Eure großartige Unterstützung und meine Liebe zu Kind und Berlin...
Wow, ich bin wirklich überwältigt von euren vielen Vorschlägen. Und es sind wirklich sehr schöne Namen dabei! Das ist wirklich lieb von euch. Mit so viel Input habe ich gar nicht gerechnet. Es hat sich aber sehr gelohnt, denn auf einige Namen wäre ich sicher nicht selbst gestoßen. Jetzt müssen wir das noch auskämpfen ob und für welchen wir uns entscheiden, oder ob uns doch noch ein anderer Name über den Weg läuft. Ehrlich gesagt ist diese Woche einfach auch so schnell vergangen, dass wir uns bis auf die Durchsicht eurer zahlreichen Vorschläge nicht weiter damit beschäftigen konnten.
Frieda ist übrigens in dieser Namenssache sehr destruktiv. Sie besteht nämlich darauf, dass das Baby Julia heißen soll. Allerdings heißen ihre zwei Kuscheltierkatzen auch schon Julia, oder um genauer zu sein „goße Jujia“ und „tleine Jujia“. Ein bisschen mehr Kreativität haben wir da schon erwartet, immerhin wird sie doch schon zwei.
Nun zum Baby. Unsere „Kleine“ ist ein sehr aktives Kind. Ich spüre sie wirklich ständig und ausdauernd. Und das wird ja noch viel intensiver werden… So die große Euphorie der ersten Schwangerschaft ist aber nicht mehr da. Da war jeder Tritt in die Eingeweide noch romantisch, ein kleines Wunder, ein „oh, stell dir doch mal vor, bald haben wir ein kleines Baby auf dem Arm! Ist das nicht schön?“. Es war damals noch so unglaublich. Die nun vorhandenen Augenringe, ständige Müdigkeit und Rückenschmerzen sind auch unglaublich. Wenn das so weiter geht, dann komme ich bestimmt vom Stillen direkt in die Wechseljahre, damit sich mein Körper das nicht noch einmal antun muss. Nein, das ständige getreten werden ist nicht mehr romantisch. Ich freue mich darüber, weil sich dieses Kind (und das ist hervorragend) einfach mit fortschreitender Schwangerschaft den Raum einnimmt, der ihm zusteht. Ich bin durch alles andere so abgelenkt, dass es durchaus Sinn macht, die Mami immer wieder kräftig zur Aufmerksamkeit zu zwingen. Aber wenn ich dann am Abend endlich und wie immer viel zu spät ins Bett gekrochen bin und nur noch schlafen will, dann… Dann geht das Getobe los! Und dann bin ich spätestens genervt und spreche ein elterlich - autoritäres Machtwort um mich sofort daran zu erinnern, dass dieses völlig zwecklos ist. Auch das ist wohl bis jetzt einer der größten Unterschiede zur ersten Schwangerschaft. Nix Wunder – a n s t r e n g e n d.
Außerdem fühle ich mich jetzt schon wieder ähnlich einem Walross. Auch daran haben beide Kinder Schuld, denn während das kleine gemütlich schaukelt, besteht das große, welches durchaus in der Lage ist, sich selbstständig fortzubewegen, auf „Mami Arm!“. Dann spielt sich in der Regel folgender Dialog ab: „Hast du Füße?“ –ja-, „wo sind denn die Füße?“ – da (drauf zeigend) unten-, „und Beine hat die Frieda auch?“ – ja, da- „na dann kannst du auch die paar Meter laufen“. Es folgt energisches Kopfschütteln, Schnute ziehen und erste Quengelgeräusche, immer wieder unterlegt mit „Ida Mami Aaaarm“. Um dann den großen tragischen Tränen auszuweichen, nehme ich sie auf den Arm. Und Kind stellt fest „Ida schwer“. Ja, super.
In letzter Zeit spielt sie öfters Baby und möchte dann z.B. auf dem Schoß gefüttert und im Wiegegriff getragen werden. Wir machen das ganz gerne mit. Denn was auch immer, sie ist nun einmal noch klein. Und wenn sie es eben noch einmal mehr sein möchte, spielen wir schön mit.
