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Einschlafstillen – der natürlichste Weg, dein Baby sanft in den Schlaf zu begleiten

Einschlafstillen – auch breastsleeping genannt – ist eine Einschlafhilfe von Mutter Natur: Denn es beruhigt nicht nur dein Baby, sondern in der Nacht enthält die Muttermilch auch mehr beruhigende und schlaffördernde Inhaltsstoffe. Erfahre hier, warum das Stillen zum Einschlafen natürlich ist und deinem Baby Sicherheit vermittelt.

In diesem Artikel:

Einschlafstillen in der Nacht gibt deinem Baby Sicherheit

Indem du deinem Baby bei Bedarf die Brust gibst, signalisierst du ihm immer und zu jeder Zeit, dass du da bist. Gerade das nächtliche Aufwachen und Stillen beruht nicht immer auf dem Bedürfnis nach Nahrung.

Mama-Erfahrung 1

„Ich habe mir auch hin und wieder Sorgen gemacht anfangs. Dabei ist meine Kleine noch nicht mal vier Monate. Ich stille sie schon von der ersten Sekunde an in den Schlaf – erst nur für den Nachtschlaf und dann irgendwann auch für viele der Tagschläfchen. Es geht so schnell, so friedlich, so innig, ganz ohne Geschrei (größtenteils 😄). Aber ich hatte trotzdem Bedenken. Die sind inzwischen zum Glück komplett verschwunden und ich kann es wieder nur genießen und mich fragen, wie man denken kann, dass so etwas Schönes schlecht sein soll …“

Melanie, zweifache Mama

Dein Baby möchte sich versichern, dass du da bist und es beschützt: Deine Nähe, Wärme und vor allem der direkte Körperkontakt beim Stillen geben ihm Sicherheit. Dein Kind kann sich so beruhigen, wenn es desorientiert aufwacht und sich alleine fühlt.

Einschlafstillen: Das Bedürfnis deines Babys zählt!

Diese bedürfnisorientierte Einschlafhilfe erleichtert vielen Müttern im Alltag mit Baby das Leben. Oft sehen sie sich jedoch mit Kommentaren, Vorurteilen und Ratschlägen aus der Gesellschaft konfrontiert: Was, du stillst immer noch? Lass es bloß nicht an der Brust einschlafen, sonst lernt es nie allein einzuschlafen, du verwöhnst dein Kind u.s.w. 

Still- und Laktationsberaterin IBCLC Bärbel Aab beleuchtet die Vor- und Nachteile vom Einschlafstillen, gibt Tipps zum nächtlichen Stillen und erläutert wie und auch wann es gelingen kann abzustillen. Sie gibt uns mit dem Interview zudem einen spannenden Einblick in ihre beratende Arbeit mit Familien.

Unsere Expertin

Bärbel Aab

© Michael Straubinger@straupix


Bärbel Aab ist Ergotherapeutin sowie Still- und Laktationsberaterin IBCLC in
eigener Praxis in Regenstauf.

@stillenentdecken auf Instagram

Experten-Interview: Stillen zum Einschlafen hat viele Vorteile

kidsgo: Frau Aab, was sind die Vorteile, wenn Mütter ihr Baby in den Schlaf stillen?

Bärbel Aab: Durch das Saugen an der Brust beruhigen sich Kinder. Natürlich könnte sich ein Kind auch an einem Schnuller saugend beruhigen, aber an der Brust saugt es auf physiologischere Weise. Gleichzeitig hat es den Geruch der Mama, den Körperkontakt und die Wärme.

Und auch die Milchmenge passt sich dadurch optimal an: Wenn die Mutter ihr Baby in den Schlaf stillt, wird sie es in der Nacht noch ein paar Mal stillen, damit es weiterschlafen kann. Für die stillende Frau bedeutet das, dass ihr Säugling auf diese Weise die Milchmenge aufrechterhält, die er gerade braucht.

Und auch die Inhaltsstoffe der Muttermilch verändern sich je nach Tages- und Nachtzeiten: In der Nacht enthält die Muttermilch das schlaffördernde Hormon Melatonin, das Stillkinder leichter in den Schlaf finden lässt.

Und profitiert auch die Mama?

Bärbel Aab: Der Schlaf der Mutter passt sich dem Schlafverhalten des Babys an: Wenn die Mutter nachts stillt, wacht sie oft schon vor dem Kind auf. Aber sie erwacht sanfter und schläft auch leichter wieder ein, da sie Oxytocin und andere Hormone ausschüttet, die sie selbst entspannen. Und ein sehr großer Vorteil liegt natürlich darin, dass Mama nicht aufstehen muss – vorausgesetzt Mutter und Kind schlafen im gemeinsamen Bett.

