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Brei oder BLW? Wie du BLW und Brei kombinieren kannst

Du denkst laut darüber nach, wann es an der Zeit für den Beikoststart ist – zack, schon prasseln von allen Seiten ungefragt Ratschläge auf dich ein: „Babybrei ist das Beste“, „gib bloß keinen Brei, versuch es lieber mit Baby-led Weaning“ usw. Aber: Müssen sich Eltern überhaupt entscheiden zwischen Brei und fester Kost nach dem Prinzip des BLW? Wir fragen zwei Expertinnen …

In diesem Artikel:

Beikost einführen: Brei oder Baby-led Weaning?

Baby-led Weaning

Hinter dem Begriff Baby-led Weaning (BLW) steckt die Idee, das Baby selbstbestimmt am Familientisch mitessen zu lassen. Dein Kind ist somit die treibende Kraft bei der Beikost-Einführung und nicht der starre Beikost-Fahrplan. „Beikost nach Bedarf“ – so übersetzt es der Deutsche Hebammenverband (DHV e. V.) – wird noch immer als neuer Trend gesehen.

Erfahre hier mehr über BLW!

In der Krabbelgruppe gibt es immer ein gemeinsames Frühstück. Das ist für die Kleinen wirklich das Highlight. Geschäftig machen sie sich über ihre Brotdosen her, um kurz darauf zu den anderen hinüber zu linsen.

Denn jeder weiß: Das Essen der anderen ist immer interessanter. Im Gespräch mit einigen Müttern fällt mir auf, dass eine Mutter besonders entspannt mit der Nahrungsaufnahme ihres Sprösslings umzugehen scheint. Dann fasse ich mir ein Herz und frage: „Wie weißt du denn, ob dein Kind alle wichtigen Nährstoffe erhält, die es für sein gesundes Wachstum braucht?“ Sie lächelt mich offen an und sagt aus tiefster Überzeugung, dass sie daran glaube, dass ihr Kind sich das nehme, was es braucht, solange sie nur die richtigen Dinge anbiete.

Das kurze Gespräch in unserer Krabbelgruppe steht stellvertretend für die zwei Beikost-Richtungen "Breifrei" und "Breikost", die sich in so manchen Artikeln und Diskussionen unversöhnlich gegenüberzustehen scheinen: Sind wir überzeugt, dass unser Baby selbstbestimmt nach den notwendigen Lebensmitteln mit den für ihn essenziellen Nährstoffen, Vitaminen und Mineralien greift – und zwar ausreichend –, oder ob aber sind wir der Ansicht, dass wir unser Kind am Anfang seiner Gourmetkarriere dabei helfen sollten, damit es sich auf jeden Fall ausgewogen ernährt. Und der Dialog steht sicherlich auch für etwas anderes: für die Verunsicherung der Eltern.

Beikostplan: Was Ernährungsexperten des FKE dazu sagen

Das Forschungsdepartment Kinderernährung (FKE) in Bochum zeigt anschaulich am Ernährungsplan für das erste Lebensjahr, wie Eltern ihr Kind ernähren sollten, damit es alle notwendigen Nährstoffe erhält und Allergien und Unverträglichkeiten vermieden werden können.

Der Plan des FKE sieht das Einführen von Beikost zwischen dem Beginn des fünften und siebten Lebensmonats vor – je nach individueller Entwicklung des Kindes.

Nach und nach werden Stillmahlzeiten um Babybreie ergänzt und ersetzen langsam die Muttermilch (oder Flaschennahrung) ab. Oberste Maxime sollte dabei sein:  Beikost behutsam unter dem Schutz der Muttermilch einführen – und möglichst lange begleitend weiterstillen!

BLW: Beikost nach Bedarf

Das Konzept des Baby-led weaning (BLW) hingegen löst sich von solchen Plänen, das Kind müsse zu einem bestimmten Zeitpunkt gewisse Lebensmittel zu sich nehmen, um gesund zu bleiben. Beim selbstgeleiteten Abstillen – wie BLW auch ins Deutsche übersetzt wird – legen die Eltern die Einführung der festen Nahrung im wahrsten Sinne des Wortes in die Hände ihres Kindes.

