Betreuung unserer Kleinsten - eine schwierige Entscheidung
Hoch und runter, hoch und runter... Bianka tut schon langsam der Arm weh vom Anschubsen der Kinderschaukel, aber Leo quietscht vor Vergnügen. Wie schön das ist, den aufgeweckten Zwerg täglich zu beobachten. Das soll sie aufgeben? Doch Bianka möchte wieder ins Arbeitsleben zurück. Und gerade jetzt bietet sich ihr die Chance. Nun heißt es, eine gute Betreuung für den Anderthalbjährigen zu finden.
Das ist gar nicht so einfach. Zwar besteht für alle unter Dreijährigen gemäß Kinderförderungsgesetz ab 1. Juli 2013 bundesweit ein Rechtsanspruch auf einen Krippen- oder Tagespflegeplatz. Doch mindestens 160.000 Betreuungsplätze fehlen noch. Immerhin entstehen derzeit 30.000 Kitaplätze aus Bundesmitteln. Und auch Länder und Kommunen gehen jetzt verstärkt das Problem an. Doch solange das Platz-Problem bundesweit nicht gelöst ist, gilt für Eltern generell: unbedingt frühzeitig für einen Betreuungsplatz anmelden!
Ein Platz für Kinder
Bianka hat Glück: Sie lebt in Berlin. Dort beschloss der Senat in einem Sofortprogramm den Bau von 7000 neuen Kitaplätzen bis Ende 2012 – immerhin die Hälfte der noch fehlenden Kitaplätze in der Hauptstadt. Und als Alleinerziehende wird Bianka bei der Vergabe bevorzugt.
Die junge Mutter darf bereits jetzt, was hoffentlich bald alle können: frei wählen. Drei Info-Termine stehen in der nächsten Woche auf dem Programm: Tagesmutter, Kinderkrippe und Krabbelstube. Ihre Freundin Manuela lacht, als Bianka sie fragt, wo Leo sich wohler fühlen könnte: „Das müsst ihr gemeinsam ausprobieren. Manche Kinder sind glücklich bei einer Tagesmutter, und genauso viele finden ihre Krippe toll. Viel hängt auch von Deinem Bauchgefühl ab und davon, wo du einen freien Platz findest.“
Inge, die Tagesmutter
„Ich bin Inge“, stellt sich die Tagesmutter freundlich vor. Das Wohnzimmer voller Spielsachen scheint Leo nicht zu beeindrucken. Er krallt sich an Biankas Bein fest. Den Kuschelhund fest im Arm, kaut er auf einem Stück Brötchen. Die Tagesmutter würdigt er keines Blickes. „Das ist am Anfang ganz normal“, lächelt Inge. „Er braucht Zeit, um sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.“ Im Garten spielt die zweijährige Lili. „Die beiden würden sich sicher gut verstehen“, meint Inge. Sie deutet auf zwei Gemüsebeete mit Tomatenstauden. „Die Kinder essen gesund hier. Ich koche frisch aus dem Garten!“
Zögernd rutscht Leo von Biankas Schoß und beginnt die Wohnung zu erkunden. Bald erobert er lautstark jedes Zimmer. Lachend drückt er Inge seinen Kuschelhund in die Hand. „Das ist ein echter Vertrauensbeweis.“ Bianka ist beeindruckt. „Seinen Schnuff gibt er sonst nie aus der Hand.“
In der Kinderkrippe
Fröhlicher Kinderlärm dringt durch die Tür. Ein heller, holzgetäfelter Raum verbreitet Wärme und Behaglichkeit. Acht Kinder spielen hier , zwei Betreuerinnen kümmern sich liebevoll um sie – ein optimales Verhältnis.„Unsere Krippe ist an Pikler orientiert“, erklärt die Erzieherin. „Die Kinder können sich hier eigenständig entwickeln.“ Bianka will es genau wissen. „Wir hören und schauen den Kindern genau zu, helfen aber nur, wenn nötig. Egal ob beim Spielen oder Zähneputzen. Wird etwa ein Bild gemalt, gibt es keine Vorgaben, die Kleinen legen los. So können sie ihre neuen Schritte selbst meistern.“
Leo versteht offenbar. Flink krabbelt er zu den Bauklötzen. Die Erzieherin lächelt: „Die Eingewöhnungszeit ist sanft und individuell auf jedes Kind abgestimmt. Manche können hier bereits nach zwei Wochen ohne Eltern bleiben, bei anderen darf es auch bis zu sechs Wochen dauern. Wenn die Mutter lernt loszulassen, geht es meist schneller.“ „Die Mutter?“ fragt Bianka. Die Erzieherin nickt: „Ja, für die Mutter ist es manchmal schwieriger loszulassen, als für das Kind“. Bianka ist erleichtert: Offenbar geht es nicht nur ihr so.
