Zum ersten Mal beim Babyschwimmen
Eigentlich müsste Moritz schlechte Laune haben: Es ist neun Uhr früh und der Kleine ist ein ausgemachter Langschläfer. Trotzdem strahlt er über das ganze Gesicht und rudert so wild mit den Armen, als wolle er seine Mutter anfeuern, ihm doch jetzt bitte schnell, schnell, schnell die Schwimmwindel überzuziehen. „Es ist so witzig: Er weiß genau, was gleich kommt. Schon wenn ich mit ihm auf dem Arm die Halle betrete, kriegt er sich vor Begeisterung gar nicht mehr ein“, schmunzelt Mama Henrike Jung.
Vor drei Wochen war sie mit ihrem fünf Monate alten Sohn zum ersten Mal beim Babyschwimmen. „Ich war zunächst ein bisschen skeptisch, was uns das außer Planschspaß bringen soll. Aber Moritz fand es vom ersten Moment an super. Im Auto war er noch furchtbar knatschig. Nach nur einem Moment im Becken gluckste er fröhlich vor sich hin.“
Was musst du mitnehmen?
Eine Schwimmwindel ist in den meisten Bädern Pflicht. Außerdem wichtig: ein großes Kapuzenhandtuch, in das du dein Baby nach dem Schwimmen komplett einwickeln kannst, mildes Duschgel, eventuell Körpercreme oder -öl, eine Garnitur Wechselwäsche und die normale Windel für den Heimweg nicht vergessen. Da Schwimmen hungrig macht, an Proviant für größere Babys denken und für Still- beziehungsweise Flaschenkinder eine Milchmahlzeit einplanen.
Empfehlenswert ist, vor der ersten Stunde telefonisch abzufragen, wo du den Kinderwagen hinstellen kannst, und ob es einen Wickeltisch sowie einen Laufstall gibt, damit Mama oder Papa sich problemlos umziehen kann (ersatzweise nimmst du die Babyschale aus dem Auto).
Wie läuft ein Schwimmkurs ab?
Dabei ist im Wasser keineswegs Relaxen angesagt: Vor allem für die Eltern, die zu Beginn der Stunde in einer Art Polonaise hinter der Lehrerin her auf Zehenspitzen durch das 1,50 Meter tiefe Wasser trippeln und dabei ihr Baby auf dem ausgestreckten Unterarm sicher durch das nasse Element gleiten lassen, hat der Kurs durchaus etwas von Aqua-Gymnastik.
Zumal als Begleitmusik längst nicht nur sanftes Plätschern zu hören ist: „Das Krokodil, - dil, - dil, das wohnt im Nil, Nil, Nil“ tönt es fröhlich aus den Kehlen der Mamas und Papas, bis der Gesang durch das freudige Juchzen der Babys übertönt wird, wenn sie am Ende des Liedes durchgekitzelt werden. Hier bleibt kein Haar trocken. Die Kleinen zappeln bereits wenige Minuten nach Kursbeginn lebhaft herum, patschen die Händchen ins Wasser und strampeln wild mit den Füßen, sodass schon mal ihre Nebenmänner mitgeduscht werden.
Ans Wasser gewöhnen
„Früher hatte Carla Angst vor dem Baden“, berichtet Marie, „sie hat geweint, bevor sie überhaupt in der Wanne war, und wurde dann immer so hysterisch, dass wir spätestens nach zwei Minuten das Ganze abgebrochen haben. Weder Streicheln noch Singen hat geholfen. Ein Horror!“ Deswegen ließ sich die 32-Jährige eher widerwillig von einer Bekannten aus dem Rückbildungskurs zu einer Probestunde überreden. „Ich war überzeugt, dass wir nach fünf Minuten das Schwimmbad verlassen müssen“, erinnert sie sich. Doch es kam vollkommen anders: Carla fühlte sich sofort pudelwohl und schreckte nur ein einziges Mal zusammen, als ihr beim „Wasserfall“ unter den großen Düsen der Sprudelanlage ein paar Tropfen ins Auge spritzten.
