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Haushaltshilfe - Was Familien im Krankheitsfall der Hauptbetreuungsperson zusteht

Wer sich schon mal mit Kleinkind zu Hause durch eine fiebrige Erkältung gequält hat, weiß: Ein Ausfall von Mama oder Papa ist im System „Familie“ einfach nicht vorgesehen. Was aber, wenn es um mehr als einen Schnupfen geht, wenn die Erkrankung langwieriger ist oder gar ein Krankenhausaufenthalt nötig wird? So findest du Hilfe.

In diesem Artikel:

SOS in der Familie – So findest du Hilfe

Mareike war im fünften Monat schwanger, als vorzeitige Wehen sie zur Ruhe zwangen. Sie musste sogar ins Krankenhaus. Ein Umstand, der sich mit der dreijährigen Carola und der gerade mal anderthalbjährigen Lena schwer vereinbaren ließ. Zunächst sprang die Schwiegermutter ein – aber auch die konnte zu Hause nicht alles auf Dauer stehen und liegen lassen. Also musste eine professionelle Haushaltshilfe gefunden werden. Mareike bekam sie – von ihrer Krankenkasse.

Anspruch auf Haushaltshilfe

Denn als Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse hat sie Anspruch auf Haushaltshilfe im Falle von stationären Behandlungen. Das ist im Sozialgesetzbuch (SGB) V geregelt. Es gilt für erziehende Mütter und Väter, in deren Haushalt mindestens ein Kind lebt, das noch nicht zwölf Jahre alt oder wegen Behinderung oder Krankheit auf Hilfe angewiesen ist. Bedingung ist auch, dass kein anderes Familienmitglied das erkrankte Elternteil vertreten kann. In Mareikes Fall musste ihr Partner täglichen Arbeit ud konnte nicht freigestellt werden. Die Kosten für die Haushaltshilfe konnte Mareike bei ihrer Krankenkasse geltend machen.

Wäre Mareike dagegen zuhause krank oder würde ambulant behandelt, hätte sie nicht grundsätzlich gesetzlichen Anspruch nach SGB V. Da lohnt sich ein Anruf oder der Blick in die Satzungs- und Mehrleistungen der Krankenkasse. Viele Kassen übernehmen auch im Fall etwa von ambulanten OPs, Chemotherapien oder psychotherapeutischen Behandlungen die Kosten für eine Haushaltshilfe. Zudem haben sie die Altersgrenze von im Haushalt lebenden Kindern freiwillig auf 14 Jahre herauf gesetzt. Für private Krankenversicherungen gilt der gesetzliche Anspruch leider nicht. Tipp: Auf einen Vertrag achten, der das Risiko „Ausfall der Haushaltsführung“ mit einschließt.

Vorteil für Schwangere

Grundsätzlich wird eine Haushaltshilfe nur für die Zeiten bewilligt, in denen das Kind oder die Kinder nicht ohnehin in Kita oder Schule betreut sind. Zudem müssen Familien einen Eigenanteil an den Kosten leisten. Dieser beträgt zehn Prozent der Gesamtkosten – aber mindestens fünf und höchstens zehn Euro pro Tag. Ausnahmen bilden Schwangerschaft und Entbindung. Hier legt die Reichsversicherungsordnung (RVO) in § 199 fest, dass keine Zuzahlung seitens der Krankenkasse erhoben und eine Haushaltshilfe auch gewährt wird, wenn kein weiteres Kind unter zwölf im Haushalt lebt.

Wie wäre Mareike aber abgesichert, wenn sie zum Beispiel nach einem Unfall auf dem Weg zur Arbeit ausfällt? Hier springt die gesetzliche Unfallversicherung (§ 42 SGB VII) ein. Bei Pflegebedürftigkeit ist es die Pflegeversicherung (§ 36 SGB XI). In Einzelfällen können auch die Kinder- und Jugendhilfe (§ 20 SGB VIII) oder die Sozialhilfe (§ 70 SGB XII) Hilfen zur Weiterführung des Haushalts gewähren.