Gegen das Walrossgefühl hilft zum Glück mein Fahrrad. Denn nachdem der Schnee wieder weg ist, kann ich es endlich wieder benutzen. Und das passiert eigentlich auch das ganze Jahr über, solang es nicht in Strömen regnet oder Schnee liegt. Berlin ist eine echte Radfahrerstadt. Mit dem Fahrrad ist man in der Regel auch immer schneller als mit den Öffentlichen und mal ganz davon abgesehen offenbart einem dieser schöne Fleck erst all seine Schönheit, wenn man mal von den Hauptstraßen abweicht. Es ist einfach herrlich durch die Bezirke zu fahren und das Gefühl zu bekommen, man würde durch verschiedene Städte fahren. Seit ich Mutter bin, kann ich auch das Landleben wieder mehr würdigen und genießen. Allerdings könnte ich mir einfach nicht vorstellen, so zu leben. Für meinen Mann, als Ingenieur für Fahrzeugtechnik, wäre es wesentlich günstiger in Süddeutschland zu arbeiten. Aber trotz dem schönen Heidiland, der Weinhänge, der schönen Luft und der guten Landwirtschaft, ich kann da nicht leben. Urlauben, auf jeden Fall! Aber immer da? Ich habe ein ziemlich vorgefertigtes Bild in meinem Kopf wie sich das Dorfleben so gestaltet und dabei vermutlich nicht ein Klischee vergessen (inzestuöse Vergemeinschaftung, Ausgrenzung von allem Fremden, Kinder werden bei Nichtgefallen untereinander getauscht etc.)… Was an der Stadt immer bemängelt wird, ist die angebliche Anonymität. Das ist Quatsch. Die Leute die sich verstehen, finden hier auch zueinander. Dafür kann ich aber denen, die ich nicht für einen gelungenen Tag brauche, aus dem Weg gehen. Das geht auf dem Dorf einfach nicht. Meine Eltern wohnen typisch im Speckgürtel von Berlin, dem Berliner Umland. Ist auch schon Dorf. Da weiß quasi jeder Nachbar, wann der andere mal kacken geht. Jeder weiß über jeden Bescheid. Es wird sich eingemischt, getratscht und besser gewusst. Und dann kannst du eben nicht mehr in eine bestimmte Kneipe gehen, weil der eine dem anderen wieder irgendwas irgendwie versaut hat.
Einer der größten Vorteile von Berlin ist wohl, dass man hier so herrlich gut essen kann. Das gehört einfach mit dazu. Ist übrigens meist auch deutlich günstiger als auf dem Dorf, wo es nur einen Luigi gibt, der Pizza Hawaii genauso auf der Karte hat wie Rumpsteak, Tortillas, Gyros und Chinapfanne. Hier kann man so viele leckere authentische Köstlichkeiten aus anderen Ländern verschlemmen. Und sie vor allem auch kaufen und selber zubereiten. Nach dem Siegeszug der Discounter muss man auf dem Dorf eben damit leben, dass es keine Süßkartoffeln oder Zucchini gibt, wenn man sie gerade braucht (selbst erlebt). Ok, dafür gibt es Verkauf ab Hof mit saisonalen und regionalen Köstlichkeiten. Das ist natürlich schön, aber denkste die verwöhnten Großstädter würden darauf verzichten? Hier kriegst du entweder eine Gemüsekiste aus Brandenburg geliefert oder du gehst in einen der tausenden Biomärkte oder einfach auch auf den Wochenmarkt. Auf dieses Essen, diesen Luxus würde ich einfach nicht verzichten wollen. Ja, ich habe den Brühwürfel aus meiner Küche verbannt und freue mich wahnsinnig, mich hier kulinarisch so austoben zu können. Und, ich liebe diese Stadt! Ich will hier einfach nicht weg. Die bekannte freundliche Art des Berliners entlockt mir immer wieder Tränen der Rührung. Beispiel, beim Bezahlen im Supermarkt: ich „sie sind so schnell, ich komme gar nicht mit m einpacken hinterher“, sie: „dann gehn se doch zu eina meina Kolleginnen, sind alle langsamer.“ Oder der ebenso bekannte ständig gnatzige Busfahrer „pass ma uff Freundchen, dir werd ick wat husten!“. Oder die völlig überlastete Sprechstundenhilfe, die nach der dritten Frage, wann man endlich dran wäre mit: „sie sehen aber schon, dass ich hier nicht aufm Liegestuhl rumgammel? Während sie warten, können se ja mal zählen wie oft ich vorbeigerannt bin“. Ja, so kann man hier miteinander kommunizieren und es ist, wenn man es kennt, weder verletzend noch unhöflich. Man kürzt einfach etwas ab. Allen die es noch nicht kennen kann ich diesbezüglich das herrliche Brandenburglied von Rainald Grebe empfehlen. Das trifft es ziemlich gut.
Während ich hier schreibe, wird in mir wieder ausgiebig gehopst. Ich/wir erwarten ja eigentlich wieder ein so willensstarkes und temperamentvolles Kind. Und auch wenn sich das in diesem Moment vielleicht wie eine nette Formulierung für etwas Negatives anhört, ist es das keines Falles! So oft wir auch echt fertig waren mit den Nerven und sowieso allem, so mussten wir uns doch im Nachhinein immer eingestehen, dass wir 1. keine Kinder können, die da so lieb und süß nur vor sich rumliegen (die Ärmsten wären mit uns als Eltern total überfordert) und 2. wir auch mit solchen „braven“ Kindern nichts anfangen könnten. Außerdem, wie jede Mutter, habe auch ich bereits das allerschönste, witzigste, liebste, wundervollste Kind dieser Welt bekommen. Und inzwischen freue ich mich wirklich sehr auf einen ganz anderen kleinen und bestimmt genauso wunderbaren Menschen. Auf unser zweites Töchterchen. Man bin ich stolz! Die Schwangerschaft wäscht mich weich. Ich gehe wieder voll in dem Genuss auf Mami zu sein. Immer her mit Kindern!
Fortsetzung wie immer nächste Woche!
Euch allen ganz-ganz herzliche Grüße
Luise