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Mikrobiom beim Baby – Warum eine natürliche Geburt seiner Darmflora nützt und die Immunabwehr stärkt

Eine besonders wichtige Extraportion an „guten“ Mikroben bekommt das Neugeborene bei einer natürlichen Geburt mit: Es wird regelrecht mit den Bakterien der Mutter „geimpft“.

In diesem Artikel:

Bakteriencocktail im Geburtskanal

Das Baby nimmt beim Passieren des Geburtskanal die in einer gesunden Vaginaflora siedelnden Bifidobakterien automatisch auf. „Eine Geburt auf natürlichem Weg dauert Stunden, in denen das Baby an der Wand des Geburtskanals entlangreibt und viel Flüssigkeit schluckt“, erklärt Maria Dominguez-Bello, Spezialistin für Bakterienökologie an der New York University und Koryphäe auf dem Gebiet Mikrobiom-Entwicklung bei Babys.

Mikrobiom? Was ist das?

Mit dem Bestseller „Darm mit Charme“ ist der Begriff „Mikrobiom“ in aller Munde und zu einem Lieblingsthema der Forschung avanciert. Man versteht darunter die Gesamtheit aller Bakterien, die uns von Kopf bis Fuß besiedeln.

Etwa 100 Billionen Bakterien mit mehr als 1.000 verschiedenen Bakterienstämmen befinden sich in unserem Darm. Von der Zusammensetzung der Darmflora hängt unser Immunsystem und damit unsere Gesundheit maßgeblich ab. Welche Mikroben sich im Darm ansiedeln, hängt unter anderem auch von unserer Ernährung ab.

Dieser Bakteriencocktail spielt eine zentrale Rolle beim Funktionieren des im Darm angesiedelten Immunsystems und beugt beispielsweise Auto-Immunerkrankungen wie dem Typ-1-Diabetes vor.

Bessere Immunreaktionen bei natürlicher Geburt

Wissenschaftler der Universität Luxemburg haben bei Babys in den ersten Tagen nach einer Kaiserschnitt-Geburt ein verändertes Mikrobiom im Darm und deutlich schwächere Immunreaktionen im Vergleich zu natürlich geborenen Kindern gefunden. „Möglicherweise erklärt das, warum per Kaiserschnitt entbundene Kinder häufiger an chronischen, mit dem Immunsystem verbundenen Krankheiten leiden“, schlussfolgert Studienleiter Prof. Dr. Paul Wilmes.

Babys Darmbesiedelung beginnt bereits im Mutterleib

Lange Zeit nahmen Forscher an, dass Gebärmutter, Fruchtwasser und Nabelschnurblut steril sind, das Baby also erst bei seinem Weg durch den Geburtskanal mit Bakterien der Mutter in Berührung kommt. Jetzt weisen neueste Studiendaten daraufhin, dass bereits während der Schwangerschaft die ersten Bakterien den Darm des Ungeborenen besiedeln. Sowohl im Nabelschnurblut als auch im Fruchtwasser wurden die für die Immunabwehr und für das Stillen wichtigen Lactobazillus-Arten nachgewiesen. Sie passieren die Plazentaschranke und gelangen über die Nabelschnur zum Baby. Der genaue Mechanismus der Übertragung ist allerdings noch ungeklärt.

Klar ist aber: Nach der Geburt fördern die in der Muttermilch vorkommenden guten Bifidobakterien und Laktobazillen zusätzlich die Immunabwehr.

Gesundes Mikrobiom: Abhängig von gesunder Ernährung

Mediterran statt westlich

Die traditionelle Mittelmeerküche mit reichlich Gemüse, Obst, Nüssen, Olivenöl und Fisch (allerdings nicht roh in der Schwangerschaft) hat laut neuren Studien eine positive Wirkung auf die Darmflora – ganz im Gegensatz zur westlichen Ernährungsweise mit viel Fleisch, Zucker und ungesunden Fetten.

„Das Mikrobiom ist ein Spiegelbild unserer Ernährung“, sagt Prof. Dr. Stephan Bischoff, Direktor des Instituts für Ernährungsmedizin an der Universität Hohenheim. „Eine gesunde Ernährung führt zu einem gesunden und vielfältigen Mikrobiom“, so Bischoff.

Je ballaststoffreicher und ausgewogener wir uns ernähren, desto vielfältiger und gesünder ist das Mikrobiom unseres Magen-Darm-Traktes. Konkret bedeutet das: regelmäßige, abwechslungsreiche Mahlzeiten aus vollwertigen Lebensmitteln, Vollkornbrot statt hellen Weißmehlbrötchen, Nüsse statt Schokolade naschen und viel Obst und Gemüse essen. So entsteht eine gute Nahrungsgrundlage für die kleinen Helfer wie Bifidobakterien oder Laktobazillen.

Inzwischen weiß man, dass ein vielfältiges, gesundes Mikrobiom wichtig für die Abwehr von Krankheitserregern ist und Autoimmunkrankheiten wie beispielsweise Asthma und Diabetes aber auch Übergewicht verhindern kann. Doch es geht noch um weit mehr: Es bestimmt sogar über Gemüt und Verfassung. Versorgen wir also unseren kleinen Darmbewohnern mit dem richtigen Futter, bleiben wir und der Nachwuchs gesund – und gut gelaunt!