Nächtliches Stillen: Gemeinsame Verantwortung als Eltern

Wow, das zeigt ja eindrucksvoll, wie ausgeklügelt die Natur das Stillen eingerichtet hat. Aber gibt es auch Nachteile, die das nächtliche (Einschlaf-) Stillen mit sich bringen kann?

Bärbel Aab: Stillkinder haben einen leichteren Schlaf und wachen öfter auf als Kinder, die mit der Flasche ernährt werden. Eben weil sie die Milchmenge über die Nacht aufrechterhalten und sich durchs Saugen an der Brust beruhigen. Das verführt manche Eltern zu glauben, dass Kinder durchs Flasche-Geben durchschlafen. Doch das kann man so nicht sagen: Auch wenn ein Kind eine Flasche bekommt, schläft es keineswegs durch.

Tipps für nächtliches Stillen

Dein Baby wacht nachts auf und hat Hunger. Stillberaterin Bärbel Aab erklärt, was du tun kannst, damit das Stillen in der Nacht für dich und dein Baby möglichst angenehm ist.

  1. Nicht auf die Uhr schauen! Ich kenne Mamas, die nächtliche Stillzeiten in einer App festhalten. Das liegt auf der Hand, dass man nicht schlafen kann, wenn man zusätzlich aufs Handy guckt.
  2. Wenn die Regeln für den sicheren Babyschlaf beachtet werden, ist es toll, wenn das Baby im Elternbett schlafen kann. Das sollte ein sehr großes Bett sein, damit es alle gemütlich haben.
  3. Man sollte etwas Bequemes anhaben, zum Beispiel ein Shirt, das man hochziehen kann, ohne an den Schultern zu frieren. Dafür braucht es keine Stillmode. Auch ein Hemd zum Aufknöpfen würde das nächtliche Stillen schon erleichtern.

Eine Gefahr ist jedoch, sich als Paar zu verlieren. Tatsächlich fühlen sich viele Frauen überlastet, haben zu wenig Entlastung durch den Partner oder die Partnerin. Vielleicht schläft er bzw. sie dann aber bereits in einem anderen Zimmer, und dann finden die Eltern nicht mehr als Paar zusammen. Das kann leicht passieren, wenn man als Mutter lange in den Schlaf stillt und danach nicht mehr „auftaucht“. Wenn es gut läuft, sagt ihr Partner irgendwann nach einem Jahr: Ich übernehme.

Einschlafstillen fördert Beziehung von Mutter und Kind

Solange eine Mutter zum Einschlafen stillt, ist das Kind ja quasi von ihr „abhängig“. Aber irgendwann will ja das Kind und/oder die Mutter auch mal eigene Wege gehen: Stichwort Kitabesuch.

Bärbel Aab: Tatsächlich ist der größte Stress und die größte Angst die Kita-Eingewöhnung. Das bereitet ganz vielen Eltern Sorgen, wie das gehen soll. Viele Frauen denken, dass sie ihr Kind, solange sie es in den Schlaf stillen, nicht abgeben, selbst nicht arbeiten können. Das kann ich nur entkräften. Die meisten Kinder kriegen gut die Kurve in der Kita, wenn sie reif dafür sind und die ErzieherInnen sie entsprechend begleiten können. Manchmal muss die Mutter ihr Kind noch direkt in der Garderobe stillen, wenn sie es abholt. Das ist eben ein vermeintlicher Nachteil, der nicht so schwer wiegen muss, wenn man es tatsächlich mal ausprobiert.

Hier in Bayern gibt es aber auch Kindergärten, die darauf bestehen, dass das Kind abgestillt ist, wenn es in den Kindergarten eingewöhnt wird. Dann rate ich den Eltern ab und gebe ihnen zu bedenken, dass es der falsche Kindergarten ist und dieser auch bei anderen Angelegenheiten auf Sachen besteht, die sie so nicht wollen.

Einschlafstillen abgewöhnen

Welche Gründe kann es geben, seinem Kind das Einschlafstillen abzugewöhnen?

Bärbel Aab: Viele Eltern finden heutzutage für sich einen bedürfnisorientierten Weg. Doch irgendwann kommen viele Mamas an die Grenze, wo sie sagen: Jetzt will ich es eigentlich nicht mehr, es ist nervig und es strengt mich furchtbar an. Dann kann man aber in dieser bindungsorientierten Blase ja fast gar nicht öffentlich sagen „ich will jetzt einfach nicht mehr und deshalb stille ich nachts ab oder ich möchte gar nicht mehr stillen“.

