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Tagebücher aus der Schwangerschaft von Philippa

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.

Nachbericht

Nachbericht - Teil 1

Überschwemmungsupdate, zwei Kinder und ein Emotionschaos und der erste Blick aufs Wochenbett.

Guten Abend zusammen,

wo fange ich an? Erst einmal bin ich eine Entschuldigung schuldig! Ich hab es letzte Woche einfach nicht auf die Reihe gekriegt. Ich bin beim Tippen ständig eingeschlafen und mir ist das Handy aus den Händen geglitten und das Getippte war definitiv kein Deutsch mehr. Also probieren wir es heute Abend nochmal. Ich stehe gerade im Wohnzimmer mit unserer Spionin in der Trage (!!!). Mein Mann ist mit unserem Sohn im Schlafzimmer und versucht, ihn davon zu überzeugen, dass jetzt ein guter Zeitpunkt ist zu schlafen.
Generell sehen aktuell unsere Abende so aus…der eine hier, der andere da und wenn wir alle zusammen sind, dann meistens weil es einfach anders nicht mehr geht und wir einfach nur noch schlafen wollen.
Irgendwie kryptisch, was ich hier schreibe, also nochmal von Anfang.

Unsere Spionin ist heute schon vier Wochen alt (Hilfe, die Zeit rennt jetzt noch mehr). Seit knapp zweieinhalb Wochen wohnen wir in der Zwischenbleibe - das Haus der Oma einer Freundin meiner Schwester. Es ist eine Zeitreise in die 50er Jahre, aber es ist ein Dach über dem Kopf und wir sind wahnsinnig dankbar. Dennoch stellt es uns vor Herausforderungen: vier Leute in einem Schlafzimmer ohne die Möglichkeit auszuweichen - außer zum Babytragen ins Wohnzimmer. Parallel schlafen, geht dann aber nicht. Stauraum ist Mangelware und allein was an Baby- und Kleinkindkleidung, Stoffwindelzubehör und Dreckwäsche zusammenkommt, ist rekordverdächtig. Kein Stauraum bedeutet aber auch, dass das Chaos vorprogrammiert ist. Chaos wiederum macht alles ein wenig unentspannt und gefühlt ist man die ganze Zeit nur am Aufräumen.
Zudem ist das Haus nicht in unserer Gemeinde, sondern etwa 35 Minuten mit dem Auto entfernt. Jedoch dauert eine Fahrt aktuell meist mindestens eine Stunde, wenn wir Glück haben, da aufgrund des Unwetters einige Autobahnen rund um Köln gesperrt sind und saniert werden müssen.
Das bedeutet, dass die Anfahrt zum Kindergarten plötzlich von entspannten 8 Minuten auf ungefähr das Zehnfache gestiegen ist. Alternativen mit dem Zug gibt es nicht. Denn auch dort wird nur mit Schienenersatzverkehr gearbeitet - die stauen sich also auch über die Autobahnen und Landstraßen zu ihrem Ziel.

Damit sieht unser Alltag ganz anders aus als ursprünglich geplant. Mein Wochenbett hat diesmal den Namen nicht verdient und ich sende jeden Tag Stoßgebete gen den Himmel, dass mein Beckenboden es mir verzeihen möge…

Unter der Woche sind wir jeden Tag bei uns im Ort. Unser Schlumpf ist nämlich seit zwei Wochen ein Kindergartenkind! Die Eingewöhnung läuft noch und seit dieser Woche mache ich das mit unserem Schlumpf. Mit meinem Mann will er spielen und ihn immer um sich haben. Mich beachtet er so gut wie gar nicht. Gestern und heute gab es die ersten Trennungsversuche. Einwandfrei hat das geklappt. „Tschüs, Mama! Bis später!“ Spaß hat er auf jeden Fall, egal bei welchem Wetter und trotz der Umstände, dass der Zugang zum Wald aktuell gesperrt ist aufgrund von Umsturzgefahr der Bäume. Somit verbringen sie den ganzen Tag an den Bauwägen und dem angrenzenden öffentlichen Spielplatz.

