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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
12. Schwangerschaftswoche

Lost in Translation - Japan

Die große Reise beginnt und Eindrücke über Japan... und meine Fehltritte...

Hallo!

So, wir sind in Europa! Besser gesagt, auf der grünen Insel angekommen = Irland! Wenn ich so aus dem Fenster schaue, sehe ich viele braungrüne Hügel, Nebel und Regenwolken. Also sollten wir hier richtig sein! Meine beste Freundin, die hierher ausgewandert ist und ihre Rasselbande schlafen noch und so sitze ich bei Kräutertee in der Küche und fülle meine Zeit sinnvoll mit diesem überfälligen Bericht. Finjas kraucht derweil in der Küche rum und bespielt neues Spielzeug und schaut schon mal, was es denn hier in den Schubladen gibt.

Dieser erste Teil meiner Reise führte Finjas und ich mich Mitte letzter Woche zunächst einmal nach Tokio. Der Abflug am Mittwochabend war um 22 Uhr geplant, und so hatte ich meine Hoffnungen verstärkt auf einen sehr ruhigen, von Schlaf geprägten Flug gesetzt. Doch Finjas sollte mich eines Besseren belehren! Der junge Mann dachte zwar trotz Müdigkeit so überhaupt gar nicht an Schlaf! Wir hatten einen Platz mit Babybett bestellt und zum Glück war auch der mittlere Sitz neben uns frei! Doch – wie vermutet – war Finjas dieses Jahr schon ein wenig zu lang für das Bettchen und auch die Abdeckung lag ihm ca. 5 cm über dem Kopf. Das führte zu Unmut und somit konnte ich das Bett und den ersehnten Schlaf darin erstmal abhaken. Aber auch abgesehen davon gab es für einen 1 ½-jährigen viel zu viel zu entdecken... Und so konnte man uns beide die ersten 5 Stunden (von 9 Flugstunden Sydney – Tokio) die Gänge der Economy Class auf und ab rennen sehen... Was für ein Spaß! Mutti wurde immer müder und rannte schlafwandelnd hinter Junior her. Zeitweise hab ich echt gedacht, wie bekloppt ich denn sein muss, dies FREIWILLIG auf mich zu nehmen. Schwanger alleine mit ´nem Kleinkind um die Welt zu reisen. Denn ich kann ja leider nicht mal behaupten, dass man mich gezwungen hätte – nein, diese gloriose Idee stammt von mir allein. Und so war ich denn auch echt allein da oben „über den Wolken“. Um uns herum wurden Lichter und Äuglein zugemacht und seelig geschlummert. A 4 Stunden vor der Landung hat dann endlich auch Finjas die Augen zugemacht und ist auf meinem Schoss eingeschlafen.

Das stellte mich als Blasenschwache Schwangere natürlich auch gleich wieder vor die nächste Herausforderung... Wohin mit dem Kind, wenn Mama gleich platzt? Ich hab ihn dann, als gar nix mehr ging, ganz nach japanischer Origamivorlage in das Kinderbett gefaltet und konnte so ein wenig Freiheit und ca. 2 h leichten Schlaf genießen.

In Tokio angekommen grüßte uns gleich mal ein kalter Wind – Oh Gott, gedacht hatte ich daran, aber nach australischem heißen Sommer war das doch erstmal ein Schock. Irgendwann Stunden später kamen wir dann mit der Bahn in Shinjuku an, wo uns zum Glück meine gute japanische Freundin begrüßte! Was für ein Glück! Denn allein hätte ich uns beide mit 1 Kinderwagen, 1 Handgepäckrollkoffer, 1 großen Koffer und Babytasche echt nicht weiter schieben können. Ich muss hier ja gerade mal ganz stolz erwähnen, dass Finjas‘ und mein gemeinsamer Koffer mit Klamotten für 3 Monate nur 20 kg wog! (Wo ich doch normalerweise die „Übergewichtsqueen“ bin – zumindest auf dem Heimweg von Europa, beladen mit deutschem Gut...)

Wir haben die Tage in Tokio sehr genossen, haben gemeinsam mit Nao und ihrem kleinen Sohn (2 Jahre alt) einiges entdeckt und ich habe auch gleich noch ein Businessmeeting eingeschoben. Hier muss Finjas lobend erwähnt werden, denn ich war mir nicht so sicher, wie gut (oder ob überhaupt) er denn im Kinderwagen tagsüber schlafen würde. Aber er ist tatsächlich 5 Minuten vor dem Meeting eingeschlafen, lag seelig schlummernd in der Ecke und wachte prompt bei der Verabschiedung auf! Super! Meine japanischen Kollegen waren sehr beeindruckt (ich ehrlich gesagt auch... ich hatte schon Visionen von uns allen unter und überm Konferenztisch, Finjas jagend.)