Der erste Gang führt zum Arzt

Wer eine Haushaltshilfe aufgrund von Krankheit beantragen möchte, muss zunächst zum Arzt. Dieser stellt ein Attest aus, das bei der Krankenkasse eingereicht wird. „Nicht selten entscheidet schon die Qualität des Attestes darüber, ob und wie schnell ein Antrag bewilligt wird“, erzählt Elisabeth Groß, Fachbereichsleiterin des Dorfhelferinnenwerks der Caritas. Wichtig: Ist im Antrag eine konkrete Stundenzahl benannt, für die Hilfe benötigt wird? Sind nachvollziehbare Gründe angegeben? 

Gleichzeitig muss man eine gute Haushaltshilfe finden. Übernehmen der Partner oder Verwandte oder Verschwägerte den Job, so erhalten sie kein Geld. Lediglich Fahrtkosten oder ein Anteil vom Verdienstausfall bei unbezahltem Urlaub sind anrechenbar. Für jede andere selbst beschaffte Hilfe zahlt die Krankenkasse einen festgelegten Tages- oder Stundensatz. Wer nicht weiß, wie und wo er eine Hilfe finden soll, kann seine Krankenkasse kontaktieren. „Wir dürfen zwar keine gezielten Empfehlungen aussprechen, kennen aber die Anbieter vor Ort“, erklärt Axel Wunsch, Pressesprecher der Barmer GEK. Oft haben die Kassen auch Verträge mit karitativen Einrichtungen.

Eine seriöse Hilfe finden

Elisabeth Groß vom Südbadischen Dorfhelferinnen-Werk etwa koordiniert 279 Familienpflegerinnen und einen Familienpfleger. Fälle wie Mareike hat sie täglich: „Im Regelfall springen zunächst Freunde, Nachbarn und Verwandte ein. Wir als professionelle Helferinnen kommen meist erst, wenn es richtig schwierig wird und das eigene soziale Netz die Situation nicht mehr auffangen kann.“ Das ist verständlich, findet sie: Schließlich gehört viel Vertrauen dazu, eine fremde Person so nah ins eigene Familienleben zu lassen. 

Anbieter für Haushaltshilfen gibt es viele – aber nicht alle arbeiten mit ausgebildeten Kräften, die nach Tarif bezahlt werden. Auch hier lohnt es, Informationen einzuholen und gezielt nachzufragen. Ebenso wichtig ist, dass es einen übergeordneten Ansprechpartner gibt.

Was dir zusteht, wenn die Kleinen krank werden

Es ist ein ungeschriebenes Gesetz – Fieber, Magen-Darm-Infekt oder undefinierbare Pusteln bekommen Kinder immer dann, wenn Mama oder Papa eigentlich zur Arbeit müssen. Das erwartet von Eltern ein Höchstmaß an Flexibilität und Einfallsreichtum. Zum Glück lässt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) Mütter und Väter in diesen Fällen nicht allein. So sind Arbeitgeber gemäß § 616 BGB grundsätzlich verpflichtet, die Vergütung weiter zu zahlen, auch wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vorübergehend – bis zu fünf Tage – in Ausnahmesituationen frei gestellt werden muss – etwa für die Pflege und Betreuung eines kranken Kindes. 

Wermutstropfen: Viele Arbeits- und Tarifverträge schließen diese Lohnfortzahlungspflicht ausdrücklich aus. In diesem Fall können gesetzlich krankenversicherte Eltern auf das Sozialgesetzbuch (SGB) V zurückgreifen – und sich partiell sogar verbessern. Danach haben Eltern Anspruch auf Freistellung von der Arbeit zur Betreuung ihres kranken Kindes, so lange dieses noch nicht zwölf Jahre alt ist und ein ärztliches Attest existiert. Jedes Elternteil erhält gemäß SGB V dann zehn Arbeitstage pro Kind und Jahr, bei mehreren Kindern jedoch höchstens 25 Tage. Eltern mit drei Kindern haben also zusammen Anspruch auf 50 Kinderkrankheitstage pro Jahr. An denen zahlt die Krankenkasse dann statt Arbeitslohn sogenanntes „Kinderkrankengeld“ – allerdings nur in Höhe von 70 Prozent des Bruttoverdienstes.

Freistellung übertragbar

Kann ein Elternteil nicht von der Arbeit freigestellt werden, kann der Anspruch auch auf das andere Elternteil übertragen werden, auch wenn beide bei unterschiedlichen gesetzlichen Krankenkassen versichert sind. Ist ein Kind schwersterkrankt, besteht ein Anspruch auf unbefristete Freistellung, und das Krankengeld wird über die 50-Tage-Regel hinaus gezahlt. Freiwillig gesetzlich versicherte Selbstständige müssen sich bei Vertragsabschluss entscheiden, ob sie einen Anspruch auf Krankengeld mit versichern wollen oder nicht.