Mama-Erfahrung 2

„Wir hatten lange das Einschlafstillen. Allerdings habe ich es irgendwann ändern müssen, weil ich sonst alle halbe Stunde zurück ans Bett rennen musste und wieder stillen musste. Nachdem ich sie dann ohne stillen in den Schlaf begleitet habe, schlief sie sehr viel länger am Stück und ich hatte auch mal Zeit für mich abends. Aber solange sich beide damit wohlfühlen, ist das eine so schöne Einschlafmethode.“

Denisa, zweifache Mutter

Vor allem wissen die Frauen nicht wie. In der Angst, dem Kind Schaden zuzufügen, ist die heutige Mama-Generation eher bereit, sich selber Schaden zuzufügen. Auf Dauer brennen die Mamas aus – und das ist fürs Kind auch keine gute Situation. Manchmal fordert tatsächlich der Partner ein Abstillen – in meinen Augen ein nicht so glücklicher Grund. Da sollten die beiden miteinander ins Gespräch gehen und gemeinsam überlegen, was da eigentlich fehlt.

Trotz Kinderwunsch oder Schwangerschaft stillen?

Können Kinderwunsch und Schwangerwerden manchmal auch ein Abstillgrund sein?

Bärbel Aab: Ja, tatsächlich, wollen viele Frauen nachts abstillen, wenn sie sich ein zweites Kind wünschen. Sie wollen dann nicht mehr stillen, wenn sie schwanger sind. Der Gedanke, dass das erste Kind immer noch trinkt, wenn das zweite schon da ist, ist für viele schwer zu vereinbaren. Das tut vielen Frauen auch weh, dann loszulassen.

Manche schwangeren Frauen stillen weiter. Einige von ihnen stellen dabei aber fest, dass es schmerzhaft wird, weil die Brüste in der Schwangerschaft wieder empfindlicher werden.

Und dann gibt es noch den Fall, wenn sich der Kinderwunsch nicht auf natürlichem Weg erfüllen lässt, dass manche Kinderwunschkliniken stillende Frauen nicht behandeln.

Die Situationen sind also sehr individuell, so dass sich die Mütter von einer Fachperson Rat holen sollten, um gestärkt für sich selber einen Plan zu entwickeln.

Einschlafstillen bedürfnisorientiert beenden

Was sollten Mütter, oder besser gesagt Paare beachten, wenn sie das Einschlafstillen und vielleicht auch das nächtliche Stillen beenden wollen?

Bärbel Aab: Vor einem Jahr würde ich das Abstillen nicht empfehlen. Die Paare sind allerdings sehr verschieden. Wenn der Partner oder die Partnerin sich schon ganz früh mit einbringt und die Kinder selbstverständlich ins Bett bringt, dann ist das wunderbar. Wenn sich das aber so etabliert hat, dass die Mutter es jedes Mal zum Einschlafen stillt, würde ich immer dafür plädieren, dass der andere Elternteil versucht sich zu beteiligen.

Wenn man aber das nächtliche Stillen ganz abgewöhnen möchte, würde ich das niemals empfehlen, bevor ein Kind nicht wenigstens die Acht-Monats-Angst überwunden hat, also aus der Fremdelphase raus ist, Richtung 1. Geburtstag.

Abstillen – aber Wie?

Erfahre hier, wie bedürfnisorientiertes und liebevolles Abstillen gelingt und welche (vermeintlichen) Gründe es geben kann, dein Kind von der Brust zu entwöhnen.

Da ist sowieso von der Autonomieentwicklung her ein Moment, wo sich die Dyade zwischen Mutter und Kind langsam auflöst und die zweite Bezugsperson wichtiger wird und auch ihre Rolle übernehmen sollte. Wenn die aber gar nicht da ist, weil sie sich gedanklich schon längst verabschiedet hat und denkt, sie hat eh nichts zu melden, dann ist es schwierig. Wo soll sich das Kind hinwenden, wenn es sich von der Mutter lösen möchte und eine zweite Bezugsperson etabliert und eine Triade entstehen soll und da ist niemand, weil er vielleicht die ganze Zeit bei der Arbeit ist oder weil er es eh nicht machen kann?

Also empfehle ich, ein nächtliches Abstillen nicht zu forcieren, bevor die Fremdelphase durch ist, außer die Mutter möchte das unbedingt. Und in der Fremdelphase sollte man es sowieso nicht machen. Das wäre wirklich hart.
Die meisten Anrufe von Eltern erhalte ich übrigens in genau dieser Phase, da die Kinder viel öfter gestillt werden wollen, teilweise stündlich. Da rate ich, noch etwas durchzuhalten, da auch diese Phase vorübergeht und es nur noch besser wird.

Liebe Frau Aab, herzlichen Dank für das Gespräch!