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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
0. Schwangerschaftswoche

Aktivwochen

Die letzten Wochen standen ganz im Zeichen unermüdlichem Aktivismus und blindwütigem Tatendrangs.

Ob Haushalt, Uni oder Sport – alles wurde mit links gewuppt.

Ich bin seit jeher ein sprunghafter Mensch. Das betrifft sowohl meine Entscheidungen als auch meine Gedanken und Aktivitäten:
- gestern fand ich eine graue Wand im Wohnzimmer noch super, übermorgen hätte ich sie gerne in braun
- heute entscheide ich mir einen Pony zu schneiden, zwei Tage später hätte ich sie doch gerne lang
- gestern denke ich, dass wir das mit dem Kinderwunsch doch entspannt angehen können und
übermorgen mache ich hektisch Termine in der Klinik, weil es mir nicht schnell genug gehen kann
- heute überlege ich, dass unser nächster Urlaub nach Skandinavien gehen sollte und zwei Tage später
recherchiere ich nach Flügen nach New York
- gestern lag ich den halben Tag faul und antrieblos auf der Couch und heute vibriere ich vor Tatendrang
und stehe extra früh auf, um alles zu schaffen

Wären mein Mann und ich Funktionen in einem Koordinatensystem, wäre mein Mann eine gleichbleibende Gerade und ich wäre eine hektische Kurve mit Ausschlägen nach oben und unten.

Wie dem auch sei, nach dem kleinen Tief, das das negative Ergebnis des letzten Testes hervorbrachte, bin ich dem Aktivismus verfallen. Wahrscheinlich hat das beginnende Frühlingserwachen seinen positiven Teil dazu beigetragen, aber ich beschloss, dass mir ein Wochenende als negative Couchpotatoe reichte.

Als erstes musste die Wohnung dran glauben. Ich habe geputzt und gewienert was das (Putz)-Zeug hält. Grundreinigung und dann so typische Tätigkeiten, die vielleicht zwei- dreimal im Jahr anfallen: hinter und zwischen den Heizstäben Staub wischen, das Laminat versiegeln und bohnern, Schränke auswischen und ausmisten usw. Dass ich die Fenster nicht geputzt habe, lag nur an der dicken Schneekruste, die die Fenster noch verzierte.

Nach dem Putzwahn habe ich mir dann die ewigen störenden Überbleibsel des Umzugs vorgenommen. Ihr kennt das sicher, ein zwei Umzugskartons bleiben immer übrig, mit Krempel, den man irgendwo hin sortieren muss aber eigentlich nicht so richtig weiß wohin. Ebenso standen bei uns noch Bilder herum, die endlich aufgehängt werden wollten. Haken dran, alles erledigt.

Da wir in unserer neuen Bleibe Dachschrägen und somit auch Dachfenster haben, sind aus der Berliner Wohnung einige Vorhänge liegen geblieben, mit denen wir nichts mehr anfangen konnten. Zum Wegschmeißen zu Schade, wollte ich sie irgendwann zu Kissenbezügen und einer Patchworkdecke fürs Gästezimmer verwursten. Aus dem irgendwann wurde ein jetzt. Die Kissenbezüge sind fertig und ich habe sage und schreibe 81 Quadrate ausgeschnitten, gebügelt und schon einen Teil zusammengenäht. Jetzt müssen noch die restlichen Teile vernäht werden und fertig ist die Patchworkdecke!

Neben diesen Haushaltdingen ist der Sport in den letzten Wochen auch nicht zu kurz gekommen. Freitags und sonntags gehe ich zum Sport und wenn es nicht gerade wieder eisig kalt geworden wäre, hätte ich auch mein Jogging- bzw. Walkingoutfit rausgekramt. Aber bei den momentanen Minustemperaturen ist mir das dann doch etwas zu viel. Nicht nur, dass es eisig kalt ist und ich ungern die ganze kalte Luft einatmen möchte, es ist auch teilweise wirklich glatt.

Weiterhin arbeite ich an meinem Geheimplan, den Kinderwunsch so in mein Leben zu integrieren, dass er nebenbei läuft und nicht weiter auffällt. Eigentlich hätte ich gerne, dass er zu einem Termin wird, an den man nicht of denkt, aber irgendwann muss er erledigt werden, so wie Prophylaxe oder die Steuererklärung. Ist natürlich nicht wirklich umsetzbar, aber ein Stück weit ist es mir schon gelungen.
Allerdings steuert der Kinderwunsch diesem Plan entgegen und benimmt sich selbst schon wie ein unartiges Kind. Aber eins von der wirklich nervtötenden und „ich-kann-mich-nicht-allein-beschäftigen“-Sorte. Ständig steht er mir im Weg herum und will Aufmerksamkeit.