Experten-Interview - Was leisten die Krankenkassen?

Haushaltshilfen sind im Krankheitsfall eine wichtige Entlastung für Familien. Im kidsgo-Interview erklärt Axel Wunsch von der Barmer GEK, was von den Kassen wie schnell geleistet wird.

kidsgo: Für viele Stunden täglich würde meine Krankenkasse mir eine Hilfe bezahlen?

Axel Wunsch: Der Anspruch richtet sich danach, in welchem Umfang der Haushalt bisher selbst geleistet wurde und für wie viele Stunden die Verhinderung eine fremde Hilfe erforderlich macht. Einer nicht berufstätigen alleinerziehenden Mutter eines Säuglings, die ins Krankenhaus muss, würde die Barmer GEK eine Haushaltshilfe für 24 Stunden täglich bezahlen.

Experten-Interview

Experten-Interview - Was leisten die Krankenkassen, wenn die Mutter krank istAxel Wunsch von der Barmer GEK erklärt was im Falle einer Erkrankung der Mutter von den Kassen wie schnell geleistet wird.

kidsgo: Wie lange kann ich eine Haushaltshilfe in Anspruch nehmen? Wie sieht das aus, wenn ich schwerkrank bin oder eine Erkrankung sehr langwierig ist?

Axel Wunsch: Haushaltshilfe gibt es grundsätzlich so lange, wie die sie auslösende Ursache andauert. Sie ist also zum Beispiel auf die Dauer eines Krankenhausaufenthalts oder einer Vorsorgemaßnahme beschränkt. Die Hilfe soll ja einen vorübergehenden Engpass in der Haushaltsführung überbrücken. Die Dauer ist außerdem davon abhängig, ob es sich um eine gesetzlich geregelte oder eine Satzungsleistung der jeweiligen Krankenkasse handelt. Nicht alle Krankenkassen haben den gesetzlichen Anspruch freiwillig erweitert. Die Barmer GEK hat dies allerdings getan. Wir leisten über den Rechtsanspruch hinaus für bis zu 3 Monate auch bei ambulanten Verhinderungsgründen, oder wenn nur ältere Kinder (über 12 und bis zu 14 Jahren) im Haushalt leben.

kidsgo: Welche Kosten pro Tag oder Stunde werden maximal für eine Haushaltshilfe erstattet?

Axel Wunsch: Bei Verwandten und Verschwägerten bis zweiten Grades können tatsächlich entstandene Kosten (also Verdienstausfall und Fahrkosten) angemessen ersetzt werden. Das regeln die Krankenkassen individuell. Bei nicht verwandten oder verschwägerten Haushaltshilfen werden die nachgewiesenen Kosten in angemessener Höhe erstattet. Wenn etwa eine Nachbarin oder Freundin Kinder vorübergehend versorgt und dafür je Tag 40 Euro berechnet, kann dies voll erstattet werden. Wird die Haushaltshilfe von einem Vertragspartner der Krankenkasse übernommen, rechnet dieser direkt mit der Kasse die vertraglich vereinbarten Sätze ab.

kidsgo: Wie lange dauert es, bis mein Antrag bearbeitet ist und ich tatsächlich eine Hilfe bekomme?

Axel Wunsch: Das geht innerhalb weniger Tage – wenn es eilt, auch schneller. Gut ist es auf jeden Fall, die Krankenkasse sofort zu kontaktieren, wenn der Bedarf an Haushaltshilfe absehbar ist.

kidsgo: An wen kann ich mich wenden, wenn ich notfallmäßig Hilfe brauche, zum Beispiel als Alleinerziehende, die plötzlich ins Krankenhaus muss?

Axel Wunsch: Auch hier wenden Sie sich am besten an Ihre Krankenkasse oder, wenn Sie einen Anbieter kennen, direkt an den. Im Krankenhaus kann auch der Soziale Dienst helfen oder das Jugendamt im Rahmen seiner Fürsorgepflicht.

kidsgo: Vielen Dank für dieses Gespräch.