...und ein Hammer nach dem anderen
Liebe Leserinnen und Leser!
Wie in meinem letzten Wochenbericht beschrieben, galt es in der vergangenen Woche zunächst einmal ein kleines Dilemma zu lösen. Wir standen vor der Entscheidung Fußballabend Halbfinale Deutschland gegen Spanien oder Kabarettabend mit dem Programm „Hi Dad! Hilfe. Endlich. Papa“. Den Männern unter Euch war sicherlich sofort klar, wie die Entscheidung ausfallen würde. Und ja, so war es dann auch: Fußball! Allerdings hatte der Veranstalter der Produktion „Hi Dad“ ein Einsehen und tauschte kulanzhalber die Eintrittskarten von Mittwoch auf Donnerstag um, so dass wir letztendlich doch in den Genuss kamen, Fußball und „Hi Dad“ zu sehen.
Tja, mit dem Weltmeister-Baby hat das ja leider nicht so hingehauen, aber ein dritter Platz ist doch auch ganz schön (meine Meinung – mein Mann sieht das ganz anders…;-)). Nach dem stimmungstechnisch gedämpften Fußballabend machten wir uns also am Donnerstag auf zur „Show für werdende Eltern und für alle, die diesen Strapazen bewusst ausgewichen sind oder sie schon längst hinter sich gebracht haben“. Insofern war ich an diesem Abend nicht die einzige Zuschauerin, die einen Babybauch vor sich her trug. Das Programm, initiiert von den Caveman-Machern, war sehr unterhaltsam und trug desöfteren dazu bei, dass Philipp und ich Blickkontakt hatten und dabei den Gedanken „so schlimm kann es doch nicht werden“ austauschten.
Aber dann, dann kam unser Geburtsvorbereitungs-Wochenend-Intensiv-Kurs. Vorher aber lernte ich Hebamme Nr. 5 meines Hebammenteams kennen und konnte zunächst etliche Fragen klären, die sich seit dem letzten Termin aufgestaut hatten (z. B. geburtsvorbereitende Maßnahmen wie Akkupunktur, Himbeerblättertee, Heublumensitzbäder, bestimmte Übungen). In der sich anschließenden Untersuchung zeigte sich, dass die Entwicklung unserer Bauchbewohnerin weiterhin im Plan, mein Bauchumfang mittlerweile auf 93 cm angewachsen ist und es so weitergehen darf.
Am Abend fuhr ich erneut ins Geburtshaus, mit einem ausgesprochen skeptischen Philipp „im Gepäck“ ;-). Dort stießen wir erst einmal auf unsere Mitstreiter, sieben Paare im Alter von 30 Jahren bis 42 Jahren. In der Vorstellungsrunde ergab sich, dass mehr als die Hälfte der Paare wie wir in einer Pendlerbeziehung leben und die Geburt der erwarteten Kinder (alle im Laufe des August/September) diesen Zustand vorübergehend beendet. Die Paare machten einen netten Eindruck, die den Kurs leitende Hebamme brachte die Dinge auf den Punkt (Thema des ersten Abends waren die anatomischen Besonderheiten unter der Geburt) und die ersten Stunden vergingen wie im Fluge. Insoweit war Philipp einigermaßen besänftigt und konnte im anschließenden Biergartenbesuch für sich das Resümee ziehen, dass der erste Teil „ganz interessant gewesen sei“. Und um eines gleich vorwegzunehmen: Wir Frauen und auch die Männer mussten während des Kurses nicht einmal hecheln. Es wurde lediglich erklärt, in welchen Situationen das Hecheln unter der Geburt zum Einsatz kommen und sinnvoll sein würde.
