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Fahrrad fahren mit Kindern: Worauf achten?

Rollt bei uns! Reinsetzen, anschnallen und los geht’s! Immer mehr Familien steigen um aufs Fahrrad. Sie wollen nachhaltiger und umweltbewusster leben. Wie das mit mehreren Kids funktionieren kann, zeigt uns die radelbegeisterte Vierfach-Mama Inke aus Osnabrück.

In diesem Artikel:

Fahrrad-fahren mit Kindern: umweltbewusst und nachhaltig

Zwei Ereignisse brachten Inke dazu, künftig nicht nur privat, sondern auch beruflich vom Auto aufs Rad umzusteigen: „Der Leasingvertrag für meinen Firmenwagen lief im Jahr 2020 aus. Und: Zur selben Zeit wurde für Selbstständige an unserem Wohnort Osnabrück eine Förderung für Lastenräder eingeführt.“ Weil die 32-Jährige als Fotografin viel unterwegs ist und die Parkplatzsuche schon immer lästig fand, hat sie sich gemeinsam mit ihrem Mann entschieden, komplett aufs Lastenrad umzusteigen.

Bei privaten Aktivitäten hatten ihr Mann Daniel (38) und sie ohnehin schon fast alles per Pedale erledigt – selbst der Transport ihrer vier Kinder Laurenz (11), Julius (9), Elise (4) und Anton (2) hinderte sie nicht daran. Ihr Familien-Auto haben sie zwar nicht verkauft, aber das nutzen sie inzwischen nur noch für Großeinkäufe oder Urlaubsfahrten. „Mit dem Fahrrad sind wir aber hier in Osnabrück einfach viel schneller und unkomplizierter unterwegs“, ist Inkes Erfahrung. Und umweltbewusst und nachhaltig ist es allemal, für Inke ein sehr wichtiger Aspekt.

Vom Fahrrad-Anhänger zum Lastenrad

Als ihre beiden ersten Kinder im Kleinkindalter waren, nutzten Inke und Daniel ihren Zweisitzer-Fahrradanhänger hauptsächlich für ihre Familienausflüge. Für die täglichen längeren Fahrten vom Stadtrand in die City war diese Art der Fortbewegung bald zu beschwerlich.

Inke Gehrling

Inke GehrlingInke Gehrling ist unter dem Namen „Hinke Pinke" als Fotografin in Osnabrück tätig. 2020 hat sie sich dazu entschieden, ihren Firmenwagen gegen ein Lastenrad einzutauschen. Seither erledigt sie Fahrten zu Fototerminen als auch private Fahrten und den Transport ihrer vier Kinder autofrei und genießt es, weder Parkplätze suchen noch im Stau stehen zu müssen.

hinkepinke.com

Die Dinge änderten sich, als ihnen ein Freund ein dreirädriges Lastenrad zum günstigen Preis anbot. „Doch für längere Strecken war diese Transportart nicht ganz optimal. Bevor sich der E-Motor dazuschaltete, mussten wir erst kräftig in die Pedale treten.“

Ein Lastenrad, erklärt Inke, bringe aufgrund des größeren Rahmens und der massiveren Bauweise schon ziemlich viel an Eigengewicht mit sich. Das Anfahren wird deshalb zu einem echten Kraftakt. „Trotzdem: Für kleinere Erledigungen und kurze Kindertransporte habe ich es sehr gerne genutzt.“

Dennoch liebäugelten Inke und Daniel immer wieder mit einem vielseitiger einsetzbaren Lastenrad. Und dann kam die offizielle Förderung der Stadt. Genau zum richtigen Zeitpunkt für Inke und Daniel.

Der Zuschuss war drin beim Kauf eines Lastenpedelecs. So heißen Lastenräder mit E-Motor, der bei Betätigung der Pedale den Antrieb unterstützt. Sogenannte „E-Bikes“ hingegen fahren per Knopfdruck auch ohne Pedalunterstützung. Doch diese müssen ab einer Geschwindigkeit von sechs Stundenkilometern für den Straßenverkehr erst zugelassen werden.

Kinder mit dem Fahrrad transportieren: immer genügend Power?

