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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Julia

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

10. Schwangerschaftswoche

Kind oder Karriere, ein endloses Thema

Jeder Karriereknick ist anders und Kinder sollten kein Luxus sein.

So, heute muss ich mich mal ein bisschen ärgern. Nicht über irgendwelche kleinen Beschwerden, sondern über einseitige und realitätsferne Urteile über das Thema Kind und Karriere, über die Arroganz von Frauen, die meinen, sie hätten in puncto Karriere- und Familienplanung die Weisheit mit Löffeln gefressen, wobei sie in Wirklichkeit nur so entscheidungsfrei sind ("man kann ja nach zwei, drei Jahren Pause problemlos wieder an der Karriere weiterbauen"), weil sie einen gutverdienenden und klaglos 60 Stunden die Woche arbeitenden Mann im Rücken haben. Besonders gewisse "Akademiker-lastige" Wochenzeitungen bringen gerne mal Artikel über die Qual der Wahl zwischen Champagner und Austern und gehen auf Gefälligkeitsstimmenfang bei kinderlosen Doppelverdienern mit Titeln wie "Karriereknick nach Babypause? Frauen hört auf zu jammern!" ....?!?

Mal ehrlich - wer kann denn schon frei entscheiden, ob er nur ein paar Monate oder ein-zwei Jahre Babypause macht. Und dann noch an seiner "Karriere" weiterbasteln "möchte". Wenn man bis dato eine hatte, die nach oben führte, wird man wohl kaum nach zwei-drei Jahren an dem Punkt wieder einsteigen können, an dem man ausgestiegen ist.
Und in Wahrheit arbeiten ja wohl die wenigsten in einem Job, wo es stetig nach oben geht und die große Karriere und der Chef(innen)posten winken.

In meinem Fall hätte ich aber so oder so diese "Qual" der Wahl gar nicht, sondern muss mich knallhart fragen: Wie lange geht es überhaupt, auszusteigen? Rein praktisch aber auch finanziell. Mein Arbeitgeber wird mich am ehesten "loswerden" wollen, wenn ich plane, allzu lange wegzubleiben (wie dieser Zeitraum bemessen ist, weiß ich noch nicht).
Dazu kommt, dass mich kürzlich auch schon ein Artikel mit dem Titel "Kann man von einem Gehalt und Elterngeld leben?" zum (bitteren) Lachen reizte, denn bei uns stellt sich vielmehr die Frage: "Kann man von Elterngeld eine Familie ernähren?". Für viele mag das Elterngeld so eine Art Taschengeld für die Mami sein, während die Rechnungen weiter vom Gehaltskonto des Hauptverdieners abgebucht werden, aber in unserem Fall bin ich die Haupt- nein sogar die Alleinverdienerin.....so wird die Frage ob das Kind die Karriere bedroht direkt mal ein bisschen existentiellerer Natur...
Doch ich will auch gar nicht leugnen, dass das bestimmt auch viele Paare, die auf zwei Gehälter angewiesen sind, betrifft und es nicht so leicht verkraften können, dass ein Gehalt auf einmal wegfällt oder nur noch zu gerade mal 65 % weiterexistiert.

Worüber ich mich aber vor allem beschwere, sind solche ewig süffisanten Artikel, die der Wirtschaft und der Außenwelt suggerieren, niemand zwinge eine Frau zur Wahl zwischen dem Nachwuchs und Beruf (Arbeit/Existenz!) (Karriereknick ist da wohl manchmal eher ein vorgeschobenes oder zumindest sekundäres Luxusproblem) Wie kommt es dann, dass viele erst Mutter werden, wenn der biologische Wecker ohrenbetäubend laut tickt. "Ich will erst mein Studium zu Ende machen", "ich muss erst so gut verdienen, dass das Elterngeld reicht", "demnächst" bin ich in einer Position, in der ich es mir leisten kann meine "Karriere" zu unterbrechen... und schwupps ist man (zu) alt. Und dann heißt es vielleicht noch: "man kann halt nicht alles haben!"

Gerne wird auch argumentiert, wir wären schließlich die best ausgebildetste Generation von Frauen überhaupt und alles stünde uns offen...Jaaaaa....
Das habe ich auch mal geglaubt. Aber spätestens als ich nach meinem ersten Kind der Arbeitgeberwelt, erstmal mit einem unterbezahlten und unwürdigem Vollzeit-Praktikum über Monate beweisen musste, dass ich tatsächlich auch als junge Mutter ein vollwertiges Mitglied der Erwerbstätigenwelt sein kann, sehe ich das anders. Und selbst da bin ich unangenehm aufgefallen und habe auch mal relativ offensichtlich erfahren dürfen, dass ich einen Job nicht gekriegt habe, weil ich von Anfang an gesagt habe, dass ich nicht jeden Abend (!) 3-4 Stunden länger im Büro bleiben kann.