Währenddessen werden in unserem Haus Böden, Estrich, Dämmschicht und Putz entfernt. Wir machen im Endeffekt eine Kernsanierung des Kellers. Im EG wird dann auch noch der Boden entfernt. Da wir ein offenes Treppenhaus haben - also weder eine Tür im EG noch im Keller, die die Ebenen voneinander trennt, können wir aktuell dort nicht wohnen. Solange es feucht ist, besteht das Risiko von Schimmelsporen - schon nicht gut für Erwachsene, aber für Kleinkind und Neugeborenes ggfs. sogar lebensgefährlich laut Gutachter, wenn man ständig diesem ausgesetzt ist. Zudem staubt es ohne Ende.
Prognose: mit viel Glück können wir Ende Oktober wieder rein und im Arbeits-/Gästezimmer wohnen. Aber auch nur wenn alles trocken ist und eine Tür zum Keller eingebaut ist. Mit weniger Glück: Ende des Jahres/Anfang nächsten Jahres.

Ich versuche nicht drüber nachzudenken. Denn tue ich es, dann rückt die Tatsache, dass wir alle gesund und munter sind, in die hinterste Ecke meines Hirns und der Frust und der Unmut über die aktuelle Situation und die Hilflosigkeit nichts tun zu können, macht sich breit.
Die zweieinhalb Stunden Autofahrt machen mürbe; sowohl in unserer Unterkunft als auch in unserem Haus fühlt man sich als ungewollter Gast. Unsere Spionin ist ständiger Reizüberflutung ausgesetzt durch den Kindergarten, die Autofahrten und die kurzen Stopps an unserem Haus und findet abends schlecht in den Schlaf. Letzten Samstag bin ich allein mit ihr zu Hause geblieben und das war plötzlich eine ganz andere Nummer. Ich hoffe, dass es mit der Eingewöhnung nun schnell klappt, damit ich nicht jeden Tag mit muss bzw. früher zurück kann. Denn sind wir einmal unterwegs gibt es keine Möglichkeit ihr wirklich die nötige Ruhe zu geben und äußerliche Reize einzudämmen. Und nachmittags geht es genauso weiter, denn dann schaukeln sich die beiden im Zweifel gegenseitig immer weiter hoch. Es ist ein bisschen verkorkst und es hilft natürlich nicht, dass mein Mann und ich dauer-todmüde sind.
Die Möglichkeit, sich auf die neue familiäre Situation einzulassen, fällt gänzlich unter den Tisch.

Und eigentlich bräuchten wir die Zeit. Denn ich war mal wieder so naiv, dass ich die „Neuorganisation“ der Familie vor allem unter dem Aspekt zeitliche Strukturen betrachtet habe. Dass es aber vor allem eine emotionale Geschichte ist, hatte ich mal wieder unterschätzt.
Aber von einem auf den anderen Tag war da unsere Spionin und „mein Baby“, mein Schlumpf, war plötzlich weg. Die mentalen, kognitiven und auch körperlichen Veränderungen, die er in den ersten Tagen nach der Geburt durchgemacht hat, waren atemberaubend. Aber plötzlich war er eben nicht mehr mein Baby. Mama war und ist abgeschrieben und Papa ist hoch im Kurs. Eigentlich sollte ich mich freuen. Freuen darüber, dass er sich die Aufmerksamkeit, die er braucht, aus einer anderen Quelle holt. Aber manchmal macht mich das ganz schön fertig („Mama nicht lieb“) und ich frage mich, wo mein Baby von vor einem Monat hin ist. Er scheint emotional soweit weg und manchmal habe ich Angst, dass es so bleibt. Und dabei ist es nicht nur bei ihm plötzlich alles anders. Vor Spionins Geburt habe ich mir Sorgen gemacht, wie man eine zweite Person so lieben kann, wie ich meinen Sohn liebe, und ob man nicht doch hinterher das eine lieber hat als das andere Kind. Der Instinkt ist der gleiche - das, was wir bedingungslose Liebe nennen, ist auch bei der Spionin direkt da gewesen. Tatsächlich hätte ich mir darum keine Gedanken machen müssen. Bei unserem Schlumpf hat diese Liebe naturgemäß schon eine weitere Dimension. Zu dem „Basistarif“ kommen all die kleinen und großen Eigenschaften dazu, die sich jeden Tag offenbaren. Und so ist aus dieser instinktiven Liebe schon eine geworden, die auch dadurch bereichert wird, dass ich unseren Schlumpf auch als Person einfach toll finde und mag. Sein Lachen, seine Neugier, die Ecken und Kanten, die Funken und seine ganz eigene „Melodie“. Bei unserer Spionin werden sich diese Ebenen erst nach und nach zeigen.

