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Tagebücher aus der Schwangerschaft

Eine neue wunderbare, aufregende und vielleicht auch lang erwartete Lebenszeit beginnt. Für unsere Tagebücher-Blogs haben wir immer 3-4 schwangere Frauen in unterschiedlicher Schwangerschaftsphase, die in freudiger Erwartung über jede Woche dieser spannenden Zeit schreiben, uns und die vielen tausend Follower:innen daran teilhaben lassen und damit unvergessliche Momente schaffen.
17. Schwangerschaftswoche

Die letzten Wochen...

Völlig benommen habe ich Robert gefunden, als ich mit den Kindern nach Hause kam. Die Notärztin hatte sofort den Verdacht: Schlaganfall! So begannen die schrecklichsten Wochen meines Lebens.

Liebes Kidsgo!-Team und alle, die Ihr an mich denkt,

ich bin gerührt, von der Hilfe und Unterstützung die ich erfahre. Aneke hat am Freitag ihren Kindersitz von Concord bekommen und ist ganz stolz darauf, endlich auch einen "großen Sitz" zu haben, wie ihre Freunde. Gestern bekam ich ein Päckchen von Kidsgo!, DANKE!!! Die kleinen Geschenke für mich stehen neben dem Kamin drapiert, die Adventskalender für die Minimonster werden nächste Woche aufgehängt! Ich schaffe es zwar nicht, selber einen Adventskranz zu basteln, denn ich habe zwei linke Hände doch werde ich versuchen, zumindest etwas Weihnachtsstimmung aufkommen zu lassen!
Ich kann verstehen, dass einige von euch auch skeptisch sind, ob wohl alles stimmt, was ich schreibe, denn schließlich gibt es im meist anonymen Internet viele unseriöse Dinge. Aus diesem Grunde möchte ich Euch teilhaben lassen an den letzten schrecklichsten Wochen meines Lebens, denn wenn ihr schon spendet, habt ihr auch ein Recht zu erfahren, wofür...

In meinem letzten Bericht, bevor das Unglück über uns hereinbrach, konntet Ihr ja lesen, wie anstrengend der Spätsommer für uns war (hätte ich damals nur gewusst, wie harmlos es im Vergleich zu jetzt gewesen ist). Ich hatte sehr mit den Folgen der Frühschwangerschaft zu kämpfen, übergab mich mehrmals am Tag und hatte viel zu viel Arbeit um die Ohren, da ich mich nicht entscheiden konnte, welche Honorarstelle ich streichen sollte bzw. wie. Unsere beiden Kinder hatten nacheinander die Windpocken und der Umzug stand kurz bevor.

Robert hatte die Idee, dass ich mit den Kindern vom 24. - 26. Okt. An die Nordsee fahren sollte (wir sind dort Stammgäste in einem Familotel), damit die Minimonster am Umzugstag nicht zwischen den Kartons wuseln. Gesagt getan, am Mittwoch brachte er uns zum Zug. Ich fand die Fahrt mit zwei kleinen Kindern sehr anstrengend und auch die Tage dort allein.
Einer Freundin schrieb ich folgende SMS: "Allein erziehend, nein, dass ist nichts für mich!" Ihr müsst wissen, dass Robert ein wunderbarer Vater war. Er stand morgens kurz nach 5 Uhr mit Kjell auf, damit ich bis 7 Uhr schlafen konnte, ging dann zur Arbeit und war ab 17 Uhr wieder voll für unsere Kinder da, ebenso am Wochenende. Nur deshalb konnte ich überhaupt so viel arbeiten, denn wir wollten das Geld nicht für eine Kinderbetreuung ausgeben. Der Haushalt blieb zwar dann liegen, aber die Kinder waren glücklich!

