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Stillen und arbeiten: Wie Stillen am Arbeitsplatz funktioniert

Noch stillen und trotzdem schon wieder arbeiten – geht das? Mit ihren Erfahrungen zeigt uns Cathrin Behn, dass sich Arbeiten und Stillen auch in einem stressigen Job keineswegs ausschließen müssen. Im Gegenteil!

In diesem Artikel:

Befragt


Cathrin Behn, 43, ist Rechtsanwältin und zweifache Mutter. Für sie war von Anfang an klar, dass sie trotz Job und Dienstreisen ihre Kinder stillt.

Stillen im Büro? In der Bahn? Im Gericht? Alles kein Problem!

Cathrin Behn ist seit über 15 Jahren als Rechtsanwältin tätig. Ihre Arbeit ist alles andere als ein Nine-to-five-Job: Grundsätzlich verbringt die 43-Jährige mehr als acht Stunden in der Kanzlei, und nicht selten reist sie mehr als einmal die Woche durch ganz Deutschland, um ihre Mandanten zu vertreten. Auch als sich ihr erster Sohn ankündigte, trat sie beruflich nicht kürzer. Selbst den Tag vor der Geburt ihres ersten Kindes hat sie noch gearbeitet.

„Mutterschutz gibt es für Selbstständige nicht. Also habe ich meine berufliche Tätigkeit nicht aufgegeben, sondern umstrukturiert“, erzählt die Anwältin. Das hat sie nach der Geburt auch so beibehalten: „Ich bin direkt nach dem Tag der Entlassung wieder in der Kanzlei erschienen.“ Einen Plan fürs Stillen hatte sie sich vorher nicht gemacht, denn „es kommt sowieso anders“. Aber sie war von Anfang an davon überzeugt, ihre Babys ausschließlich mit Muttermilch zu füttern.

Am besten erst eigene Bedürfnisse stillen

Die frischgebackene Mutter machte in ihrem Arbeitsalltag schließlich das passend, was nicht passte: Der Bürostuhl mit seinen hohen Armlehnen war zum Stillen alles andere als bequem, also nahm sie mit dem Fußboden vorlieb. Ihre Kollegen verstanden schnell: Ist die Tür geschlossen, ist Anklopfen und Auf-eine-Antwort-Warten angesagt. Denn dann war Cathrin gerade am Stillen oder Abpumpen. „In dieser Zeit habe ich dann auch den Telefonhörer daneben gelegt.“ Das war ebenfalls wichtig, um ungestört zu sein.

Nach drei Monaten begann Cathrin abzupumpen: Die abgepumpte Milch lagerte sie dezent in einer schwarzen Kühltasche im Kanzleikühlschrank. Den hatte sie zuvor einer gründlichen Reinigung unterzogen. Ihre Tagesmutter verfütterte dann die frische oder eingefrorene Milch nach dem FiFo-Verfahren: First in – First out.

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Unterwegs abpumpen? Ein Abenteuer!

Viele ihrer Gerichtsverhandlungen finden nicht vor Ort statt, weshalb Reisen zu Cathrins Job gehört: Mal ist sie bei Gericht in München, mal in Hamburg. „Etwas abenteuerlicher wurde das Ganze dann schon, wenn ich unterwegs war“, erinnert sich Cathrin und schmunzelt.

„Man entblößt sich zwar zum Stillen in der Öffentlichkeit, aber nicht beim Abpumpen. Und die Zugtoilette kam überhaupt nicht in Frage.“ Doch auch hier hatte sie Lösungsideen, um sich eine Umgebung für ungestörtes Abpumpen zu schaffen. Entweder saß sie nach Absprache mit dem Schaffner im abschließbaren Catering-Abteil – gemeinsam mit den lecker duftenden Gratiskeksen für die 1. Klasse – oder hatte im Vorhinein schon das Beratungszimmer im Gericht zum Abpumpen nach der Verhandlung gebucht.

„Noch heute erinnert man sich dort an mich“, sagt die Rechtsanwältin. Sicherlich auch ein Zeichen dafür, dass Stillen beim Arbeiten nicht unbedingt selbstverständlich ist.

