Meine zweite Urlaubswoche
Tags: Wassergymnastik für Schwangere, Kurzatmigkeit, Bauchumfang
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Endlich hat man angefangen, es zu merken. Bisher war ich wohl sehr gut im kaschieren. Ich habe es bewusst getan, solange es unklar war, ob dieses plötzlich entstandene Bäuchlein als Fett oder als Schwangerschaft zu interpretieren war. Jetzt aber ist alles eindeutig geworden, und ich ziehe bewusst auch engere Sachen an, um meine neuen Formen zu betonen. Der S-Bahn Fahrer öffnet plötzlich die vorderen Türen nur für mich allein, ganz unerwartet begleitet die Fleischverkäuferin die Verkaufsprozedur mit wertvollen Tipps bezüglich Würzung und Zubereitung, die Apothekerin quatscht mit mir lächelnd eine gute halbe Stunde über verschiedene Öle und Eisenbedarf in der Schwangerschaft – alle um mich herum scheinen es zu merken, dass ich ein Wunder im Bauch herumtrage und freuen sich mit mir. Einmal fuhr ich Bus mit vielen Einkaufstüten und der Busfahrer hat sogar sehr passend für mich etwas früher als erlaubt gestoppt, nachdem es sich während des Gesprächs herausgestellt hatte, in welche Richtung ich dann noch zu Fuß gehen musste. Also nicht nur in indigenen Kulturen hat eine Schwangere eine besondere Stellung – ich hatte das irgendwo gelesen – auch ich genieße momentan viel Aufmerksamkeit. Der Urlaub ist deutlich spürbar – ich mache viel von dem, was bis jetzt vernachlässigt wurde. Ich koche, ich unterhalte mich mit Menschen, ohne Zeitdruck zu spüren, ich schaue mir neue Filme an, die ich schon lange sehen wollte, oder auch alte Klassiker, um meine nostalgische Gemütslage zu sättigen.
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Der Wassergymnastikkurs im Wellnessbereich eines Hotels war eine Supergelegenheit, mehrere Schwangere auf einmal kennenzulernen. Im Wasser spürt man keine Hemmungen und nimmt problemlos Kontakt zu anderen auf – vor allem da die Übungen selbst noch zusätzlich dafür gedacht sind. Nach einer Stunde Herumhüpfen im Wasserbecken waren wir alle ziemlich müde, und vier von uns setzten sich nach dem Kurs noch in den Whirlpool zum Quatschen und entspannen. Am Ende blieb ich dort ganz alleine (später kamen noch ein paar Hotelgäste im Rentenalter dazu) und drehte noch einige Runden im Schwimmbad. Ich genoss diese Einsamkeit, das platschende Wasser im kleinen Wasserfall in der Ecke, meine innere Ruhe. Schließlich muss ich mich ja nicht allzu sehr beeilen, um das Mittagessen für meinen Mann vorzubereiten, und konnte mir den Spaß gönnen. Wieder eine Portion Trost unter scheinbar trostlosen Umständen.
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Das einzige gesundheitliche Problem, dass mich in der letzten Zeit beschäftigt, ist permanente Atemnot. Fachleute meinen, dass eine gewisse Kurzatmigkeit in der dritten Schwangerschaftsphase ganz normal ist. Bei mir wird aber die Empfindung durch mein seriöses Lungenproblem von früher verschärft. In einem Buch steht, dass wenn du diese Woche geboren wirst, dein Gehirn in der Lage sein wird, die Atmung zu aktivieren. Ich gratuliere dir zur endgültigen Lebensfähigkeit, und zwar als ein Mensch, und nicht wie ein Fischlein! Du kannst also ab jetzt prima atmen, ich dagegen kann es nur bedingt. Ich freue mich schon auf unseren ersten gemeinsamen Atemzug nach deiner Geburt – er wird das Glück der Befreiung für uns beide bedeuten!
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Nach der Pubertät und Menopause soll die Schwangerschaft die dritte Phase im Leben einer Frau sein, in der sie besonders leicht aus dem seelischen Gleichgewicht gerät, steht so zumindest in der Fachliteratur. Bei mir ist es langsam zum genauen Gegenteil gekommen – ich denke, dass ich seit Jahren nicht mehr so gelassen und ausgewogen war wie jetzt. Es ist wohl das Glück zu nennen – nicht dieses wie ein Feuerwerk, das schnell in Flammen aufgeht, dass ich oft früher mit Leidenschaft verwechselt habe, sondern das Glück der Ruhe, das langsam tropft und dauerhaft erwärmt. Ein Teil meines Urlaubs haben wir zusammen verbracht – nicht mit deinem leiblichen Vater, sondern mit dem, den du wohl gleich nach deiner Geburt kennenlernen wirst und dessen Liebe du schon jetzt spürst. Eigentlich waren wir mit Max schon vor zwei Jahren einige Zeit zusammen, und jetzt ist er aus Bayern angereist, um ein Stückchen meiner Kugelzeit mit zu erleben. Wie im Märchen, hast du die von mir so lange erträumte Vaterfigur bekommen – einen Menschen, der unsere Nerven schont, unser Immunsystem verstärkt und dich durch die Bauchdecke streichelt. Endlich und erst jetzt hast du angefangen, richtig an Gewicht zuzunehmen. Ich wünsche uns sehr, dass er es in ein paar Monaten schafft, rechtzeitig in den Zug zu springen, um bei deiner Geburt dabei zu sein. Er hat eine geheimnisvolle Fähigkeit, jegliche Schmerzen zu lindern.