Als ich am 26. Oktober heimfuhr, wunderte ich mich, dass ich seit 11 Uhr nichts mehr von ihm gehört hatte. Ab ca. 16 Uhr bekam ich panische Angst und rief alle 10 Minuten zu Hause an. Ich versuchte mich zu beruhigen, indem ich mir einredete, er sei bestimmt unterwegs und habe das Handy vergessen. Um 17 Uhr fragte ich seine Eltern, ob sie etwas gehört hätten, doch sie meinten nur, Robert würde sich wohl die Beine vertreten. Als er uns dann nicht wie vereinbart vom Zug abholte, wusste ich, etwas Schlimmes muss passiert sein. Ich war wie panisch, informierte die Polizei in Mettmann und musste mir anhören: "Männer hauen schon einmal ab, das ist kein Grund für uns, rauszufahren." Ich flehte sie an, bei beiden Häusern vorbeizufahren, um zu schauen, wo das Auto steht und dort die Tür einzutreten, was jedoch verweigert wurde. So nahm ich ein Taxi und rief weinend Freunde an, damit sie kämen. Am alten Haus stand unser Auto nicht, jedoch vor dem neuen. Ich ließ die Kinder beim Taxifahrer, rannte zur Tür, kam jedoch nicht rein, da der Schlüssel von innen steckte. ich schrie, klingelte Sturm und trat gegen die Tür. Völlig benommen öffnete mein Mann mir endlich, gleichzeitig kamen eine Freundin und ein Freund an. Robert war wie weggetreten und wankte zu einem Stuhl, er hatte keine Orientierung und konnte sich an keine Ereignisse des Tages erinnern. Ich informierte den Rettungsdienst, die Zeit, bis sie kamen, zog sich endlos hin. Wir alle dachten, Robert sei die Treppe hinabgestürzt, als er ein Treppengitter zum Schutz für die Kinder anbringen wollte; wäre es doch nur das gewesen...
Die Notärztin hatte wohl sofort einen Verdacht, denn die linke Seite meines Mannes wies Funktionsstörungen auf, er konnte sie kaum koordinieren und zudem schlecht sehen. Er sprach und fragte immer das gleiche "Was machen die Kinder, Tanja nicht weinen, pass auf das Baby auf, nicht aufregen." Dann wurde er, nachdem endlich ein Intensivbett gefunden war, nach Duisburg Wedau ins Krankenhaus gefahren. Inzwischen trafen auch seine Mutter und Schwester ein, die ich informiert hatte. Aneke und Kjell konnten bei Freunden übernachten (was vorher noch nie der Fall war) und ich fuhr in die Klinik. Dort wurde Robert gerade untersucht. Alle seine Werte waren bestens, im CT konnte man noch keine Auffälligkeiten sehen (was nach einem Schlaganfall normal ist) und leider fiel der Begriff "mögliches Burn Out Syndrom". Nun fing die Vorwurfskette meiner Schwiegereltern an: "Du hast unseren armen Jungen völlig überlastet, er muss mal alleine Urlaub machen, Du fährst in den Urlaub und lässt ihn den Umzug machen, das dritte Baby muss doch nicht sein, es ist wohl das beste, wenn es sich auf natürlichem Wege verabschiedet,...” Diese eben genannten Worte sind im Vergleich zu dem, was in den nächsten Wochen zu mir und auch heute gesagt wurde, noch harmlos...

Die nächsten Tage besuchte ich Robert täglich 1,5 Stunden auf der Stroke Unit, es gab eine feste Besuchszeit. Er war ansprechbar und wurde zunehmend klarer, konnte mir sogar wichtige Pins sagen, und was in welchem Karton ist. Meine Schwiegereltern ließen mir keine Minute mit ihm allein, weshalb wir am Dienstag den Entschluss fassten, sie sollen erst wieder kommen, wenn Robert auf der normalen Station liegt. Inzwischen war ein leichter Schlaganfall diagnostiziert worden, was die Vorwürfe noch härter werden ließ. Robert konnte sich gegen die Zuwendungen seiner Eltern kaum wehren, so geschwächt war er. Trotzdem stand er völlig hinter mir und bat mich immer wieder, mich zu schonen und für unsere Kinder da zu sein. Die Ärzte fanden ein kleines Loch in seinem Herzen mit einer Ausbuchtung darunter, in dem sich Ablagerungen
gebildet hatten, die nun im Blutkreislauf waren. Es hieß, die Prognose sei bestens, das Loch würde per Katheder-OP verschlossen werden, anschließend käme die Reha und drei Monate später könne er wieder ganz normal arbeiten (wonach er immer fragte) und hätte, wenn überhaupt, nur leichte Beeinträchtigungen. Es bestände keine Gefahr mehr, denn sein Blut sei durch Makromar verdünnt, so können sich keine weiteren Thromben bilden.