Auf den kurzen Einstiegsabend folgten die zwei langen Abschnitte. Dabei hielt der Samstag einen Einblick der besonderen Art für uns bereit. Es wurden die verschiedenen Phasen der Geburt, die möglichen Problemlagen, die Anzeichen für den Geburtsbeginn pp. besprochen. Klasse fand ich, dass die Hebamme eine Klinikgeburt nicht verteufelte, sondern ganz sachlich die beiden Geburtsorte gegenüberstellte und das Für und Wider erörterte. Das war auch insofern sinnig, als das sich zwei Paare bereits im Vorhinein für eine Klinikgeburt entschieden hatten. Während wir im (gnadenlos heißen) Kursraum unserer Hebamme lauschten, trafen nach und nach zwei Schwangere im Geburtshaus zur Entbindung ein. Als wir dann in einen anderen Raum wechselten, um einen im Geburtshaus gedrehten Wassergeburtsfilm anzugucken, hörten wir durch das geöffnete Fenster die Schreie der einen Gebärenden dazu. Oh man, war das laut und intensiv. Man konnte den Schreien regelrecht den Schmerz und die Intensität der Geburtsarbeit entnehmen. Für mich war dieses Schreien ganz schwer auszuhalten und ich überlegte kurzzeitig den Raum zu verlassen, als plötzlich Stille eintrat und der Schrei des Neugeborenen erklang. Was für ein Erlebnis! Und gleich darauf konnten wir den Geburtsakt unter Wasser auf der Mattscheibe verfolgen. Dazu noch die vorangegangenen Informationen, dass beispielsweise der Geburtsbeginn medizinisch gesehen, erst mit regelmäßigen Wehen erfolgt, die muttermundswirksam sind und die Geburt ab da im Durchschnitt ca. 12-18 Stunden dauert, waren wir Frauen alle ziemlich geschockt. Das wurde dann auch in der den Tag abschließenden Feedbackrunde geäußert. Okay, dachte ich, die Geburt wirst du schon irgendwie überleben und hinter dich bringen (so wie viele Milliarden Frauen vor Dir auch), aber rechte (Vor-)Freude auf die Geburt konnte ich mir nicht abringen.
Am nächsten Tag hatten wir die Gelegenheit, uns die Plazenta anzusehen, die die Gebärende als Anschauungsmaterial für uns zurückgelassen hatte. Philipp und ich diskutierten später, was wir mit unserer Plazenta machen. Eigentlich war für uns im Vorfeld klar gewesen, dass das Teil weggeschmissen werden kann. Nun aber schien uns die Option „vergraben und darauf einen Baum pflanzen“ nicht ganz so abwegig, zumal wir unserer Tochter zur Geburt eh einen Obstbaum schenken wollten. Pulverisieren oder gar Stücke der Plazenta essen kommt für uns dagegen nicht in Betracht.
Dann hatten wir noch die Gelegenheit, verschiedene Gebärpositionen auszuprobieren (im Geburtshaus wird grundsätzlich nicht auf dem Rücken liegend geboren), ehe das Thema „Wochenbett“ angesprochen wurde. Und da kam das nächste „Oha“ für mich. Ich stellte mir mein Wochenbett bis dato wie folgt vor: Philipp nimmt nach der Geburt eine Woche Urlaub und wir genießen die erste Zeit mit unserem Kind in Form von Kuscheln, spazieren gehen usw. Ggf. wollte ich dann auch schon erste Behördengänge erledigen. Und was erzählt uns die Hebamme: Wochenbett heißt nicht nur so, sondern ist genauso wahrzunehmen. Also mindestens fünf Tage mit dem Kind im Bett liegen (ist wohl u. a. sehr wichtig für die Rückbildung des Beckenbodens), die Zeit gemeinsam genießen und die Hilfe des Wochenbett-Managers in Form des Ehemannes annehmen. Dieser muss dann das Kind wickeln, die Hausarbeit, Verpflegung sowie Behördengänge erledigen, die Rolle des Türstehers und Telefonverwalters übernehmen und mit seinen Liebsten im Bett kuscheln. Die weiteren fünf Tage, die das sog. Frühwochenbett abschließen, darf dann schon mal aufgestanden und herumgelaufen werden. Und erst ab dem 11. Tag sollte man das Kind weiteren Reizen aussetzen, vorher nicht.
Oh man, ich und fünf Tage liegen. Allein der Gedanke daran ist mir ein echter Gräuel… Aber Philipp ernannte sich direkt nach dem Kurs zum Wochenbett-Manager, kündigte mir zwei Wochen Urlaub und großen Ärger an, wenn ich mich nicht daran halte und machte mir seinen Standpunkt eindrucksvoll deutlich. Nach den ganzen Argumenten meines Mannes habe ich keine Chance...
Diese Woche werde ich u. a. dazu nutzen, die vielen Informationen erst einmal in Ruhe sacken zu lassen. Und dann ist jede Menge Besuch zu versorgen, den wir erst aus Zürich, dann aus Hamburg und schlussendlich aus Bremen erwarten. Für den Rest der Schwangerschaft gibt es dann allerdings keine Übernachtungsgäste mehr (so zumindest die Planung;-)). Mal sehen, was wir mit unseren Besuchern so alles erleben. Ich werde wie gewohnt in einer Woche berichte, sende herzliche Grüße und wünsche Euch eine tolle Woche!
Auf Wiederlesen,
Eure Nicci