Wäschewaschen.

Meine Freundin hatte mir letzte Woche Bilder geschickt von ihrem Baby im Babypool auf dem Balkon. Ich kann nicht leugnen, dass ich bei dem heißen Wetter richtig Lust darauf hatte und hoffte, wir würden den Pool nutzen. Aber sie hatte mich ja auch dazu eingeladen.
Wir waren kurz vor Mittag da und meine Freundin hatte diesmal das Essen schon fast fertig. Für Anna – und auch mich – gab es wieder jede Menge neues Spielzeug zu bestaunen. Die Familie plant ja noch ein paar Jahre hier zu sein, da müssen sie natürlich nicht so auf die Mengen achten. Für Anna freue ich mich da natürlich, dass sie dort so viele verschiedene Sachen ausprobieren und kennen lernen kann. Bücher mit Melodieknöpfen, ein Babypiano, Bilderbücher mit Puzzleteilen. Ich selbst würde wahrscheinlich ganz andere Dinge kaufen. Zurzeit gucke ich viele Videos zu Montessori Pädagogik und entsprechender Einrichtung fürs Kinderzimmer und so. Dabei sammle ich schon manche Anregung für unsere neue Wohnung in Braunschweig. Für hier habe ich da keine großen Ambitionen mehr.

Nach dem Essen machten wir uns daran, den Pool mit frischem Wasser auf den Balkon zu schaffen. Die Kleine meiner Freundin planschte schon fröhlich im Wasser, während ich Anna noch auszog und sie den Pool erst einmal beäugte. Zuhause liebt sie das Baden ja, aber der Babypool war ihr erst einmal suspekt, diese weichen Wände, die sofort nachgaben. Sie saß nackig auf meinem Schoß. Plötzlich will sie runterklettern und setzt sich an anderer Stelle auf den Boden und da sehe ich es auch schon laufen. Wie lieb, sie wollte nicht auf der Mama Pipi machen! Da wir auf dem Balkon waren, war es ja überhaupt kein Thema und außerdem erzählte mir meine Freundin, dass sie ihrer Kleinen momentan überhaupt keine Windeln anziehen wegen der Hitze und, weil sie es nicht mag, nicht mehr zulässt. Stattdessen haben sie ein paar Trainingsunterhosen besorgt und versuchen sie nun auch abzuhalten.

Kurz darauf traute sich Anna dann doch, beziehungsweise ich ermunterte sie und setzte sie in den Babypool hinein. Sie fing auch an, den Pool zu erkunden, sich darin zu bewegen und nach den Spielsachen zu fischen. Es war ihr aber noch etwas unheimlich, der Boden war ja auch ganz anders als in der Badewanne, und sie war bald wieder draußen. Inzwischen wurde es auch schon Zeit für den Mittagsschlaf und wir legten uns mit den Babys hin.
Kurz nachdem wir alle wieder wach waren, etwa eine Stunde später, kam der Mann meiner Freundin nach Hause. Anna weinte diesmal nicht sofort los, aber er musste einiges an babyansprechender Überredungskunst aufwenden, um sie zum Lächeln zu bringen und dazu, sich wieder auf den Boden zu trauen. Das war so unser Montag.

Der Dienstag war total verregnet und Anna und ich verbrachten ihn komplett zuhause. Ich habe mich tatsächlich nicht einmal umgezogen. Manchmal brauche ich solche Tage.
Anna schien auch gut schlafen zu können, am Nachmittag schlief sie richtig lang, bis nach 17 Uhr. Danach war sie ordentlich hungrig und aß ganz eigenständig eine Banane in ihrem Hochstuhl sitzend. Während sie so aß, bastelte ich aus Karton eine Permanenzbox, wie ich sie in einem Video zu Montessori gesehen habe. Ich habe einfach einen Schuhkarton zugeschnitten. Ist natürlich nicht so schön wie aus Holz und die Kugel oder andere Sachen kullern nicht so leicht heraus, aber es geht schon mal fürs Prinzip. Es soll den Kleinen helfen, Objektpermanenz zu erkunden. Anna fand es auch total lustig, als ich es ihr beim Basteln schon mal präsentierte. Und sie guckte auch den Sachen hinterher, wenn man sie durchs Loch hineinwarf, und suchte sie. Dazu nimmt sie das ganze Ding dann in die Hand und schüttelt. Mal kommt was raus, mal bleibt es hängen. Aber sie ist noch nicht soweit, dass sie selbst etwas hineinwerfen würde. Dass sie am Nachmittag lange und bis spät geschlafen hatte, rächte sich abends etwas. Sie brauchte lange, um einzuschlafen. Insgesamt war es aber ein schöner Tag. Anna und ich spielten viel und hatten eine Menge Spaß.