Und das ich schließlich doch noch einen relativ guten Job gekriegt habe, hatte viel mit Glück und einem menschenfreundlichen Arbeitgeber zu tun. Und nicht zuletzt mit der großartigen Unterstützung durch meinen Mann, der als Hausmann und Vater das geleistet hat, was seit Jahrhunderten Frauen leisten, um ihrem Mann die "Karriere" zu ermöglichen.

Naja, wie gesagt, ich ärgere mich. Jetzt aber genug geärgert. Zum Glück überwiegt am Ende das Gefühl und der Wille: Und wir schaffen es trotzdem! Und Geld ist ja Gott sei dank auch nicht alles!

Sonst ist alles bestens. Die erste richtige Vorsorgeuntersuchung ist übermorgen, dann ist erst einmal eine Woche voller Familienbesuche auf dem Programm. Der Sommer hält unermüdlich an und ich will es nicht beschreien, aber langsam wird das mit der Übelkeit besser...meine ich. Am besten hilft es wenn ich mich permanent mit irgendwas vollstopfe, scheinbar kriegt der leere Magen am ehesten ne Krise... aber das kann im Hinblick auf meine sowieso schon schwindende Taille auch nicht die ultimative Lösung sein. Wo ich mir sonst verbiete irgendwas Schwangerschaftrelevantes zu googlen, habe ich doch tatsächlich mal das Thema "Übelkeit" gegoogelt und zum Glück scheinen sich zumindest alle einig zu sein, dass das ein zeitlich begrenztes Phänomen ist! Daher warte ich jetzt einfach ab und mache so lange das, womit es mir am besten geht (essen;-)

Unser Großer verhält sich im Moment wie eine lebende Reklame für´s Kinderkriegen. Superniedlich und so selbstständig, verständnisvoll und mitfühlend: "Papa, warum ist meine Mama immer so müde?" Heute morgen ist er aufgestanden, hat kurz bei uns im Schlafzimmer vorbeigeguckt und sich dann, als er sah, dass wir noch nicht ans Aufstehen zu denken schienen, selbst "Frühstück" gemacht (Zucker auf einen Teller geschüttet...). Zum Glück hat er nur ein zwei halbe Händchen voll in seinen Mund geschaufelt...Die Stimmung am Frühstückstisch war im Anschluss entsprechend gehoben!

Bis nächste Woche, dann wieder mit News aus dem Babybauch!

Julia



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Kommentare von Lesern:

Dani, Reutlingen30.07.2013 20:15

Aber in den Firmen hat größtenteils leider immer noch kein Umdenken stattgefunden. Es ist fast unmöglich, einen qualifizierten Teilzeitjob zu finden... Dazu die hohen Gebühren für KiTa oder Tagesmutter, wo sich Frau oft fragen muss, ob sich arbeiten gehen überhaupt lohnt... Es wäre schön, sich die Zeit zwischen Kindern und tollem Job aufteilen zu können, ohne als Mutter ständig ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Davon sind wir aber in Deutschland meiner Meinung nach noch meilenweit entfernt...

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Dani, Reutlingen30.07.2013 20:10

Hallo,
ich gebe hier allen in irgend einer Form Recht ; )))
Uns geht es definitiv besser, wie Frauen in vielen anderen Ländern oder auch noch unseren Müttern, was Elterngeld, KiTaplätze (wenn man denn einen bekommt)... angeht. Aber in de

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Katrina, Bremen25.07.2013 09:51