Die Krabbelstube Mäusebande
Die Krabbelstube liegt im nächsten Stadtteil. „Mäusebande“ steht in bunten Buchstaben am Eingang. Fünf Kleinkinder tummeln sich auf weichen Decken. Die Spielsachen sind altersgemäß, die Erzieherinnen freundlich. Eine junge Frau setzt nebenan einen Topf mit Nudeln auf. „Bei uns wird das Essen abwechselnd von den Müttern gekocht“, erklärt ein Erzieher. „Als private Einrichtung sind wir auf die Hilfe der Eltern angewiesen.“ Leo zeigt der Mäusebande derweil stolz seinen Schnuff. Bianka muss lachen. Wo Schnuff sich wohl fühlt, fühlt auch Leo sich wohl.
Im dichten Berufsverkehr auf dem Rückweg wird Bianka klar, dass die „Mäusebande“ schlicht zu weit entfernt ist – und für die „Mäusebande“ zu kochen schafft sie zeitlich nicht. Die Tagesmutter wäre für ihre Freundin Manuela ideal, denn die arbeitet Teilzeit und ist nicht auf eine Vollzeit-Betreuung ihrer Tochter angewiesen. „Am besten passt wohl die Krippe zu uns: Die sind auch nett, haben gerade einen freien Ganztagsplatz und immer eine Vertretung im Krankheitsfall. Was meinst du, Leo?“ fragt sie fröhlich in den Rückspiegel. Doch der Held, um den sich drei Tage lang alles gedreht hat, schläft sanft.
Städtische Krippen
betreuen Kinder ab dem Säuglingsalter (acht Wochen) bis zum vollendeten dritten Lebensjahr in Halb- bis Gantzagsangeboten. Meist große, mehrgruppige Häuser. Gute pädagogische Konzepte, ideal für Eltern, die Vollzeit arbeiten.
Freie Träger von Krabbelstuben
(konfessionell/ Elterninitiativen) bieten eine Vielzahl meist kleiner, eingruppiger Einrichtungen. Alter der Kinder: zwischen ein und drei Jahren. Überwiegend Teilzeit- oder Zweidrittelplatz-Angebote. Gute Betreuung in kleinen Gruppen; ideal für Eltern, die Teilzeit arbeiten.
Die Kosten variieren je nach Kommune, Träger, Betreuungszeiten und Einkommen erheblich – bei Halbtagsbetreuung zwischen 0 und 200 Euro im Monat. Der Bundesdurchschnitt liegt für eine Familie bei mittlerem Einkommen, 1 Kind und Halbtagsbetreuung bei 81 Euro monatlich. Bei geringem Einkommen kann man beim Jugendamt Zuschüsse oder eine Übernahme der Betreuungskosten beantragen.
Tagesmütter
sind die flexible Lösung: Alles ist individuell absprechbar. Manche Tagesmütter kommen auch nach Hause und betreuen im gewohnten Umfeld des Kindes. Individuelle Betreuung, Zeiten nach Absprache; ideal für Eltern, die unterschiedliche Arbeitszeiten haben oder nur tageweise Betreuung suchen. Tagesmütter, die über Kindertagespflege-Börsen vermittelt werden, haben oft eine zertifizierte Ausbildung.
Freie Tagesmütter muss man selbst bezahlen. Die Kosten sind individuell aushandelbar. Der Bundesverband für Kindertagespflege empfiehlt einen Stundensatz von 5,50 Euro. Kommunal bezuschusste Tagesmütter kosten deutlich weniger. Familien mit geringem Einkommen können beim Jugendamt Zuschüsse oder eine Übernahme der Kosten beantragen.
Für alle Betreuungsformen gilt: Die Höhe der Kostensätze sagt nichts über die Betreuungsqualität aus. Informiere dich vor Ort!