Nähe stärkt Eltern-Kind-Bindung
„Seitdem ist sie wie ausgewechselt, was das nasse Element betrifft. Das Waschen ist überhaupt kein Problem mehr“, freut sich ihre Mutter. „Carla hat anscheinend verstanden, dass das Wasser in der Babywanne zu Hause nichts anderes ist als das hier im großen Becken.“ Und obwohl das sieben Monate alte Mädchen bereits zu fremdeln begonnen hat, lässt sie sich von der Kursleiterin bereitwillig auf eine flache Schwimmhilfe legen und zu ihrer Mutter durchs Wasser treiben. „Carla ist nicht nur von ihrer Wasserscheu kuriert, sie ist auch in den Wochen, seit wir beim Babyschwimmen sind, selbstbewusster und zufriedener geworden.“ Und wie zur Bestätigung ist Carla das Baby, das am lautesten kräht, als die „Sprünge“ vom Beckenrand geübt werden – natürlich immer mit Mamas Händen an den Hüften. „Wie sie mir dabei in die Augen schaut, ein solches Vertrauen! Das finde ich wunderschön, wir sind uns dann ganz besonders nah.“
Babypflege nach dem BAden
Die richtige Babypflege nach dem Badevergnügen verhindert, dass die Haut durch Wasser und Chlor zu sehr austrocknet oder gar juckt:
- Körper: Zuerst wäschst du deinem Baby unter der Dusche das Chlor von der Haut. Statt Seife, die die Haut zusätzlich reizt, eignen sich milde Babyduschgel mit rückfettenden Substanzen besonders gut.
- Haare: Den ersten zarten Flaum spülst du mit klarem Wasser. Das reicht. Oder hat dein Baby schon eine richtige Haarpracht? Dann nimm einen Klecks Babyshampoo.
- Abtrocknen: Hast du dein Baby in ein kuscheliges Handtuch gewickelt, kannst du es sanft trocken tupfen. Das ist hautschonender als abtrocknen. Achte darauf, die Hautfalten, zwischen den Zehen und vor allem auch die Ohren gründlich abzutrocknen.
- Hautpflege: Um nun der Babyhaut die entzogene Feuchtigkeit wieder zu geben, massierst du sanft eine Lotion oder eine Creme in die Haut deines Babys ein.
Schwimmen macht müde und hungrig. Am besten planst du eine Stillmahlzeit direkt nach dem Schwimmen ein, bevor´s dann nach Hause zum Schlafen geht.
Die natürlichste Frühförderung der Welt
Auch Melanie ist mit ihrer sechs Monate alten Tochter Sophia buchstäblich in eine andere Welt eingetaucht. Die 30-Jährige ist überzeugt, dass sich diese Erfahrung nicht nur positiv auf die Bindung zwischen ihr und ihrer Kleinen auswirkt, sondern auch Sophias motorischer Entwicklung zugute kommt. „Schon nach kurzer Zeit konnte Sophia frei sitzen. Erst ganz kurz und mit Starthilfe, dann selbstständig. Ich glaube fest, dass das auf das Babyschwimmen zurückzuführen ist. Die Bewegung im Wasser hat ihr Körpergefühl verbessert.“
Die Kinderärztin Dr. Sibylle Ott aus Wiesbaden kann diese Schlussfolgerung bestätigen. „Wasser ist in Mamas Bauch der natürliche Lebensraum des Babys, da bietet sich Babyschwimmen als frühe Bewegungsförderung geradezu an. Es fördert die Bewegungsfreude sowie die motorische, aber auch intellektuelle Entwicklung des Kindes. Über den Haut-an-Haut-Kontakt stärkt es die Eltern-Kind-Bindung und ist eine wertvolle gemeinsame Erfahrung.“
Schwimmkurse sind kein Schwimmunterricht
Erkenntnisse wie diese haben auch Karl überzeugt. „Als ich von meiner Frau zum ersten Mal vom Babyschwimmen hörte, dachte ich, das sei so eine Frühförderungs-Modeerscheinung: Kaum ist das Kind auf der Welt, geht es ab in den Schwimmunterricht.“ Eine befreundete Hebamme allerdings habe ihm erklärt, dass es sich bei diesem Angebot nicht um ein Programm à la „Seepferdchen für Minis“ handle, sondern es vielmehr um Wassergewöhnung sowie schlicht und ergreifend um Spaß und Entspannung im Nass gehe. „Und Fun haben wir auf alle Fälle“, sagt der 41-Jährige und lächelt stolz seinen Sohn an, der eifrig mit den Füßen paddelt, kurz bevor das Abschiedslied beginnt.
