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Familienthemen - 10 Jahre Babyklappe

Zehn Jahre nach Einrichtung der ersten Babyklappe in Hamburg ist die Zukunft des Angebots für Mütter in Notsituationen ungewiss: Eine Arbeitsgruppe der Union-Bundestagsfraktion soll bis zum Sommer legale Alternativen prüfen. Der Vorschlag lautet: „vertrauliche Geburt“.

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10 Jahre Babyklappen in Deutschland

Babyklappe, Babyfenster, Babynest – es gibt viele Namen für die Möglichkeit, ein Neugeborenes anonym in ärztliche Betreuung und Obhut geben zu können. Vor zehn Jahren, am 8. April 2000, wurde vom Verein SterniPark in Hamburg die erste Babyklappe eingerichtet – als ein Ausweg für Frauen, die sich nicht in der Lage sehen, das Kind zu behalten, aber für ihr Baby Schutz und ärztliche Fürsorge suchen.

Das Jubiläum wird von einer neuen Diskussion über die anonyme Kindesabgabe begleitet. Im November 2009 hatte sich der Deutsche Ethikrat in einer Stellungnahme gegen Babyklappen und anonyme Geburten ausgesprochen. Nun will die CDU-Bundestagsfraktion Alternativen prüfen. Das Modell, ein Baby in die Wärmebox, die an eine Klinik angeschlossen ist, abzulegen oder das Kind im Krankenhaus anonym zu entbinden, ist derzeit geduldet, aber beides geschieht in einer rechtlichen Grauzone. Eine gesetzliche Grundlage müsse dringend geschaffen werden, fordert Unionsfraktionsvize Ingrid Fischbach. Sie wurde mit der Leitung einer Arbeitsgruppe beauftragt, die bis zum Frühsommer einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen soll.

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Grundrecht verletzt

Als „ethisch und rechtlich sehr problematisch“ stufte der Ethikrat die bestehenden Angebote anonymer Kindesabgabe ein und empfahl, diese aufzugeben: Jedes Kind in Deutschland hat das Recht, seine Abstammung und Herkunft zu kennen – ein Grundrecht. Gibt eine Mutter ohne einen Hinweis auf sich oder den Vater ein Kind ab, sind Rückschlüsse nicht möglich. Ein weiterer Kritikpunkt: Die Zahl der Kindstötungen sei seit Einführung der Babyklappen nicht zurückgegangen. „Frauen, bei denen die Gefahr besteht, dass sie ihr Neugeborenes töten oder aussetzen, werden von diesen Angeboten nicht erreicht“, heißt es in der Stellungnahme.

Die Alternative - Vertraulich statt anonym

Stattdessen sollen die bestehenden Hilfsangebote für Schwangere Not- und Konfliktlagen ausgebaut und mehr publik gemacht werden. Das Alternativ-Modell des Ethikrates sieht eine „vertrauliche Kindesabgabe mit vorübergehend anonymer Meldung“ vor: Die Mutter bringt ihr Kind in einer Klinik zur Welt und bleibt gegenüber dem Standesamt vorläufig unbekannt. Innerhalb einer Frist muss sie sich entscheiden, ob die das Kind zu sich nehmen oder zur Adoption freigeben will. Sie hinterlässt ihre Personalien an einer unabhängigen Stelle. So kann das Kind später seine Herkunft erfahren. Im Idealfall könnten Eltern durch umfassende Beratung und Begleitung Beziehungsprobleme lösen und Auswege aus einem schwierigen sozialen Umfeldes finden, sodass sie ihr Kind selbst aufziehen könnten.

Frauen zu erreichen, die ihre Kinder aussetzen oder töten, sieht der Ethikrat als sehr schwierig an. „Ob diese Frauen überhaupt erreichbar sind, ist fraglich, da sie oftmals im Affekt, in Panik handeln. Daher wird es wahrscheinlich leider nicht möglich sein, auch durch noch so gute Angebote alle Kindesaussetzungen und Kindstötungen zu verhindern“, so die Pressereferentin des Ethikrates, Ulrike Florian. Im Wesentlichen gehe es aber darum dass Frauen Hilfe finden, ohne ihren Kindern das Recht auf das Wissen um die eigene Herkunft zu nehmen.

Babyklappen gibt es in fast allen größeren Städten – aber nicht flächendeckend und für alle Frauen erreichbar. Nach Angabe von SterniPark sind es bundesweit 96. In etwa 130 Krankenhäusern können Mütter anonym entbinden. Der Ethikrat geht von bis zu 500 Findelkindern in Deutschland aus, die anonym geboren oder in Babyklappen gelegt wurden. Exakte Zahlen existieren nicht, weil einige Kliniken Angaben dazu verweigern.

Nicht unumstritten

Die Kritik an der Babyklappe ist so alt wie sie selbst - sowohl in Politik als auch innerhalb der Kinderschutzorganisationen gibt es Pro und Contra. Der Verein für Kinder in Not terre des hommes lehnt seit jeher Babyklappen und Angebote zur anonymen Geburt ab. Beides käme nicht notwendigerweise den betroffenen Müttern und Kindern zugute, sondern diene nicht selten dazu, ein ungewolltes Kind loszuwerden. Zahlen, die die Organisation von 1999 bis 2004 aus Medienberichten sammelte, zeigen, dass sie Kindstötungen nicht verhindern.

Das Projekt Findelbaby des Vereins SterniPark zog zum Jubiläum Bilanz: 39 Kinder wurden seit 2000 abgegeben. 14 davon sind wieder bei ihren Müttern. 23 Kinder wurden adoptiert. Mütter können nach der Übergabe ihres Kindes innerhalb von 8 Wochen ohne bürokratische Hürden die Erziehungsverantwortung wieder übernehmen. „Seit Eröffnung der Babyklappen sind in Hamburg drei Neugeborene nach der Geburt tot aufgefunden worden. Das sind drei zu viel - aber weniger als in jedem vergleichbaren Zehnjahreszeitraum zuvor“, so Dr. Jürgen Moysich, Geschäftsführer von SterniPark e.V.

Ob ein neues Gesetz die Abschaffung der Babyklappen bedeutet oder ob die bestehenden Einrichtungen als letzter Ausweg zumindest vorläufig erhalten bleiben, ist ungewiss. Ziel der neuen Debatte ist eine rechtliche Grundlage.