Eine Nacht nach dieser Diagnose (30.10.) hatte er den zweiten schweren Schlaganfall. Er war rechtsseitig komplett gelähmt, konnte kaum noch sprechen, war jedoch bei vollem Bewusstsein. Was muss er für eine Todesangst gehabt haben. Immer wieder versicherte er mir, wie sehr er mich liebe und die Kinder ihm fehlen. Ich solle auf unser Baby aufpassen und versuchen, uns eine abgesicherte Zukunft zu erhalten. Ich solle nicht verzweifeln und mich von seinen Eltern nicht fertig machen lassen.
Die ließen es sich nicht nehmen, wieder täglich zu kommen, allerdings wich ich nicht mehr von Roberts Seite, wenn sie da waren und beteiligte mich an seiner Pflege, was sie nicht durften. Am kommenden Samstag saß ich dann, wie jeden Tag, wieder stundenlang an Roberts Bett, die strenge Besuchszeit war für mich aufgehoben, denn die Ärzte sahen, wie sehr wir uns brauchten und ich half ja auch bei der Pflege, ohne umzukippen. Meine Kinder wurden in der Woche von einer Familienpflegerin betreut, bis ich um 19 Uhr zu hause war, am Wochenende von meiner Schwester. Robert bemühte sich sehr, zu sprechen. Wieder sagte er mir, wie sehr er mich und die Kinder liebe, ich solle gut auf alle aufpassen und versuchen, unser Haus als Absicherung zu halten. Dann drückte er auf einmal mit voller Kraft meine Hand, es war, wie ein letztes Aufbäumen und schlief ein. Die Ärzte sagten, er sei sehr erschöpft, der Schlaf sei normal. Ich fuhr gegen 18.30 Uhr nach hause, wie jeden Abend, denn er wollte immer, dass ich wenigstens die kurze Zeit am Abend für die Kinder da bin und sie ins Bett bringe. Nachts um 3.09 Uhr bekam ich einen Anruf, ich solle sofort ins Krankenhaus kommen, sein Zustand habe sich verschlechtert und ich müsse eine wichtige Entscheidung treffen. Keine 30 Minuten später war ich da, meine Schwester blieb bei den Kindern. Robert hatte schwere Einblutungen im
Hirnbereich und lag im Koma. Ich musste entscheiden, ob eine Nadel gelegt werden sollte, um den Druck auf das Gehirn zu entlasten. Diese Maßnahme sei jedoch lediglich lebensverlängernd, nicht mehr lebensrettend. Ich entschied mich dagegen, hielt jedoch mit seinen Eltern Rücksprache, die diese Nadel auf jeden Fall wollten. Ich fühlte mich so zerrissen, was war SEIN Wunsch (wir haben nie über dieses Thema geredet), würden mir die Schwiegereltern ein Leben lang Vorwürfe machen, da sie meinten ich würde ihren Sohn umbringen. Was halten meine Kinder in einigen Jahren von meiner Entscheidung. Die Ärzte spürten meine Ängste und legten die Nadel... Inzwischen war durch mehrere Untersuchungen bekannt, das Roberts Arterie, die das Stammhirn versorgte, Anomalien (Anorismen?) aufwies, in denen es zu Ablagerungen kam, die die Schlaganfälle auslösten. Zudem litt er an einer "fibromuskulären Dyplasie", dadurch die Einblutungen außerhalb der Schlaganfälle, das Gewebe in Gehirn hielt der Blutverdünnung und dem hohen Blutdruck, der aufgrund der Schlaganfälle gehalten werden musste, nicht mehr stand. Zudem hatte eine Blutgerinnungsstörung des Faktors XIII. Alle diese Dinge waren angeboren (ob sie vererbar sind, soll durch die Obduktion geklärt werden, ich habe Angst vor der Diagnose, was ist, wenn auch unsere Kinder gefährdet sind?). So viel zum Thema Schuld, was durch die Schwiegereltern immer wieder auf mich gelegt wurde. Die Behandlung der einen Sache war verschlimmernd für die andere, die Ärzte wussten nicht mehr, was sie tun sollten, unser Schicksal ging ihnen sehr nahe, denn alle wussten von den beiden kleinen Kindern, dem Hauskauf und der Schwangerschaft... Robert reagierte nur noch auf Lichtreize mit Pupillenreflexen, mehr nicht.