Ich habe als Kind (6-9 Jahre alt) mal 3 Jahre mit meinen Eltern in Tokio gelebt und dann auch vor 10 Jahren dort noch einmal ein 3-monatiges Praktikum gemacht. So kommen für mich immer wieder Erinnerungen hoch und natürlich vergleicht man auch die Gesichtsweise eines 6-jaehrigen Kindes mit der dann 21-jaehrigen jungen Frau und dann auch dieses Mal die Erfahrung als junge Mutter (Alter lassen wir hier mal raus...).
Ich muss sagen, dass sich einiges verändert hat – oder ich das zumindest so empfinde. (Ich werde mal meine Eltern nach ihren Eindrücken fragen.) Um mal so richtig vorbereitet in diesen Tagebucheintrag zu gehen, hab ich mir sogar ein paar Notizen gemacht!

Wenn man in Tokio ankommt und in die Eingangshalle des Flughafens tritt, fallen gleich mal die ganzen Michael-Jackson Look-likes auf! Zum Glück nicht wegen der Nasen oder so (obwohl, die sieht man ja gar nicht), sondern wegen der weißen Gesichtsmasken! Wohin man schaut – ein Meer aus weißen Gesichtsmasken! Ob das dem eigenen Schutz vor Fremd-Viren oder dem umsichtigen Schutz seiner Mitmenschen dient, konnte ich nicht herausfinden. Ich nehme allerdings ersteres an... Im Convenience Store (so kleine Läden, in denen man rund um die Uhr (Un)Nützliches kaufen kann) gibt es eine ganze Kollektion dieser Masken, sogar für kleinste Kinder!

Das Verschenken von mit Werbung bedruckten Taschentüchern ist an jeder Ecke Gang und Gebe. Wohin diese Myriaden von Taschentuchpackungen wandern, hat sich mir seit Jahren nicht erschlossen... Irgendwo muss es ein Land geben, in denen diese Taschentuchpackungen hausen. Oder es gibt geheime Recyclingstationen, in denen sie gleich nach Erhalt wieder abgegeben werden. Denn eines ist sicher – benutzen tut die hier keiner! In Japan wird mit Schmackes hochgezogen – so richtig schön lautstark und für alle leicht nachvollziehbar. Ich muss gestehen, dass dies eines der Geräusche ist, die mir so richtig unter die Haut gehen und mich auch aus dieser fahren lassen. In einem Versuch, das zu verstehen, hab ich meine Freundin mal gefragt, warum denn niemand – auch in größter offensichtlicher Taschentuch-Bedürftigkeit – diese benutzt. Sie schaute etwas verständnislos und meinte dann, dass das Hochziehen von den Allergien kommt. Armes Japan – 99.99% aller Japaner haben scheinbar große Allergieprobleme!
Aber auf der Kehrseite fanden mich die Japaner vermutlich ebenso furchtbar, da ich ja dank Erkältung die ganze Zeit meine Nase geputzt habe. Soviel zu kulturellen Unterschieden. Derer gibt es auch noch anderer – auch aus der Kategorie Geräusche. Schlürfen ist das Thema. Was bei uns im westlichen Europa als schlechte Manier gilt und auch schon kleinen Kinder beigebracht wird, wird in Japan zelebriert. Und das auch schon von klein auf. So saßen wir am Essenstisch und der kleine Sohn meiner Freundin (2 Jahre alt) schlürfte voller Hingabe seine Nudeln, in Unison mit seiner Mama.

Und was ist mir sonst noch aufgefallen? Im Gegensatz zu meinen Erinnerungen, in denen die Japaner(innen) voll auf kleine europäische (blonde) kleine Kinder standen, ständig die Haare anfassen, Fotos machen und immer „Kawaii“ (= niedlich) riefen – so hat sich das echt geändert. Kaum einer hat uns, und versteht mich nicht falsch – ich fand das teilweise ganz angenehm, beachtet. Wo es allerdings kompliziert wird, ist wenn das in echte Ignoranz umschwenkt. Das kann man überall auf der Welt beobachten – wie wenig heute noch einander geholfen wird! Egal, ob man für ältere Menschen in der Bahn aufsteht, einer Schwangeren hilft oder sich bückt, wenn einem Mitmenschen was runter gefallen ist.