Hallo, ich bin echt verblüfft über die Kommentare unter diesem Beitrag. Denn ich war sehr froh, dass hier jemand so was schreibt. Es geht ja nicht nur um Geld vom Staat (immerhin ein Jahr - als ich vor einigen Jahren in Elternzeit war, gab es lustige 300 Euro im Monat. Das ist klasse, wenn die Frau Hauptverdienerin ist). Sondern auch darum, dass es ein Problem ist, im Job zu sagen, man sei schwanger. Mir wurde gleich gesagt: "Kannst Du dann mal rausfinden, ab wann wir Dir kündigen dürfen?" Und obwohl ich die einzige Mitarbeiterin mit Kind war, wurde mir nach Ende der Elternzeit gekündigt. In kleinen Betrieben gibt es keinen Schutz und keine Sozialauswahl. Beim Vorstellungsgespräch wurde ich abgelehnt mit der Begründung "Muttis können ja nicht abends mal länger bleiben" - und das im öffentlichen Dienst.
Und kein Vorstellungsgespräch ohne die Frage "Wie wird denn ihr Kind betreut, wenn sie hier arbeiten?". Und das mit Hochschulabschluss, mehreren Jahren Auslandserfahrung, fünf Fremdsprachen und immerhin schon 7 Jahren Berufserfahrung.
Tut nicht so, als wäre alles super. Das ist es definitiv nicht. Und wenn man sein gerade mal 14 Monate altes Kind nach der Elternzeit nicht gleich in eine Krippe geben mag, dann wird es finanziell schon sehr knapp. Das hat der Staat auch so vorgeseshen. Wir haben für unseren Zweijährigen ein halbes Jahr nach einem Kindergartenplatz gesucht und in der Zeit vor allem nachts von zu Hause gearbeitet - wohl dem, der Großeltern zur Betreuung hat. Wir hatten keine. Leider reichen die Zeichen nicht, um all die Beispiele aus meinem Freundeskreis aufzuzählen, wo das Kind ganz klar das berufliche Aus war - und hier geht es nicht um "Karriere", sondern um qualifizierte Erwerbsarbeit.
Bestimmt gibt es viele Länder, in denen es Eltern schlechter haben. Das heißt aber nicht, dass es hier gut läuft.

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B, Australien25.07.2013 02:01

Hallo Julia,

jede Familienkonstellation ist individuell und hat seine Besonderheiten, was Arbeits- und Gehaltskonstellation angeht. Von daher moechte ich das folgende nicht als "Kritik" an Deiner Situation aufgefasst wissen.

Jedoch hilft es manchmal, ueber den Tellerrand hinaus zu schauen und da habt ihr es in Deutschland schon recht gut - es gibt Eltergeld (wow, bis zu 65% des Einkommens bis zu einem Jahr lang!!!) plus Kindergeld (Einkommensunabhaengig bis 18Jahre oder sogar bis zum 25. Lebensjahr), Vaetermonate etc.
Ich lebe in Australien - da gibt es jetzt seit 2011 erst ueberhaupt mal sowas wie "Elterngeld", bei meinen ersten beiden Kinder gab es nix - jetzt 18 Wochen lang ca 390Eur pro Woche. Danach ist zappen und Zuschuesse gibt es nur fuer absolute Niedrigverdiener.
Fuer Kindergartenplatz zahlen wir nach Zuschuessen ca 32Euro pro Tag pro Kind - also 160Euro pro Kind pro Woche, Eur 640 pro Monat wenn man Vollzeit braeuchte!
Und glaub mir, es ist nicht so, dass wir uns hier ne goldene Nase mit unglaublichen Einkommen verdienen wuerden.

Das hilft zwar nicht in Deiner individuellen Situation, aber vielleicht hilft es den Sozialstaat Deutschland allgemein in ein kleines bisschen besseres Licht zu ruecken.

Ich wuensche Dir eine gute weitere Schwangerschaft und nicht zuviele Sorgen. Ich hoffe, die Situation mit Deinem Arbeitgeber entpuppt sich als positiver, als Du es Dir jetzt denkst. Ihr findet bestimmt einen Weg, Kinder und Einkommen unter einen Hut zu bekommen!

Viele Gruesse.

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Sara24.07.2013 19:04

Ich kann meiner Vorrednerin auch nur zustimmen!
Lg

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Genervt, Düsseldorf24.07.2013 17:21

Hallo,
also ich finde wir haben die Wahl! Man hat immer die Wahl! Elterngeld gibt es so lange noch nicht und wir haben es hier schon sehr gut in good old Germany! Ich finde es sehr ermüdend immer die gleichen erbosten Argumente zu hören die am Ende kein richtiges Fundament inne haben.
Ich wünsche dir trotzdem schnelle Besserung und dazu noch ein Stück mehr Gelassenheit!

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Nina, Bremen24.07.2013 11:16

Liebe Julia,
du sprichst mir aus der Seele, danke dafür! Wahrscheinlich hilft nur weiterkämpfen und Männer weiterhin selbstverständlich(er) und ebenso gleichberechtigt in Familienaufgaben einbinden. Nur gemeinsam und unabhängig vom Geschlecht lassen sich diese ungerechten Strukturen aufbrechen. Klingt heroisch, trifft aber wohl den Kern!
Schnelle Besserung der Übelkeit wünscht dir
Nina

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