Inkes Antrag auf Förderung wurde bewilligt. Inzwischen war ihr und ihrem Mann klar, worauf sie nun beim Kauf besonders achten würden: „Es sollte ein Motor sein, der sich direkt beim Beginn des Fahrens schon dazu schalten lassen kann.“ Sie entschieden sich für ein Modell, bei dem sich dies – und auch das Maß an elektrischer Unterstützung – individuell einstellen lassen. „Mittlerweile bin ich mit einem Douze G4 unterwegs und erledige den kompletten Stadtverkehr damit. Ob zum Einkaufen, für den Kindertransport oder berufliche Fahrten.“ Wichtig war ihr auch, dass das neue Lastenrad ein Regenverdeck hat: „So kann ich auch bei Wind und Wetter fahren und das Verdeck schützt auch vor Dreck, Nässe und Schnee.“

So wie Inke und Daniel machen es inzwischen viele. Der Transport der Kinder mit einem Lastenrad liegt im Trend und ist ökologisch, sportlich und gesund.

„Selbst anstrengend muss es heute nicht mehr sein“, sagt Olaf Gerling, Inhaber des Radladens e-bike-family.de, einem auf Lastenräder spezialisierten Fahrradhandel in Göttingen. „Wegen des höheren Gewichts sind fast alle Lastenräder heute Pedelecs und zur Sicherheit auch mit Scheibenbremsen ausgestattet.“

Das richtige Lastenfahrrad für die eigene Familie zu finden sei jedoch nicht so einfach. Auch könne er keine pauschale Empfehlung dazu geben, welches das „beste“ Modell sei. So unterscheidet man etwa zwischen zweirädrigen Long-Johns, dreirädrigen Lastenrädern und den sogenannten Longtails, die dem normalen Fahrrad am ähnlichsten sind und einen verlängerten Gepäckträger haben.

Sie alle haben ihre Vor- und Nachteile. Bei der Auswahl sollten daher noch so einige Fragen geklärt werden, wie Rad-Experte Olaf Gerling erläutert:

  • Wie viele Kinder möchte ich mitnehmen?
  • Wie sieht meine typische tägliche Fahrstrecke aus?
  • Wo wird das Lastenrad geparkt – gibt es genug Platz?
  • Wie kann ich für die Sicherheit während der Fahrt sorgen?

Fahrrad fahren: „Die Kids finden es alle cool“

Inke hat sich diese Fragen vor dem Kauf gestellt und Antworten gefunden. „Ich habe mich für ein zweirädriges Lastenrad mit vier Sitzplätzen entschieden, obwohl meine beiden älteren Söhne mit elf und neun ja schon recht groß sind.“ Wenn die beiden nach der Schule direkt mit zu einem Kumpel gehen, holt Inke sie mit dem Lastenrad wieder ab. „Manchmal nehme ich sogar noch die Freunde mit.“

Tochter und Sohn im FahrradanhängerAber ist das mit vier großen Kindern nicht etwas eng? Inke lacht: „Also besonders komfortabel ist es natürlich nicht, aber irgendwie auch kuschelig.“

Ihre anfängliche Sorge, dass gerade die älteren Kinder keinen Bock darauf haben könnten und doch lieber mit dem Auto abgeholt werden wollen, hat sich nicht bestätigt: „Ganz im Gegenteil, die Kinder finden es alle cool. Zum einen weil sie auch viel durch die Fridays for future-Bewegung mitbekommen haben und auch schon umweltbewusst denken. Zum anderen weil sie merken, dass es mit dem Fahrrad im Stadtverkehr erheblich einfacher ist.“

Fachmann Olaf Gerling erklärt die Vor- und Nachteile der Dreirad-Modelle: „Sie bieten tatsächlich viel Platz – für bis zu sechs Kinder! Ob voll beladen an der Ampel oder beim Ein- und Aussteigen der Kleinen sind sie durch die drei Räder auch sehr standsicher.“

Ungewohnt sei allerdings das Fahrverhalten: „Diese Lastenräder neigen sich nicht in die Kurve und bei schneller Fahrt ist mehr Aufmerksamkeit nötig. Vor Kurven muss man abbremsen und langsam fahren. Ein Kleintransporter ist eben kein Sportwagen.“ Am häufigsten sieht man nach seiner Einschätzung die zweirädrigen Long-John-Modelle. „Diese bieten meistens Platz für zwei Kinder. Sie fahren sich fast wie ein normales Fahrrad: schnell, sportlich und mit gewohnter Kurvenneigung.“

Nur mache ihre Länge von mehr als 2,5 Metern das Rangieren vor dem Kindergarten oder beim Parken zu einer anspruchsvollen Angelegenheit. „Auch das erforderliche Balancehalten an der Ampel und beim Ein- und Aussteigen der Kinder ist nicht für jeden das Richtige.“ Wer einen Kompromiss sucht, könnte bei den Dreirädern mit Neigetechnik das Passende finden: „Sie bieten im Stand viel Sicherheit und bei der Fahrt auch die Möglichkeit, die Kurven mit seitlicher Neigung zu fahren, so wie man es vom Fahrradfahren her auch gewohnt ist.“ Er nennt ein Beispiel: „Das chike e-kids, eine Entwicklung von Lastenradfahrern aus Köln, ist leicht, klein und hat eine sehr komfortable und sichere Kabine für zwei Kinder. Obwohl der Grundpreis mit fast 6.000 Euro hoch ist, entscheiden sich viele Kunden nach einer Testfahrt für dieses Lastenrad, einfach weil sie so begeistert sind.“

Fahrradfahren mit Kindern: Ist das auch wirklich sicher?