Und trotz eines massiven Passagieraufkommens, das der tokiotische Nahverkehr jeden Tag zu bewältigen hat, gibt es wenige Fahrstühle oder Rolltreppen. Dementsprechend herausfordernd ist die Navigation mit einem Kinderwagen. So stand ich mehrere Male am Fuße oder oberen Ende einer langen Treppe, schaute etwas verloren und Hilfe suchend um mich – und alle anderen Menschen liefen schnurstracks an uns vorbei. Ich musste mich den Leute regelrecht in den Weg schmeißen und sie fragen, ob sie uns denn mal hoch- oder runter helfen könnten. Meine Freunde erklärten mir das damit, dass viele Japaner sehr schüchtern wären und einfach Angst hätten, „das Gesicht zu verlieren“, wenn sie ungefragt Hilfe anbieten würden. Das versteh ich zwar – aber es hat in mir nur den Wunsch verstärkt, Finjas zu einem hilfsbereiten jungen Mann zu erziehen. Und es sei angemerkt, dass viele jüngere japanische Frauen sich mittlerweile bei aller Liebe zur eigenen Kultur wünschen, dass ein paar „westliche“ Konzepte in das japanische Alltagsleben eingewoben werden würden. (Mein deutscher Freund C., der in Tokio lebt, sagt dass ihn die japanischen Mütter fast küssen würden, wenn er ihnen hilft.) Und als persönliches positives Beispiel muss man ja mal London nennen – dort haben mir im letzten Jahr soviel Menschen ungefragt mit dem Kinderwagen geholfen, das war schon fast unheimlich! Manchmal wollte ich nur überlegen, wohin ich denn als nächstes gehen muss – und eh ich’s mich versah, hatte schon ein junger Mann den Kinderwagen geschnappt und war auf dem Weg nach unten!

Ganz dolle hab ich mich auf das japanische Essen gefreut – und dementsprechend meine kulinarischen Bedürfnisse gestillt! Finjas fand das auch superlecker und so haben wir uns beide durch Udon- und Sobanudelsuppen, Tofu etc. gegessen. Nur bei Sushi musste ich Halt machen, wegen der Schwangerschaft.
Grundsätzlich ist Japan aber echt teuer, vor allem bei derzeitigen Umrechnungskursen. Falls mal jemand von Euch in Japan einen Laden aufmachen will – hier ein goldener Tipp: Gebt Euch einen französischen Namen! Das scheint der allerletzte Hit zu sein! An jeder Ecke gibt es ein „Chez moi“, „Oh lala“ etc Laden! Meine japanische Freundin meinte, das würde so schön klingen und scheint ja bei der Erleichterung des Geldbeutels zu helfen. Ich habe aber auch einen Laden namens „Hansel und Gretel“ gefunden, in der Weleda Badeöl in der ganz normalen Verpackung aus dem Drogeriemarkt für 25 Euro(!!!!!) verkauft wurde! Also werde ich ab jetzt Kosmetikartikel, die wir als normal empfinden von jetzt ab auf die Geschenkartikelliste setzen.

Eines wollte ich euch nicht vorenthalten: Die japanische Toilette! Das ist ja echt das Beste, was man weltweit so findet: Die Toilette hat meistens einen beheizbaren Sitz (toll im Winter, bin mir aber über den Brutbetrieb der Bakterien hier nicht so sicher...) und eingebaut ist dann auch gleich die „Hinterndusche“ in verschiedenen Sprayarten, ein Bidet und „Blow-dry“... Also ein „Pofön“, damit er auch schön getrocknet wieder in die raue Welt treten kann! Außerdem haben viele Toiletten auch ein Audiosystem, das automatisch bei Eintritt in die Toilettenkabine angeht – entweder mit Musik oder der Imitation einer Toilettenspülung. Damit wird sichergestellt, dass man seine drum herumsitzenden Mitbürger nicht mit auf der Toilette entstehenden Geräuschen unterhält! Verrückt, oder?!

Als Mutter eines kleinen Mannes, die immer vor die Herausforderung gestellt ist „Wohin mit dem Kinde, wenn Muttern mal muss?“, fand ich ja die auch fotografisch festgehaltene Lösung super: Einen Extrasitz für kleine Kinder. So kann Muttern in Ruhe ihren Geschäften nachgehen und Junior muss nicht vor der Toilette stehen. Das sollte man mal überall einführen! Ich bin beeindruckt.