Trotzdem es spät geworden war, wachte Anna am Mittwoch früh auf. Wir hatten das Baden am Vortag weggelassen und so wollte ich Anna an diesem Morgen das erste Mal mit unter die Dusche nehmen. Das will ich auch üben. Das einzige offensichtliche Manko der neuen Wohnung in Braunschweig ist nämlich, dass es keine Badewanne gibt. Dafür ist aber ein Schwimmbad in wenigen Minuten zu Fuß erreichbar. Es klappte ganz gut. Anna war erst recht verwundert, aber auf meinem Arm war sie ganz in Ordnung. Machte immer wieder die Augen zu, weil eben doch ein paar Tropfen sie erreichten.

Danach konnte sie gut in den Vormittagsschlaf finden und dann ging‘s wieder einmal zum Kindertreff in der Nachbarschaft. Anna und ich waren bestimmt eine halbe Stunde die einzigen Gäste. Dann kam eine Mama mit ihrem kleinen Jungen, der aber schon gut laufen kann. Wenn ich richtig verstanden habe, ist er schon zwei Jahre alt. Leider findet er Anna wohl etwas unheimlich, er möchte nicht mit ihr spielen. Sie aber mit ihm. Das führte dazu, dass er manchmal schnell wieder seine Meinung änderte womit er spielen wollte, wenn Anna es ihm dann gleich tun wollte oder sogar ins andere Zimmer hinterher krabbelte. Es ging sogar soweit, dass er einmal richtig zu weinen begann. Der Arme! Und die arme Anna, die verstand gar nichts. Aber zwei Tage vorher war es ihr manchmal mit dem Baby meiner Freundin genauso gegangen, dass ihr die andere zu aufdringlich war und sie bei mir Schutz suchte und fast weinte. Nun, daran muss ich mich auch erst einmal gewöhnen, dass jetzt das Lernen von Sozialverhalten langsam losgeht. Ein neues Thema, um das viel diskutiert wird, wie mir scheint. Eingreifen oder besser nicht? Aber das kommt wohl sehr aufs Alter an.

Der Donnerstag hielt einen besonderen Termin bereit. Unser nächster und wohl letzter Check up im Bezirksamt hier stand an. Genau um 15 Uhr 10. Puh, genau in Annas Schlafenszeit. Deshalb hatte ich mir einen Plan zurechtgelegt, dass ich wir nach dem Mittagessen rausgehen würden und sie dann hoffentlich vorher im Kinderwagen schlafen sollte und dann ausgeschlafen dort ankommt. Natürlich lief es wieder einmal völlig anders. Anna war schon kurz nach dem Essen deutlich müde und quenglig und so legten wir uns schon um 13 Uhr gemeinsam hin. Sie wachte eine knappe Stunde später schon wieder auf, musste groß auf Toilette und danach konnten wir bequem das Haus verlassen. Auch gut. Vorher noch artig Fieber messen.