Um in der Großstadt sicher unterwegs zu sein, hat Inke darauf geachtet, dass ihr neues Lastenrad gute Gurtverschlüsse hat und nicht so leicht umkippt: „Es ist so konstruiert, dass es gar nicht dolle zur Seite kippen kann, sondern so auf 45 Grad liegen bleibt. Und natürlich fahren alle mit Helm.“ „Wir haben an Kindertransportmitteln alles, was es so gibt, auch einen Fahrradsitz und auch weiterhin unseren Anhänger, und alle haben auch ein eigenes Rad. Anton, unser Kleinster, fährt Laufrad.“ Je nach Anzahl der Kinder, Strecke oder Wetter setzt sie diese Transportmittel ein.

Mit dem Lastenrad fühlt sich Inke am sichersten. Ihre Erfahrung: Sie wird auf dem riesengroßen Fahrrad irgendwie mehr als vollwertige Verkehrsteilnehmerin wahrgenommen.

Die richtige Wahl für den Kindertransport treffen

Inzwischen gibt es bereits mehr als 50 verschiedene Lastenradmodelle. Und das nicht ohne Grund, sagt Experte Olaf Gerling. „Die Familien haben verschiedene Wünsche und Nutzungsverhalten, einen unterschiedlichen Transportbedarf und wollen meist auch Autofahrten umweltfreundlich mit dem Lastenrad ersetzen.“ Auch für die Finanzierung hat er einige Tipps: „Oft helfen – so wie bei Inke – regionale Förderungen, und auch viele Arbeitgeber unterstützen die Anschaffung durch ein Fahrrad-Leasing. So kann man den Kaufpreis über drei Jahre in kleinen Raten bezahlen und spart hierbei noch bis zu 37 Prozent der Anschaffungskosten.“

Vor dem Kauf eines Lastenrades sollten unbedingt eine Beratung und eine ausgiebige Probefahrt erfolgen. „Gerade der persönliche Eindruck und der Fahrspaß sind entscheidend für die richtige Wahl eines Lastenfahrrades“.

Lastenrad oder Anhänger?

Welches Transportmittel kommt für wen infrage? Wir haben für dich eine Checkliste zusammengestellt, die euch hilft, für eure Familien- und Alltagssituation das passende Gefährt zu finden.

Eigenschaft Lastenrad Anhänger
Zuladung
  • mit extra starkem Rahmen ausgestattet und speziell auf hohe Lasten ausgelegt
  • bis zu 200 kg Zuladung möglich
  • bis zu 50 kg Zuladung möglich
Kapazität
  • Mitnahme von bis zu 4 Kindern möglich
  • Transport von bis zu 2 Kindern möglich
Babytransport
  • Babyschalenträger für Kasten
  • manche Lastenräder verfügen über Isofix-Haltebügel
  • Hängematte mit Federung
Altersgrenze
  • Solange sie mitfahren wollen
  • bis 5 Jahre
Passagiere im Blick
  • bei einem Long John und Dreirad hast du die Kinder immer im Blick
  • Kinder während der Fahrt außerhalb der Sichtweite
Fahrgefühl
  • Dreirad: leicht und gemütlich
  • Long John: sportlich und schnell
  • Backpacker: fährt sich wie ein normales Fahrrad
  • Wie ohne Anhänger, jedoch durch die verlängerte Gesamtgröße längerer Bremsweg und größerer Wendekreis
Spaßfaktor
  • Kinder sehen mehr durch höhere Sitzposition, haben mehr Platz, können sich in manchen Modellen gegenübersitzen und haben generell mehr Interaktionsmöglichkeiten
  • Kinder müssen am Zielort nicht aus der Kabine genommen werden und können weiterschlafen
Mitnahme
  • Eher schwierig, weil groß und schwer
  • Zusammenfaltbar und somit gut zu transportieren, z. B. für den Urlaub
  • Passt an viele Fahrradmodelle
  • Kann dank Deichsel vom Rad abgekoppelt werden
Preis
  • ab 999 €
  • ab 450 Euro