Wenn ich denke, jetzt schläft er endlich und ich kann den Abend mit meinem Mann ohne ihn genießen – zack, da steht er grinsend im Türrahmen und verlangt nach Wasser oder will noch etwas vorgelesen bekommen.
Manchmal lässt er mich auch nachts nicht zur Ruhe kommen. Plötzlich liegt er zwischen uns und bohrt mir seinen Ellenbogen in die Seite oder wärmt seine eiskalten Füße an mir.
Planen wir Reisen oder längere Unternehmungen, funkt er natürlich auch dazwischen und fragt quengelnd, wer sich dann um ihn kümmert, wenn wir im Urlaub sind.
Über Erziehung und Behandlung des Kinderwunsches herrscht momentan auch Uneinigkeit. Uneinigkeit über die weiteren Vorgehensweisen, über die zeitliche Planung, über die finanziellen Belastungen ... Bisher sind wir von solchen Streitigkeiten und Diskussionen verschont geblieben, aber wenn man so lange in der Kinderwunschspirale steckt, trifft es wahrscheinlich irgendwann jeden.

In Bezug auf den Kinderwunsch haben mich in den vergangenen Wochen einige Leute zur Weißglut getrieben (ja, jähzornig und cholerisch bin ich zu Zeiten auch).

1) Meine Kinderwunschärztin bzw. Klinik: Die Vorgabe war, nach der ICSI einen Zyklus Pause zu machen. Über die schlichte Frage, wann ich mich dann für den nächsten Zyklus wieder melden solle, herrschte Uneinigkeit zwischen Arzthelferinnen und Ärzten. Die Meinungen reichen von „Mitte des jetzigen Zyklus“, über „Ende des jetzigen Zyklus“ zu „Anfang des nächsten Zyklus“ – aha, scheint ja eine sehr spezielle und noch nie dagewesene Frage zu sein. Wie komme ich nur immer zu so komplizierten Anfragen?

2) Meine Kinderwunschärztin: In der Nachbesprechung des ICSI- Versuches zu möglichen Ursachen des negativen Ergebnisses oder Änderungen für den neuen Versuch klärt sie uns darüber auf, dass wir auf jeden Fall verhüten sollten, wenn ein Kind gerade nicht in unseren Lebensplan passen sollte. Denn es gibt keinen erkennbaren Grund und aus ihrer Sicht könnte ich jederzeit schwanger werden.
Tja, dazu fällt mir dann auch nichts mehr ein. Vielleicht wollte sie mich einfach vorsorglich darauf hinweisen, damit ich während meiner geplanten Weinverkostungstour durch alle Weingüter Deutschlands nicht zufällig schwanger bin. Oder mich nicht gerade abseits der Zivilisation im brasilianischen Urwald befinde und dann die Vorsorgeuntersuchungen verpasse.
Vielleicht wollte sie sich auch einfach nur absichern, damit wir ihr als zahlungskräftige Kunden erhalten bleiben.

3) Meine Freundin: Mit leidtragender Stimme und betroffenem Blick versichert sie mir, dass sie meine Ungeduld und meine Angst, vielleicht nie schwanger zu sein, TOTAL verstehen kann- sie musste auch ein halbes Jahr auf den positiven Test warten und das war die Hölle.

4) Meine Krankenkasse: in einem Zug teilen sie mir mit, dass sie diese und jene Kosten für die Kinderwunschbehandlung leider nicht übernehmen können und erhöhen den Beitragssatz inklusive des Beitrags für Pflegeversicherung, weil ich ja leider noch kein Kind hätte.

5) Meine Mutter: Am Telefon erzählt sie mir fröhlich, dass sie ein gefrorenes Schnitzel in die Pfanne geworfen hätte und dass sie es sich bei den eingefrorenen Eizellen ähnlich vorstellt. Und das wäre ja irgendwie komisch und lustig, oder?

In zwei, drei Wochen ist der Kryo-Transfer geplant und ich bin sehr gespannt, ob die beiden Eizellen das Auftauen (wie das auch immer vonstatten geht) überleben und sich weiterentwickeln und ob es dann vielleicht in diesem Kryo-Versuch klappt.

Gehabt euch wohl und bis bald,

Helena






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Kommentare von Lesern:

Gast01.03.2018 15:30

Sehr erfrischend geschrieben! Danke

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Icsi, Kinderwunsch, Kinderwunschbehandlung