Kritik und Vorwürfe
Wir kritisieren, machen Vorwürfe und werden laut dabei. Durch diese aggressive „Wolfssprache“ leidet dann automatisch die Beziehung zum Gegenüber. Der einfühlsame Kommunikationsstil der „Giraffensprache“ hingegen sorgt für Versöhnung.
Unser Experte
Der Berliner Diplom-Pädagoge Christian Bliss ist zertifizierter Trainer für Gewaltfreie Kommunikation (AGDF/ Arbeitsgemeinschaft Dienst für den Frieden). Weitere Informationen zum Gfk-Training gibt es unter
Christian Bliss ist Trainer für Kommunikation und Konfliktmanagement und beschäftigt sich seit acht Jahren mit Gewaltfreier Kommunikation. Im Mittelpunkt stehe der Gedanke, dass alle Menschen dieselben Bedürfnisse haben: zum Beispiel Verbundenheit, Sicherheit, Autonomie, Selbstbestimmung, Entwicklung, Anerkennung. „Und auf dieser Ebene gibt es kein Richtig oder Falsch. Es gibt nur Menschen mit Bedürfnissen. Wenn wir erkennen, welche Bedürfnisse unsere Kinder sich eigentlich erfüllen wollen, dann lassen unsere inneren Bewertungsinstanzen nach und wir können sehr viel angemessener und unterstützender auf sie eingehen“, erklärt Bliss.
GFK – eine Sprache des Lebens
„Gewaltfrei zu kommunizieren heißt, eine Sprache zu finden, die verbindet. Eltern meinen es meist gut mit ihren Kindern, und trotzdem ist ihre Kommunikation oft voll von Vorwürfen“, weiß der Berliner Pädagoge. „Empathie ist die kleine Schwester der Liebe. Sie hilft uns, einen tieferen Blick dafür zu entwickeln, was unsere Kinder wirklich brauchen. Im Alltag können wir dadurch ohne große Debatten zum Wesentlichen vordringen und klare Worte finden für das, was wir uns von unseren Kindern wünschen.“ Bliss ist selbst Vater eines dreijährigen Sohnes, der gerne laut tobt.
Gewaltfreie Kommunikation
Die 4 Schritte der Gewaltfreien Kommunikation
- Wahrnehmen und beobachten: Zahlen, Daten, Fakten ... ohne Wertung
- Gefühl wahrnehmen und deine emotionalen Reaktionen ohne Vorwurf ausdrücken
- Bedürfnis, das nicht erfüllt wurde, wahrnehmen und benennen.
- Bitte zur Erfüllung des Bedürfnisses formulieren: sagen, was du möchtest, konkret und ohne zu fordern
„Wenn ich ,Hör sofort auf!’ sage, provoziert das eher seinen Widerstand. Wenn ich ihm hingegen Verständnis für seine Bedürfnisse entgegenbringe und sage ,Das macht Spaß, stimmt‘s?’, stelle ich eine Verbindung zu ihm her.“ Diese Verbundenheit führe dazu, dass das Kind das Bedürfnis nach Ruhe nicht nur sehen kann, sondern auch dazu beitragen will.
Stabile Beziehung zum Kind
Allerdings sei Gewaltfreie Kommunikation nicht wie ein Schraubenzieher, den man herausholt, wenn etwas kaputt gegangen ist. „Es geht darum, durch unsere Kommunikation eine Herzensverbundenheit herzustellen und aufrecht zu erhalten. Das braucht seine Zeit, ist aber sehr nachhaltig. Die Beziehungen mit unseren Kindern werden durch Empathie stabiler und auch achtsamer.“
Diese empathische Verbindung soll auch beim Grenzen setzen helfen. Natürlich lassen sich trotz der Giraffensprache Konflikte im Familienalltag nicht komplett vermeiden. „Aber sie fallen auf einen tragfesten und fruchtbaren Boden, auf dem unsere Kinder wachsen können.“
Buchtipp
Gewaltfreie Kommunikation – Eine Sprache des Lebens
Oft verletzen wir andere unbeabsichtigt – mit Worten. Die Gewaltfreie Kommunikation (GFK) hilft uns, bewusster zuzuhören und uns ehrlich und klar auszudrücken. Wir können die GFK in der Kommunikation mit allen Menschen unabhängig von ihrem Alter, ihrem kulturellen oder religiösen Hintergrund anwenden. Mit Geschichten, Erlebnissen und Beispielgesprächen macht Marshall Rosenberg deutlich, wie sich auch komplexe Kommunikationsprobleme lösen lassen.
Diese Neuauflage wurde umfassend überarbeitet und um ein Kapitel zum Thema „Konfliktklärung und Mediation“ erweitert. Das Grundlagenwerk ist der Bestseller in Gewaltfreier Kommunikation!
Marshall B. Rosenberg, Gewaltfreie Kommunikation, Junfermann Verlag, 2016, 23,90 Euro, ISBN 978-3-95571-572-4; auch als E-Book erhältlich
Buchtipp
Zauberbuch Familienfrieden konkret – Magische Anwendungsbeispiele für Gewaltfreie Kommunikation mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
Das Kind soll den Tisch abräumen, es will aber nicht – und die Stimmung kippt? Szenen wie diese finden sich in jeder Familie. Bitten richtig formulieren, Missverständnisse leicht aufdecken und auflösen, sich offen mitteilen und vom Gesprächspartner tatsächlich empfundene Gefühle erfahren: Das alles und noch viel mehr kann die Gewaltfreie Kommunikation (GFK). Sie lässt uns auch in brenzligen Situationen souverän handeln und echte Bedürfnisse erkennen. „Du sollst“-Forderungen oder „Wenn du nicht, dann“-Formulierungen gehören somit endgültig der Vergangenheit an. Die von Psychologin Hanna Grubhofer beschriebenen Übungen für den Alltag erlauben, das theoretische Wissen aktiv ins eigene Leben zu integrieren und dort nachhaltig gewaltfrei zu verankern.
Hanna Grubhofer, edition riedenburg 2019, ISBN 978-3-99082-015-5, 19,90 Euro