Am Sonntag eine Woche später baten mich die Ärzte früh morgens, zu kommen. Nun waren auch die Pupillenreflexe ausgefallen, der Blutdruck lag bei 35/25, mein Mann lag im Sterben. Ich bat darum, nun alle intensivmedizinischen Maßnahmen herauszunehmen. Dieser Bitte wurde nachgekommen (Roberts Eltern: "Du lässt ihn sterben!"). Die Nadel wurde gezogen, er bekam nur noch Wasser und die Beatmung. Diese Maschine darf in Deutschland nicht abgestellt werden, bzw. nur unter bestimmten Umständen, einer genauen Diagnostik, die nicht mehr durchführbar war, denn hierfür war sein Blutdruck z.B. viel zu niedrig. Ich wachte ca. 9 Stunden täglich am Sterbebett, davon mindestens zwei mit seiner Mutter.
Die Vorwürfe, die in diesen letzten Stunden kamen, möchte ich hier nicht wiederholen, ich werde sie jedoch niemals vergessen und sie haben mich so runtergezogen. Jeden Abend verabschiedete ich von meinem Mann zu der Zeit, in der er mich immer nach hause geschickt hat. Ich hatte mit den Ärzten vereinbart, bin 22 Uhr telefonisch erreichbar zu sein, dann erst wieder ab morgens, denn zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon 8 kg weniger an Gewicht als vor der Schwangerschaft und war am Ende meiner Kräfte. Meine letzten Worte zu Robert waren immer: "Ich liebe Dich und würde gern noch viele Jahre mit Dir gemeinsam verbringen. Wenn Du jedoch schon jetzt gehen musst, dann quäle Dich nicht. Ich lasse Dich gehen und verspreche Dir, gut für unsere Kinder zu sorgen. ich werde alles dafür tun, ihnen eine schöne Kindheit zu ermöglichen und auch Deinen Wunsch, uns ein eigenes Heim zu erhalten, versuche ich zu erfüllen. Ich werde nicht aufgeben und Dich nie vergessen. Wenn Du morgen noch lebst, sitze ich wieder bei Dir, ansonsten verabschiede ich mich jetzt von Dir."

Am Mittwoch den 14.11.2007 um 21.51 Uhr ist mein Mann gestorben. Die Ärzte riefen mich nicht, da es sehr schnell ging und draußen Schneeregen und Glatteis herrschte. Ihre Entscheidung war die richtige. Einen Tag später habe ich gemeinsam mit unseren beiden Kindern Abschied genommen, sie konnten ihren Vater ein letztes Mal sehen. Hier zu hause
sprechen wir viel über ihn, gerade Aneke fehlt er sehr. Kjell ist froh, dass ich wieder viel zu hause bin. Das Verhältnis zu den Schwiegerelten bleibt eine Katastrophe, die Bestattung muß ich allein bezahlen, dabei weiß ich selber noch nicht, wie es weitergehen soll, außer dass ich meine Versprechen, die ich am Sterbebett gegeben habe, gern halten möchte. Es hängt jetzt alles an den Banken... Ich komme nicht zur Ruhe, denn so viele Formalitäten müssen erledigt werden. Dann brauchen mich die Kinder, Kjell klebt an mir, auch nachts, so dass ich kaum Schlaf finde. Barbara Hirt fragte mich, wie ich es schaffe, morgens aufzustehen. Keine Ahnung, ich muss es ja, wenn mein Sohn sich an mich kuschelt, mir einen Kuss gibt und "Mama, hell, auf." sagt. Ich bin dankbar, meine Kinder zu haben und spüre auch schon die Tritte des Babys in mir, was sehr schön ist. Ich werde und darf nicht aufgeben! Eure Unterstützung und die meiner engsten Freunde hilft mir sehr dabei...

DANKE
Tanja



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