Und das ist auch alles fine. Aber trotzdem hat es meine Gefühlswelt durcheinander gebracht. Einfach weil meine Aufmerksamkeit geteilt ist, mein Schlumpf manchmal soweit weg scheint und die Spionin überhaupt noch kein richtiges emotionales Feedback geben kann - wie auch, wir bauen ja auch erst eine Beziehung auf. Es ist ein bisschen wie im Limbo hängen. Alle Voraussetzungen sind da, aber das Update hat noch nicht geladen.
Zudem kann ich momentan den ganzen Blödsinn (noch) nicht mitmachen, mit dem mein Sohn und ich immer wieder zueinander gefunden haben. Wir müssen erst wieder eine neue oder andere Verbindung finden. Manchmal ist sie für eine Sekunde wieder da und kaum will ich sie festhalten, entschwindet er mir und mit ihm die Verbindung gleich mit. Und ja ich habe Angst, dass diese Verbindung, wenn sie dann mal konstant ist, nicht mehr so sein wird, wie vorher, dass ich „mein Baby“ gewissermaßen verloren habe.
Er erscheint mir so klein neben den „Großen“ im Kindergarten und so riesig zu Hause neben unserer Spionin. Und irgendwie bringt mich das aktuell durcheinander. Im Kindergarten greift der Beschützerinstinkt viel intensiver, weil er da halt wirklich noch mein kleines, großes Baby ist und zu Hause erwische ich mich dabei, dass ich doch das ein oder andere Mal plötzlich etwas erwarte, was ich vielleicht nicht tun würde, wenn er auch da noch ganz offensichtlich das kleine große Baby wäre. Und das ist natürlich Banane, weil er nicht plötzlich über mehr Verständnis und Fähigkeiten verfügt, nur weil unsere Spionin im Raum ist.
Ich hoffe ein bisschen, dass es irgendwann (bald) plötzlich „click!“ macht und alle Puzzleteile sich zusammenfügen, jedes seinen Platz findet.

Gleichzeitig könnte ich mir keinen besseren Verlauf im Umgang mit der Spionin wünschen. Nachdem in den ersten zwei Tagen die Worte „Baby bleibt nicht“ fielen und wir uns etwas betreten anschauten und ihm sagten, dass das mit der Rückgabe aber etwas schwierig ist, gab es keine weiteren ablehnenden Gesten. Ganz im Gegenteil ist er wahnsinnig fürsorglich. „Baby beint! (Baby weint)“, „Papa auch Baby streicheln“. Oder er kommt mit ausgestreckten Armen und sagt bestimmt: „Gib sie!“ und möchte sie halten. Und morgens wird sie begrüßt mit „Oh, Baby!“
Er darf sie halten und streicheln und beim Windelwechseln helfen und einem geht das Herz auf, wenn man das sieht.

Und auch sonst macht er Sprünge. Jeden Tag sprudeln mehr Wörter aus ihm heraus. Dass ich im Februar noch Angst hatte, dass es aber ganz schön langsam mit dem Sprechen geht, war im Rückblick lächerlich. Er schläft momentan, gefühlt, mit einem Duden unter dem
Kissen und haut Sachen heraus. Wahnsinn. Es ist schön und faszinierend, amüsant und einfach nur toll. Er plappert aber auch wirklich alles nach! Da darf man wirklich nichts falsches mehr sagen! ;-)

