Letzten Mittwoch ist die Dame vom Mütternotdienst bei uns „eingezogen“!!! Meine Minimonster können sie nun in aller Ruhe kennen lernen und haben nicht die Erfahrung machen müssen, irgendjemand kommt und die Mama ist sofort weg.
Schon wieder ist eine Woche wie im Fluge vergangen und das Ende meiner Schwangerschaft ist nicht mehr weit. Die kleine Maus hat noch immer keinen Kontakt zum Becken aufgenommen, dieses ist jedoch endlich frei und man kann sie vorsichtig reinlocken (sie schwimmt jedoch schnell wieder raus). Bei Mehrgebärenden kommt das häufig vor und soll mich, laut Aussage meiner Hebamme, nicht mehr beunruhigen. Die Weichen für eine Hausgeburt sind also gestellt. Ich hoffe, wir müssen nicht doch in Richtung Krankenhaus abbiegen, zumindest nicht in den OP...
Mir fällt es sehr schwer, loszulassen, mich auf die Geburt einzustellen. Diese Schwangerschaft war das letzte große "Ereignis", das Robert und ich gemeinsam und in Liebe begonnen haben. Ich muss es allein zu Ende bringen und danach sind alle unsere gemeinsamen Dinge definitiv abgeschlossen, es werden keine weiteren mehr folgen.
Sein Tod wird dadurch noch realer für mich, auch wenn ich weiß, unsere drei Kinder bleiben immer ein Teil von ihm, er lebt in ihnen weiter. Ich habe Angst vor der Geburt ohne meinen Mann. Er war immer dabei. Auch wenn er im Kreissaal meistens anderer Meinung war als ich, war es doch wunderschön, als wir die Würmchen nach den Strapazen in den Armen hielten.
Auch im Wochenbett hat er mich zumindest so lange er Urlaub hatte, verwöhnt und sich rührend um die Kinder gekümmert, sowohl um das Neugeborene als auch um Aneke, als Kjell da war. Sobald er von der Arbeit kam, standen für ihn die Minimonster an erster Stelle. Dieses Mal werde ich alles allein bewältigen müssen. Zur Freude um die neue Erdenbürgerin kommt die Trauer um meinen Mann.
Ich hoffe, auch diese Herausforderung, die das Leben nun unweigerlich an mich stellt, bewältigen zu können, ohne dass meine Kinder in irgendeiner Form belastet werden. Es ist wieder so eine Sache: ich kann, darf und will mich meiner Trauer nicht unterordnen, denn auf mir lastet eine riesige Verantwortung, der ich gerecht werden muss und auch will. Meine Kinder sind das Wichtigste für mich, da stehen meine eigenen Gefühle oft im
Hintergrund...
Leider hat mich diese Woche etwas sehr belastet: es geht um die Grabgestaltung bzw. das Aussuchen eines Grabsteines. Der Familie meines Mannes ist dieses sehr wichtig und sie baten mich, umgehend dafür zu sorgen, dass ein Stein auf das Grab kommt, da es sonst so leer sei oder sie den Stein aussuchen lassen. Ich hatte mich schon vorher beim Friedhofsamt erkundigt, ab wann das ginge und vor Monaten die Aussage erhalten, der richtige Zeitpunkt sei frühestens ein halbes Jahr nach der Beerdigung.
Ich habe vor meinem inneren Auge ganz klare Vorstellungen, wie der Grabstein aussehen wird. Doch ich kann mich jetzt nicht damit beschäftigen, ich schaffe es einfach nicht. Ich muss doch erst einmal die schwere Situation der Geburt meistern. Mein Unvermögen tut mir selber weh, doch es geht nicht anders. Es ist mir wieder so bewusst, wie nahe Leben und Tod beieinander sind. Mein Mann ist in meinem Herzen, zum Friedhof kann ich derzeit nicht gehen, dieser ist nicht mein Ort der Trauer, zumindest jetzt nicht. Ich werde ihm eine seine letzte Ruhestätte würdig bereiten, wenn die Zeit dafür gekommen ist! Dann wird es mit Hingabe und all meiner Liebe sein. Darum kann ich auch nicht zustimmen, dass andere diese Aufgabe übernehmen. Irgendwann wird das Grab ein Ort sein, an dem meine Kinder und ich regelmäßig an den Vater denken, ihm Blumen mitbringen, Bilder niederlegen oder auch kleine Geschenke zu besonderen Tagen. Jedoch nicht heute, denn heute steht etwas anderes im Vordergrund.
Liebe LeserInnen, es tut mir leid, Euch immer wieder mit meinem Kummer zu belasten. Doch wie schon früher geschrieben: dieses Tagebuch soll später für meine drei Kinder sein. Mir ist wichtig, dass sie irgendwann wissen, wie ich gehandelt habe und warum. Sie sollen es durch meine eigenen Worte erfahren, die ich in den letzten Monaten niedergeschrieben habe, denn nur so bekommen sie einen Einblick in meine ganz privaten Gefühle... Ich hoffe, sie können mich dann verstehen.
Zum Schluss aber eine gute Nachricht: die Dame vom Mütternotdienst ist letzten Mittwoch bei uns "eingezogen"!!! Meine Minimonster können sie nun in aller Ruhe kennen lernen und haben nicht die Erfahrung machen müssen, irgendjemand kommt und die Mama ist sofort weg. Außerdem kann ich abends viel beruhigter einschlafen, denn wenn die Geburt losgeht, weiß ich die beiden gut betreut und muss nicht anfangen zu telefonieren, damit jemand kommt. Ich weiß, auf die Mutter meiner Freundin und auch auf Freunde kann ich mich auf jeden Fall verlassen. Trotzdem ist es schön, alles direkt geregelt zu wissen!!!
Außerdem blitzt es in meinem Garten, denn Freunde und die Pfadfinder aus dem Nebenort haben ihn hergerichtet. Die Terrasse ist gereinigt, alle Beete gesäubert, der Rasen gemäht, die Hecke geschnitten, die Schaukel für die Minimonster gestrichen und es sieht toll aus. Heute habe ich zum ersten Mal draußen gesessen, es war himmlisch. Ich selber hatte immer viel zu viel zu tun, um mich damit zu beschäftigen. Jetzt zum Ende der Schwangerschaft ging es körperlich nicht mehr, denn ich bin fürchterlich kurzatmig. Da kam die Hilfe wie ein Geschenk des Himmels!!!!! Das Wetter soll ja so sonnig bleiben, da können wir am Dienstag draußen sein, die Kids spielen und wir Erwachsenen quasseln :-) Ich freue mich darauf; wieder ein Stück Normalität!!!
In diesem Sinne bis zum nächsten Mal
Tanja