...und Krankenhaus - auf Letzteres hätte ich verzichten können
Liebe Leserinnen und Leser!
Der Geburtsbericht hat etwas auf sich warten lassen, aber voila: hier ist er nun.
Vorab ein herzliches Dankeschön für Eure Glückwünsche und den blumigen Gruß der kidsgo-Redaktion anlässlich der Geburt von Jule. Ich habe mich über Eure Anteilnahme sehr gefreut. Jetzt ist unsere Tochter doch früher gekommen, als ich es ursprünglich erwartet hatte. Allerdings gab es da so eine Ahnung…
Am Vorabend der Geburt haben Philipp und ich noch im Garten gearbeitet. Jule hat mich dabei so ausdauernd und kräftig getreten, dass ich noch dachte „lange hält sie es im Bauch nicht mehr aus“. Zudem stand ich abends vor dem Spiegel und hatte das Gefühl, dass sich mein Bauch ein bisschen gesenkt hatte und irgendetwas anders war. Beschreiben konnte ich das Anderssein aber nicht. Die Beschreibbarkeit ergab sich dann am nächsten Morgen.
Ich erwachte am 17.08.2010 so gegen 5.30 h und spürte einen Tritt und eine Art Knacks im Innern. Auf Klo konnte ich sodann den Schleimpfropfabgang verzeichnen und wusste aus Büchern, dass die Geburt heute oder in den nächsten Tagen losgehen könnte. Ich entschied mich für die nächsten Tage ;-) und taperte schlaftrunken in die Küche, da ich keine Lust hatte mich wieder hinzulegen. Gegen 6.45 h gesellte sich Philipp zu mir. Ich hatte zwischenzeitlich leichten Fruchtwasserabgang gehabt. Daher beschlossen wir, von unserer Pipernummer des Geburtshauses Gebrauch zu machen. Ich war gespannt, welche Hebamme meines 6er-Teams sich melden würde und freute mich über den Rückruf von Vanessa. Wir verabredeten uns für 11.00 Uhr im Geburtshaus, um die Lage zu checken.
Nach dem Telefonat bat ich Philipp, mir ein Bad einzulassen, da ich meinte, einen wellenförmigen Schmerz zu spüren. Gegen 7.00 Uhr saß ich in der Wanne und prompt spürte ich richtige Wehen. Ich hatte keinen Zweifel, dass es sich um Wehen handelte, denn ich konnte während des Schmerzes nicht mit Philipp reden, sondern musste mich darauf konzentrieren, die Wehen zu veratmen. Philipp saß auf dem Badewannenrand und stoppte die Zeit. Die Wehen kamen alle 1,5 bis 2 Minuten. Als sich an dem Rhythmus um 8.30 h noch nichts geändert hatte, rief Philipp Vanessa an. Das Treffen im Geburtshaus wurde um eine Stunde vorverlegt. Philipp und ich waren relativ gelassen, und ich fühlte mich innerlich für den in meinen Augen „sportlichen Wettkampf Geburt“ gerüstet.
Ich nutzte die Wehenpausen dazu, mir die Zähne zu putzen und mich anzuziehen. Glücklicherweise war die Geburtshaustasche schon gepackt, denn an eine Packerei in den Wehenpausen war meinerseits nicht zu denken. Um 9.30 h waren wir startklar und los ging es zum Geburtshaus. Dort trudelten wir pünktlich um 10.00 h ein, wo uns Vanessa und eine Hebammenpraktikantin bereits erwarteten. Da wir zu diesem Zeitpunkt die einzigen Gebärenden waren, konnten wir uns den Geburtsraum aussuchen und entschieden uns für den Raum mit Wanne, der uns bei der damaligen Besichtigung schon sehr gut gefallen hatte. Vanessa untersuchte mich dort und stellte fest, dass der Muttermund zu diesem Zeitpunkt auf 5 cm geöffnet war. Ich stieg recht bald in die Wanne und verbrachte darin hockend gute zwei Stunden.
Die Wehen nahmen in ihrer Intensität weiter zu, so dass ein bloßes Veratmen mir nicht mehr reichte. Ich begann also zu tönen und kam prima mit der Atmung zurecht. Zudem konnte ich mich in den Wehenpausen gut entspannen. Die Hebammen hielten sich dezent im Hintergrund auf, checkten nach fast jeder Wehe die Herztöne von Jule (eine protokollierte jeden Schritt) und lobten das Baby. Jule machte ihre Sache prima, was mich freute und mir Sicherheit gab. Philipp saß die ganze Zeit bei mir. Ich hätte nicht gedacht, dass seine bloße Anwesenheit mir so gut tun würde, aber genau so war es.