Hygiene verhindert Infektionen
Anschließend heißt es für Groß und Klein ab unter die Dusche. Drücken gilt nicht – und zwar im eigenen Interesse. Denn andernfalls können durch das Chlor auf Babys zarter Haut Irritationen auftreten. Danach werden die Kleinen gut abgetrocknet und an kühleren Tagen warm eingepackt, um Infektionen der Ohren und oberen Atemwege zu vermeiden.
Durchfallerkrankungen lassen sich so allerdings nicht ausschließen. „Hier spielen die Rotaviren neben vielen anderen Erregern eine Rolle“, weiß Dr. Ott. Da sie zu schweren Krankheitsverläufen bei unter zweijährigen Kindern führen, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts seit Ende Juli 2013 eine Impfung. Diese reduziert deutlich das Risiko, an Rotaviren zu erkranken. Die dreiteilige Impfserie sollte dann aber vor dem sechsten Lebensmonat abgeschlossen sein. Seit Dezember 2013 übernehmen auch die Krankenkassen die Kosten einer Rotavirus-Impfung. Natürlich bietet eine Impfung aber nicht den einzigen Schutz vor Durchfallerkrankungen: „Grundsätzlich sollte beim Babyschwimmen auf allgemeinhygienische Maßnahmen wie gutes Händewaschen nach dem Wickeln und Abduschen vor und nach dem Schwimmen geachtet werden“, rät Dr. Ott.
Experteninterview - Worauf ist beim Schwimmkurs zu achten
Deva Doege gibt Kurse im Babyschwimmen. Sie ist Geburtsvorbereiterin, Osteopathin sowie Yogalehrerin im Münchner Familiengesundheitszentrum Aquasanum.
Wie alt sollte ein Baby beim Beginn des Babyschwimmkurses sein?
Mindestens zehn Wochen, da Babys vorher meist nicht über eine ausreichende Kopf-Nacken-Kontrolle verfügen. Auch können die vielfältigen Eindrücke sonst zu einer Reizüberflutung führen.
Für welche Babys eignet es sich generell?
Grundsätzlich für alle. Während eines Infektes oder unmittelbar nach einer Impfung bleibt das Baby zu Hause. Auch Kinder mit Hautproblemen können in schubfreien Zeiten am Babyschwimmen teilnehmen. Bei schwerwiegenden Erkrankungen wie Herzfehlern sollte vorher der Kinderarzt gefragt werden.
Was bringt Babyschwimmen?
Babyschwimmen fördert die Kindesentwicklung und stärkt gleichzeitig die Eltern-Kind-Bindung. Das warme Wasser entspannt und beide können den intensiven Körper- und Hautkontakt miteinander genießen. Gerade in den sehr anstrengenden Phasen des ersten Lebensjahres bringt das Babyschwimmen viel gemeinsame Freude und Erholung.
Worauf sollten Eltern bei der Kursauswahl achten?
Informieren Sie sich unbedingt vorab über den Ablauf! Der Kursanbieter sollte eine berufliche Qualifikation haben und eine entsprechende Zusatzausbildung. Das Wasser sollte zirka 34°C warm sein, die Lufttemperatur angenehm. Insgesamt ist eine ruhige Atmosphäre wichtig. Auch die Hygiene spielt eine große Rolle.
Was ist ein No-Go?
Beim Babyschwimmen sollten Eltern ihren Kleinen keine Schwimmflügel anziehen, da ihre Babys sonst eine ungünstige Körperhaltung einnehmen, für die ihre Nacken- und Rückenmuskulatur noch zu schwach ist.
Frau Doege, vielen Dank für das Gespräch!