Angekommen wurden wir nach unserem Gesundheitszustand und Temperatur gefragt und diese wurde noch gemessen. Außerdem mussten wir beide (!) mit Alkohol die Hände desinfizieren. Dann kam die Übersetzerin dazu, die auch im Februar dagewesen war.
Mit Anna war alles bestens. Aber wieder mal versteh ich die Japaner nicht. Da bekomme ich schon einen Fragebogen vorab zugeschickt und fülle ihn aus und anstatt zusätzliche Fragen zu stellen oder Unklarheiten nachzufragen, werde ich genau den Bogen mit meinen Antworten vor der Fragenden liegend erneut abgefragt. Und es handelt sich Großteils um bekannte Daten sowie Ja-/Nein-Fragen! Anna quengelte und war schnell total gelangweilt, sie wollte unterhalten werden. Ich stand immer wieder auf, weil sie sich nicht so ohne weiteres beruhigte. Ich verstand manchmal mein eigenes Wort nicht mehr, geschweige was die anderen sagten, mit Anna am Ohr und alle mit Masken… Aber alle Fragen mussten noch einmal mündlich durchgekaut werden - uah! So unflexibel.
Danach mussten wir erneut etwas warten, bis wir zum Messen gerufen wurden und danach zur Kinderärztin. Sie hörte Anna ab, fragte nach ihrem Gehör und guckte sich Bauch, Hüfte und Popo an. Letzteren wegen dem wahrscheinlichen Mongolenfleck oder Feuerzeichen, das Anna da hat. Ist immer noch da, unauffällig. Sie fragten nach der Untersuchung in Deutschland, die ich ja wegen des Virus damals abgesagt hatte. Klar… Fand ich toll, dass sie sich daran erinnerten, bzw. sich das notiert hatten.
Weil ich selbst eine Hüftdysplasie als Baby hatte, riet diese Ärztin mir nun doch einmal zu einer Beratung zu gehen. Ich war sofort alarmiert. Dann wäre doch was?
Nein, nichts aktuell, aber weil es teilweise erblich ist, empfehle sie mir eine Beratung, wo man mir, so habe ich das verstanden, sagen würde, worauf ich achten sollte und welche Übungen vielleicht vorbeugend gut wären. Das natürlich auf Japanisch. Puh. Mal sehen, ob ich das wirklich noch mache oder mich lieber dann in Deutschland dazu beraten lasse. Wenn wir zurück sind steht ja auch in Deutschland eine Standarduntersuchung zum ersten Geburtstag an.

Auf dem Heimweg machten wir einen Abstecher zum Spielplatz, wurden aber beide so von Ninjamücken attakiert, dass wir schnell die Flucht ergriffen. Also, ich nenne die Biester Ninjamücken, weil man sie gar nicht hört, nur plötzlich den Stich spürt, das Jucken. Anna scheint das tatsächlich herzlich wenig auszumachen. Mir dafür umso mehr. Im ersten Jahr hier fragte ich mich, warum fast alle mit langen Hosen oder Röcken und oft festen Schuhen rumliefen. Nach dem ersten Zusammentreffen mit den hiesigen Mücken wurde es mir klar und ich zog mich auch entsprechend an. Aber sie stechen sogar durch meine Hose!

So anstrengend es mit Anna auf dem Bezirksamt war, ging es zuhause leider weiter. Nach der „Oh je, ich wachse“ App ist Anna auch genau an dem Tag in den nächsten Entwicklungssprung gestolpert. Ich konnte sie nicht absetzen oder durfte mich nicht vom Boden wegbewegen. Der Freitag war noch schlimmer. Mittags war ich mit meinem Mann verabredet, weil wir einen allgemeinen Check up Termin für mich nutzen wollten. Die gibt es in Japan ab einem gewissen Alter von der staatlichen, aber auch den privaten Krankenkassen organisiert und es werden einfach die typischen Sachen durchgecheckt. Vor Ort hieß es dann leider, dass die Untersuchung wegen Corona ausfällt. Ich war schon vom Vormittag so k.o., dass mein Mann mitleidig mit mir nach Hause kam und mich den Rest des Tages unterstützte.

Ähnlich in Punkto vor verschlossenen Türen stehen, erging es uns am Samstag. Es regnete und wir wollten am Nachmittag in ein Sake-Brauerei-Museum gehen. Leider hatte das Museum wegen Corona geschlossen, der Souvenirshop aber hatte offen. Was glaubt ihr, gab es da zu kaufen? Neben allem, was mit Sake zu tun hat, gab es Bier aus der angeblich ältesten Brauerei der Welt: echtes Weltenburger Bier! Da mussten wir einfach zugreifen, seufz.