Das Wasser in der Wanne hatte sich mittlerweile aufgrund von Blutungen so dunkel gefärbt, dass Vanessa mich bat, an „Land“ weiterzumachen. Also kletterte ich in einer Wehenpause (man, habe ich die geliebt ;-)) aus der Wanne. Der Muttermund hatte sich zwischenzeitlich auf 9 cm geöffnet. Außerdem war eine dritte Hebamme hinzugekommen. Mir schoss der Gedanke „Finale“ durch den Kopf, und kurze Zeit später war der Muttermund mit 10 cm voll geöffnet. Unter Anleitung von Vanessa ging es in die letztlich zwei Stunden andauernde Presswehenphase.
Die Presswehen überrollten mich mit solcher Macht, dass ich mich sehr auf meine Atmung konzentrieren musste. Außerdem brauchte ich ein Ventil für die Anstrengung. In der Wehenpause bat ich daher darum, die Fenster zu schließen, und danach ließ ich meinem Körper und den Stimmbändern unter den Wehen einfach freien Lauf. Mein Kreischen/Brüllen half mir durch die Presswehen, die mich mit Urgewalt erfassten. Neben den Presswehen mit dem immensen Druck zwischen den Beinen hatte Jule netterweise nichts anderes zu tun, als kräftig mit ihren Beinen gegen meine Bauchdecke zu treten, so dass diese auch noch bebte und spannte.
In den Wehenpausen war ich völlig klar und u.a. damit beschäftigt, mich für die Brüllerei zu entschuldigen ;-). Ich hing in den Pausen meistens in einem Seil und ließ mein Becken kreisen. Sobald die nächste Wehe anrollte, hockte ich mich wieder hin und stützte mich auf Philipps Beine ab, der hinter mir saß. Außerdem quetschte ich ihm die Hände, nachdem ich meinen Impuls, ihn während der Wehen zu beißen, unterdrücken konnte ;-). Mental versuchte ich, die Wehen anzunehmen und keine Angst aufzubauen, denn der Druck bzw. die Schmerzen unter den Wehen waren irre. Bei den letzten Wehen konnte ich das weiche Köpfchen fühlen, was mich anspornte. Jule arbeitete sich mit meiner Unterstützung das letzte Stückchen voran und kam dann letztlich um 15.03 h zur Welt.
Und da war sie: blutbedeckt, mit einem Hörnchen und vielen Haaren auf dem Kopf, keine Käseschmiere und total putzig. Sie quäkte ein bisschen, und ihre leicht bläuliche Hautfarbe wurde schnell rosig. Die U1 ergab später 9/10/10 Punkte – Julchen war also topfit. Als die Nabelschnur auspulsiert war, schnitt Philipp sie durch und ich hob Jule an meine Brust, wo sie auch direkt andockte ;-). Während wir unser Kind betrachteten und ich sofort sah, dass Jule Philipps schöne Hände mit den langen Fingern und seine Füße geerbt hatte, gebar ich kurze Zeit später die Plazenta. Es stellte ich heraus, dass es sich um zwei miteinander verbundene Plazenten handelte, was auf einen Zwilling hindeutet, der sich nicht entwickelt hat.
Die Plazenta schien intakt. Allerdings hörten die Blutungen nicht auf, so dass Vanessa sich entschloss, mich in die angrenzende Klinik zu verlegen. Jule wurde Philipp in die Arme gelegt und ich wurde gegen 15.45 h auf einer Bahre ins Krankenhaus rübergerollt. Dort wurde ich direkt in den OP gefahren, mir wurden vier Zugänge gelegt (ich hasse Handzugänge) und weg war ich. Später wachte ich im Kreissaal auf und sah Philipp, der mit Jule auf seiner Brust auf einem bequemen Sessel saß. Ich erfuhr, dass ich 1,5 Liter Blut verloren hatte, mit der Hand ausgeräumt worden war und genäht werden musste.
Statt wie geplant nach Hause ging es auf die Wöchnerinnen-Station des Krankenhauses. Ich war total enttäuscht. Auf der einen Seite hatte ich mein Ziel erreicht und Jule eine natürliche Geburt im Geburtshaus ermöglicht. Auf der anderen Seite lag ich nun im Krankenhaus, bekam beispielsweise Antibiotikum durch einen Tropf zugeführt, sollte bald bemerken, dass der Milcheinschuss aufgrund des hohen Blutverlustes auf sich warten lassen würde und fühlte mich elendig schwach. So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Aber wie das so ist im Leben…
Jedenfalls sind wir nun stolze Eltern einer süßen Tochter und sehr dankbar, dass unsere Maus gesund und munter ist. Was wir in den vergangenen zwei Wochen erlebt haben und in den kommenden Wochen noch so erleben werden: der Nachbericht kommt. Insofern verabschiede ich mich dieses Mal noch einmal mit einem:
Auf Wiederlesen,
Eure Nicci