Und dann waren da noch meine 2 absoluten Fehltritte in japanischer Kultur: Wenn man in japanischen Haushalten ein Bad nimmt, so ist es Etikette, vorher zu duschen. In das Badewasser wird eigentlich meiner Erfahrung nach auch kein Badezusatz getan. Baden ist sozusagen ein fast spirituelles Reinigungsritual. Deswegen gibt es hier ja auch so tolle heiße Quellen, „Onsen“ genannt. Jedenfalls bin ich am ersten Abend mit Finjas direkt ins Bad gesprungen, ohne vorher geduscht zu haben. Dieser Fax-pas fiel mir aber erst später wieder auf – meine Freundin hat nix gesagt!

Und dann das zweite Malheur. Obwohl ich mir noch nicht so sicher bin, was „schlimmer“ war: Man zieht in japanischen Haushalten bei Eintritt ins Haus gleich seine Schuhe aus. Soweit, so gut. Aber auf den Toiletten gibt es dann spezielle Toilettenschlappen. Die Toilette meiner Freundin war allerdings so klein, dass man quasi beim Öffnen der Tür schon fast auf der Toilette saß – und dennoch gab es die Schlappen. Da ihr Fußboden so kalt war, habe ich mir gleich mal bim ersten Toilettengang die Schlappen angezogen. Und weil das so schön warm an den Füßen war, hab ich glatt vergessen, die auch wieder auszuziehen. So bin ich denn eine gute Stunde mit den Toilettenschlappen durchs Haus gelaufen!!!! Oh nein! Wieder wurde nix gesagt, aber ojojoj, ich weiß schon, dass dies ein großes „No no“ war!

Außerdem noch anbei ein Suchfoto: Wo ist das blonde Kind?! Hier waren wir auf einer Party mit alten Freunden von Nao. Ihr habt vielleicht schon mal festgestellt, dass Japaner auf Fotos (oder sobald ein Fotoapparat rausgeholt wird), das „Peace“-Zeichen machen. Ich hab ja die persönliche Theorie, dass die kleinen Japaner schon so aus dem Mutterleib rauskommen – Kopf zuerst und dann kommt ne kleine Hand raus und macht „Peace“! Jedenfalls macht der kleine Sohn meiner Freundin auch sofort das Zeichen, wenn man ein Foto von ihm macht! Soviel zur kulturellen Prägung! Ich habe es mal an Finjas probiert, aber der hat mich nur verständnislos angeschaut...

Ach ja, und schwanger bin ich ja auch noch! Das vergess ich fast bei der ganzen Reiserei. Manchmal muss ich mich richtig dran erinnern! Aber seit ca. 3 Tagen fängt der Bauch doch an zu wachsen und wird härter. Nur für mich erkenntlich, aber immerhin! Der Ultraschall letzte Woche ist gut gegangen und Rob kam zwar etwas spät, aber konnte seinen kleinen neuen Nachwuchs auch noch schnell betrachten. Die Werte für die Nackenfaltenmessung waren super, wir sind in einer ganz geringen Risikokategorie für Trisonomie-21. Hände und Füße sind dran und es hat ganz friedlich geschlummert. Finjas hingegen hat immer Purzelbäume geschlagen und es der Frau vom Ultraschall immer etwas schwieriger gemacht, eine vernünftige Messung zu erhalten! Der/die Kleine ist jetzt 6 cm groß und wächst gut.

Der Termin mit meiner Hebamme war klasse und ich freu mich sehr, dass ich in die „Group Practice“ aufgenommen wurde und so immer die gleiche Hebamme für Schwangerschaft, Geburt und Nachsorge haben werde. Rob war auch mit im Termin und ich glaube, das war für ihn ganz spannend, da er bei Finjas‘ Schwangerschaft nie mit bei der Hebamme war.

So, der Bericht war jetzt schon ewig lang. Nächste Woche dann versprochen wieder zur gewohnten Zeit, dann über unsere Abenteuer in Irland!

Ich wünsche Euch eine schöne Woche!
Bella

Suchfoto - Wo ist das blonde Kind?!

Bild: privat

japanische Toilette

Bild: privat



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Kommentare von Lesern:

Anja, Berlin26.02.2009 20:08

Hallo,

ein sehr spannender Bericht. Hat richtig Spass gemacht zu lesen!
Diese Toilette finde ich ja mal richtig Klasse, sollte wirklich auch hier in D eingeführt werden.
Weiterhin eine tolle Zeit in Europa!

LG Anja

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