Hilfe beim Abpumpen

Abpumpen will gelernt sein:

Beratung und Übung geben Sicherheit

„Da muss jede ihren eigenen Weg finden!“

Letztendlich hat Cathrin ihre beiden Kinder jeweils ein Jahr lang gestillt, ein halbes Jahr davon voll. „Arbeiten und Stillen“, sagt die inzwischen zweifache Mutter, „war aus meiner Sicht die natürlichste und gesündeste Lösung für Mutter und Kind. Problematisch war daran nichts!“

Dass alles so gut lief, verdankt sie nicht nur ihrer pragmatischen Art und ihrer Überzeugung. Auch die Ratschläge ihrer beiden Hebammen und einer Still- und Laktationsberaterin aus München halfen, scheinbar Gegensätzliches miteinander in Einklang zu bringen. „Ehrlich gesagt wusste ich ein Jahr vor der Geburt noch nicht mal, was sich hinter der Berufsbezeichnung Still- und Laktationsberaterin verbirgt“, gibt Cathrin zu. Heute ist ihr klar, dass deren Tipp, frühzeitig mit dem Abpumpen zwischen den Stillmahlzeiten zu beginnen und sich so und ihr Kind ans Abpumpen und an die Flasche zu gewöhnen, Gold wert war.

Cathrin Behn hatte Glück. Sie traf auf Menschen, die sie mit Rat und Tat unterstützten, und auf eine verständnisvolle Umwelt. Aber erst ihr starker Wille, ihr Pragmatismus, ihre Flexibilität und ihr Organisationsgeschick haben die Vereinbarkeit von Stillen und Arbeiten möglich gemacht.

Obwohl es nicht immer leicht war, blickt Cathrin mit Wehmut auf die innige Stillzeit zurück. „Ich würde wieder genau so handeln“, resümiert sie, „weil es mir leicht fiel und es für mich und die Kinder gut war.“ Mit Ratschlägen für andere Mütter hält sie sich jedoch zurück: „Da muss jede ihren eigenen Weg finden!“

Experten-Interview

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Du möchtest arbeiten, aber auf das Stillen nicht verzichten?

Gut geplant ist halb gemacht! Eine gelungene Stillvorbereitung und Absprache mit deinem Arbeitgeber ersparen dir viele unnötige Mühen: 

  • Sprich schon während der Schwangerschaft mit deinem Chef ab, dass du stillen willst. Du brauchst nicht um Erlaubnis zu fragen – aber für das Arbeitsklima ist es gut, vorher klarzustellen, was du benötigst: Dazu gehören ein Raum, in dem du ungestört abpumpen kannst, flexible Pausenzeiten und idealerweise ein Kühlschrank, um die Milch zu lagern. Gibt es den nicht, brauchst du eine Kühlbox!
  • Suche dir eine Betreuungsperson für dein Kind, die zu dir passt und flexibel ist! Denn sie wird dein Baby oft im Arm halten und es füttern – nach deinen Anweisungen.
  • Vielleicht hast du auch die Möglichkeit, in der Pause zu deinem Kind zu gehen oder es dir bringen zu lassen?
  • Teste aus, welche Art abzupumpen für dich die beste ist: Das Entleeren von Hand ist kostenlos, aber es braucht Übung und Konzentration. Handpumpen sind leicht zu transportieren, aber schaffen nicht so viel wie elektrische Pumpen. Mietpumpen sind effizient, kosten aber etwas mehr und sind sperrig.
  • Wenn du wieder mit der Arbeit beginnst, starte möglichst an einem Donnerstag und nimm dir in den nächsten ein bis zwei Wochen am Mittwoch frei. Auf diese Weise musst du nicht länger als zwei Tage hintereinander arbeiten, während ihr beide euch an den neuen Alltag gewöhnt.

Weltstillwoche 2015 - Working Mums im Fokus


Mit dem Motto „Stillen und Beruf – gemeinsam geht´s!“ legt die Weltstillwoche 2015 vom 28. September bis zum 4. Oktober 2015 ein besonderes Augenmerk auf alle berufstätigen Mütter, die trotz Arbeit und Abwesenheit ihre Babys stillen bzw. mit Muttermilch versorgen möchten. Für eine erfolgreiche Vereinbarkeit von Arbeit UND Stillen stellen Zeit, Raum und Unterstützung die drei wichtigsten Bedingungen dar, so die World Alliance for Breastfeeding Action (WABA). Seit 1991 ruft die WABA jedes Jahr in der 40. Kalenderwoche zur Weltstillwoche auf. Diese in rund 120 Ländern stattfindende Kampagne hat sich zum Ziel gesetzt, weltweit das Stillen zu fördern.