Die Aufgabe der Eltern ist es dann, ihrem Nachwuchs eine Palette an gesunden, nährstoffreichen Lebensmitteln anzubieten, aus der das Kind selbstständig auswählt und  sich bedient. Die Idee, die dahintersteckt: Jeder Mensch ist individuell und muss nicht nach einem festen Muster handeln, und das gilt auch für die Ernährung.

„Breifreie Kost: Das ist genau unser Ding“

„Ich wusste sofort, dass das genau unser Ding ist und sehr dem selbstbestimmten Wesen meiner Tochter entspricht“, sagt Zweifachmama Annina Schäflein. Sie ist Gesundheits- und Krankenpflegerin, Fachkraft für Babygeleitete Beikost und Stillbegleiterin (DAIS). Durch ihr eigenes Kind sei sie mit dem Thema BLW und Breifrei in Berührung gekommen: „Ich war sofort begeistert. Doch im Internet fand ich damals kaum Informationen und Rezepte zu dem Thema. Und so kam sie auf die Idee, den Blog Breifreibaby – Essen wie die Großen ins Leben zu rufen. Seit 2016 betreibt sie das Portal gemeinsam mit Ernährungsberaterin Lena Merz.

Seitdem hat sie auch mehrere Bücher zum Thema Breifrei veröffentlicht und steht auf ihren Social Media-Kanälen im ständigen Kontakt mit Eltern, die Fragen dazu haben.

Wie Beikost einführen? Findet euren Weg!

Annina Schäflein ist es vor allem wichtig zu vermitteln, dass jede Familie individuell ist und ihren eigenen Weg finden muss: „Ich vertrete BLW jetzt nicht als das einzig wahre Konzept, denn es gibt durchaus auch Babys, die sehr gerne mit Brei gefüttert werden. Aber mich begeistert es, weil es so eine natürliche Art ist, sein Baby an das Thema Essen heranzuführen. Eltern empfehle ich, einfach selber mal mit Fingern zu essen und sich die Zeit zu nehmen, die Lebensmittel auf ganz andere Weise zu erfahren. Dann wird einem erstmal bewusst, was für ein Geschenk wir den Kindern damit machen, hier ihre eigenen Erfahrungen sammeln zu können.“

Wann Beikost einführen?

Die WHO empfiehlt 6 Monate ausschließlich zu stillen und dann unter Einführung einer angemessenen Beikost weiter zu stillen. Wenn ein Kind ab einem Alter von ungefähr sechs Monaten keine ergänzende Ernährung erhielte – so heißt es – könne dies dazu führen, dass die Entwicklung des Kindes ins Stocken gerät. Dabei sei wichtig, darauf zu achten, dass die Ernährung ausgewogen, altersgerecht und sicher für das Kind sei.
Eltern tragen nach Aussage der WHO eine besondere Verantwortung, auf die Bedürfnisse des Kindes zu achten und das Kind im richtigen Augenblick dazu zu motivieren, etwas zu essen.

Kein Druck bei der Beikosteinführung

Ernährungswissenschaftlerin Prof. Dr. Mathilde Kersting, Leiterin des FKE, sieht das nicht generell anders. Auch sie sagt, dass man die Individualität des Kindes im Blick behalten müsse und sich selbst und das Baby beim Beikoststart keines Falls unter Druck setzen sollte.

Aber: Eltern sollten die Ernährung ihres Babys und Kleinkindes im Blick behalten, um sichergehen zu können, dass die verschiedenen Nahrungskomponenten auch wirklich beim Kind ankommen: „Zunächst ist ja gerade bei den wachsenden Kindern wichtig, dass sie alle Nährstoffe bekommen, die sie benötigen. Je jünger die Kinder sind, desto wichtiger ist es auch, diesen Bedarf zu decken. Dass das mit dem Ernährungsplanplan für das erste Lebensjahr erreicht wird, haben wir nachgerechnet. Mit vier bis fünf Monaten entwickelt sich die Fähigkeit, dass Kinder festere Nahrung wie Brei bewältigen können.“

Doch auch wenn Babys das theoretisch können: Wenn es dir möglich ist, stille dein Kind – wie von der WHO empfohlen – sechs Monate voll.