Auch für gestern war den ganzen Tag Regen angesagt. Damit Anna mal wieder wo anders spielen könnte als nur zuhause, wollte ich in eine größere Mall. Wir brachen so auf, dass wir dort Mittag aßen. Anna war sehr abgelenkt, beobachtete alles um sich herum und da gab es ja so viel zu sehen: andere Kinder und Familien beim Essen, so viel verschiedenes Essen. Sie aß aber dann doch zwei Beutel Brei plus Stückchen von meinem koreanischen Hähnchen, die ich für sie von der Panade befreite. Sie will jetzt mehr und mehr dasselbe essen wie wir und nicht mehr so gern ihren Brei. Wenn sie auch Stückchenkost in die Hand bekommt, nimmt sie aber bisher auch immer wieder einen Löffel Brei an. Wahrscheinlich hat sie mehr Hunger darauf, als sie selbst über die Stückchen essen könnte. Für morgens muss ich mir jetzt immer mehr einfallen lassen. Noch einen Brei möchte ich nicht machen. Dann lieber Dinkelcracker und ähnliches backen, was ich auch einfrieren kann.
In der Mall konnte Anna tatsächlich noch eine Weile in der Krabbelecke verbringen. Dort war es auch nicht so voll. In dem Foodcourt hatten wir schon langsam Bedenken bekommen. Ein Gesundheitscheck und ein Museum haben immer noch zu wegen Corona, aber die Malls sind offen und gut besucht… Was soll man davon halten. Aber man muss halt vor allem selbst aufpassen und immerhin tragen hier praktisch 99% der Leute Mundschutz. Allerdings ja nicht beim Essen….

Nun, wir spazierten noch einmal durch die Tierabteilung und diesmal erkannte Anna einige Tiere und war sichtlich angetan, sie live zu sehen. Mir tat dagegen wieder das Herz weh beim Anblick der kleinen Käfige.
Ein weiterer Grund für den Besuch der Mall war, dass es auch hier eine Filiale des Brillenladens gab, wo wir in der Vorwoche meine neue Brille hatten machen lassen. Nun sollte mein Mann eine bekommen und wurde auch fündig. Die Wartezeit überbrückten wir mit einem Kaffee und Anna mit Stehübungen auf einer Bank. Solange es solche Möglichkeiten für sie gibt, ist sie derzeit glücklich. Und die laute Umgebung schien ihr diesmal wieder gar nichts auszumachen. Zurück zuhause und nach ihrem Mittagsschlaf im Wagen, spielte sie den restlichen Nachmittag und auch Abend ganz in sich versunken allein. Sie war richtig im Flow, verglich meine Bauchtasche mit der Picknickdecke und der Trage. Holte alle erreichbaren Magnete von der Kühlschranktür. Eigentlich wollte ich sie früh ins Bett bringen, aber ich habe es total vergessen. Mein Mann und ich konnten auch einiges ungestört besprechen und haben uns jetzt dazu entschieden, lieber doch die meisten Möbel am Ende der Zeit von einem Secondhandladen einfach abholen zu lassen, anstatt sie selbst über Kleinanzeigen zu verkaufen. Ohne Kind wäre das vielleicht gut möglich, aber mit Anna merke ich ja, wie viel Zeit es kostet, ein paar Sachen loszuwerden. Dann auch noch das Timing und mit vielen verschiedenen Leuten schreiben müssen, wer wann was abholt. Es macht mir zwar auch Spaß, aber es wird nun doch immer mehr zum Stress. Lieber zahlen wir ein bisschen drauf und haben aber Lebensqualität bis zum Auszug.

Ich wünsche euch eine schöne Woche und sende liebe Grüße aus Kyoto! Bleibt gesund!

Silke

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Dir alles Gute,

Anke (kidsgo-Tagebuch-Betreuerin)

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