Und ansonsten?
Die Schwangerschaft sieht man mir im angezogenen Zustand eigentlich nicht mehr an. Der Bauch ist quasi weg. Die Linea nigra sieht man nun sehr deutlich und ich werde auch noch ein wenig an der Rectus Diastase arbeiten müssen, damit das wieder in den Ursprung zurückgeht, aber es muss ja auch nicht alles in den ersten paar Wochen passieren.
Aktuell wiege ich 62,3kg. Habe also noch gut 5 Kilo von den Schwangerschaftspfunden drauf. Ich fühle mich aber pudelwohl in meiner Haut und die meisten Hosen passen auch schon wieder ganz entspannt, wenngleich sie auch etwas enger als vorher sitzen.
Der Wochenfluss ist auch so gut wie vorbei. Und die Verletzungen und Nebenerscheinungen sind verheilt bzw. sind verschwunden. Denn ich hatte zum einen einen wahnsinnigen blauen Fleck im Schritt vom Nähen und zum anderen (oh mei jetzt wird es privat) hatte ich eine Hämorride plötzlich nach der Geburt. Dank der Presswehen gehe ich mal von aus. Zuerst dachte ich, dass es das Steißbein war, was wehtat, aber nein…Oh Mann, hab ich mich erschrocken. Vor allem wurde mir nichts gesagt im Krankenhaus…und rein theoretisch hätte der Oberarzt das doch sehen müssen beim Nähen. Ich also in voller Panik meine Hebamme angerufen, weil das allwissende Internet sagte, dass die meisten von ganz alleine in den Monaten (!) nach der Geburt weggehen würden. Die meisten?! Ja, und was wenn nicht? Als meine Hebamme abnahm, stammelte ich erstmal vor mich hin und druckste rum. Es war mir einfach ziemlich peinlich. Sie aber war total entspannt und sagte: „Das mag jetzt komisch klingen, aber besorg Dir Nasenspray.“ …reden wir beide gerade über das gleiche Körperteil? Aber sie meinte es ernst. Nasenspray bewirkt, dass die Schleimhaut in der Nase abschwillt. Hämorriden sind nix anderes, ergo…
Nasenspray hatte ich da und ob es jetzt daran lag oder auch von alleine weggegangen wäre, weiß ich nicht, aber es ist dann ziemlich schnell abgeschwollen und hat sich „rückstandslos“ verzogen. Und halleluja, das feiere ich. Nasenspray. Ernsthaft wer hätte das gedacht?

Das Stillen klappt super. Es hat etwa eine Woche gedauert bis wir den Dreh raus hatten. Das mit den vielen Anleitungen und Kind zur Brust statt Brust zum Kind raffe ich nach wie vor nicht. Ich lasse sie einfach machen und außer sie meint gerade, dass sie den Hungertod stirbt, macht sie auch den perfekten Fischmund. Hat sie Kohldampf und ich bin nicht schnell genug und hab vielleicht schon einiges an Milch gespeichert, so dass alles etwas fester ist, dann kneift sie zu Beginn ganz schön - nach dem Motto „Meins!!“. Aber dann zupf ich ihr die Lippen zurecht und schlage vor, dass sie doch den Kiefer entspannt und nach dem ersten Saugen macht sie das dann auch. Wohlgemerkt nur wenn sie nicht die Brustwarze selber gekniffen hat. Dann wurde abgedockt und neu probiert. Denn da reicht sonst schon eine Minute aus, dass man wund für die nächsten Tage ist. Fazit: ich hab meine vorsorglich besorgten Kompressen nur zwei Tage gebraucht.

Den Milcheinschuss aber habe ich verflucht. Eigentlich war ich davon ausgegangen, dass es diesmal nicht so schlimm würde. Denn diesmal bestimmte das Baby gleich die Nachfrage und nicht die Milchpumpe. Aber leider nein. Am Samstag nach der Geburt, kniete ich heulend auf dem Bett, weil es einfach so wehtat. Das ist wieder so ein Schmerz, mit dem ich nicht gut umgehen kann. Der hat mich beim letzten Mal schon in den Wahnsinn getrieben und diesmal auch. Ganz ganz ehrlich, ich hätte lieber die Geburt nochmal gemacht als diese 3 Tage Milcheinschuss und dachte auch genau das in dem Moment. Schmerzempfinden ist schon eine kuriose Sache.
Instinktiv hätte ich am liebsten niemanden an mich ran gelassen. Stattdessen muss man aber so oft wie möglich anlegen. Unsere Spionin war aber wahnsinnig trinkfaul, so dass ich echt das Gefühl hatte, ich würde platzen. Am Schluss habe ich abgepumpt, um den Druck zumindest etwas zu reduzieren. Die Pumpe hatte ich geliehen bekommen, denn die Pumpe von Mamivac ist leider in den Fluten untergegangen oder entsorgt worden. Ich hatte sie auf jeden Fall nicht mehr gefunden. Und war wahnsinnig dankbar, dass sich so schnell eine auftreiben ließ.

Und ansonsten? Ich weiß jetzt wieder, wieso wir mehr als 40 (ja, 40!) Spucktücher haben. Denn unser Spionin ist ein Spucki vom Feinsten und steht ihrem Bruder in nichts nach. Und treffsicher! Man ist von oben bis unten mit Mulltüchern bedeckt und sie findet trotzdem die eine Lücke. ;-) Mmmmh und wenn dann die warme halbverdaute Milch das Dekolleté runterläuft, weiß man wieder „Kinder sind ein Segen“ - hahaha.

Und dabei belasse ich es. Nächste Woche darf ich nochmal schreiben. Bleibt gesund und bis dann!

Philippa



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