Babybrei: Die sichere Ernährung?

Babys in diesem Alter sind in der Regel noch nicht in der Lage, ausreichende Mengen der verschiedenen festen Lebensmittel zu sich zu nehmen. Jedoch brauchen sie immer mehr von allen essenziellen Nährstoffen. „Breikost gilt deshalb als die sichere Art der Ernährung, um den Kindern zu diesem Zeitpunkt die von ihnen benötigten Nährstoffe zur Verfügung zu stellen“, so Expertin Mathilde Kersting. Grund hierfür sei, dass viele Kinder erst im zweiten Lebenshalbjahr sicher sich selbst füttern könnten. Kersting: „Daher ist unsere Empfehlung, den Kindern am Anfang Brei zu geben. Wenn das Kind dann zeigt, dass es mehr und selber essen möchte, dann kann und sollte es natürlich auch Fingerfood bekommen.“

„Es werden hierzulande mehr Kinder zu früh mit Beikost gefüttert als zu spät“, sagt Gudrun von der Ohe, Ärztin und Mitarbeiterin am Europäischen Institut für Stillen und Laktation.

Breifrei: Vorteile, wenn das Baby Familienkost isst

Breifrei-Befürworterin Annina Schäflein ist es wichtig zu betonen, dass die Ernährung mit fester Kost zahlreiche Vorteile hat: für die motorische Entwicklung und die Verdauung, aber auch, weil man selbst als Familie dadurch das Thema Ernährung noch einmal neu beleuchtet: „Wenn da plötzlich so ein kleiner Mensch mit am Tisch sitzt und mitisst, schaut man dann vielleicht doch noch einmal, wie die Familienkost gesünder und ausgewogener gestaltet werden kann.“ Dazu sei es gar nicht nötig, aufwendig zusätzlich zu kochen oder sich zunächst umfassend in das Thema einzulesen. Denn Breifrei heißt, dass Kinder mit wenigen Einschränkungen das mitessen können, was am Familientisch angeboten wird.

Woran kannst du Beikostreifezeichen erkennen?

Wenn man dazu einen Teil des Essens für das Kind zur Seite stellt, bevor scharfe Gewürze und vor allem Salz dazu kommen, kann ein gesundes Kind, wenn es beikostreif ist, eine erstaunliche Vielfalt an Nahrungsmitteln selbst zu sich nehmen – wenn es denn will.

Beikostreif ist dein Kind dann, wenn …

  • … es aufrecht allein oder mit geringer Unterstützung auf dem Schoß sitzen kann.
  • … die Augen-Hand-Koordination ausgebildet ist: Das Baby kann selbstständig Nahrung in die Hand nehmen und sie sich in den Mund stecken.
  • … der Zungenstreckreflex verschwunden ist: Dein Baby festere Nahrung nicht mehr sofort wieder mit seiner Zunge aus seinem Mund schiebt.

Nichts muss – Freude beim Essen hat Priorität

Wichtig ist es in jedem Fall, dass ihr als Eltern entspannt bleibt und gemeinsam mit eurem Kind herausfindet, welcher Weg zu euch und eurem Baby passt – Fingerfood oder Brei. Und wenn ihr euch für einen Weg entschieden habt, bleibt trotzdem offen. Denn natürlich kannst du zwischen den verschiedenen Beikostvarianten je nach Tagesform und Situation wechseln oder vielleicht zeitweise einfach eine Pause einlegen, wenn das Baby für feste Nahrung nicht bereit ist.
Das Fazit: Nichts erzwingen, damit die Nahrungsaufnahme für alle kleinen und großen Esser ein erfreuliches Erlebnis bleibt!