Ich bin wieder zuhause, freue mich über einen großen Karton voller Waschmittel und versuche ansonsten nur noch brav zu brüten.
Da bin ich wieder – am Freitag-Abend wurde ich wieder aus dem Krankenhaus entlassen. Die ganze Woche über wurden mein Kleiner und ich mit Verdacht auf HELLP-Syndrom im wahrsten Sinne des Wortes auf Herz und Nieren geprüft: Jeden Tag wurde ich dreimal ans CTG angeschlossen, mein Blut wurde fast täglich auf Änderungen der Leber-, Harnsäure- und Thrombozyten-Werte gecheckt, mein Urin auf Eiweiß-Ausscheidungen. Dazu wurde regelmäßig mein Blutdruck gemessen und der Kleine per Ultraschall untersucht. Einen Tag und eine Nacht lang hatte ich für eine 24-Stunden-Beobachtung eine Blutdruckmanschette an meinem Arm – die Werte wurden alle 20 Minuten (nachts alle 60 Minuten) gespeichert und nach Ablauf ausgelesen.
Ich habe mich übrigens sehr über eure Aufmunterungen gefreut, danke! Auch wenn mich Christianes Kommentar daran erinnert hat, wie ernst die Situation dann doch schnell werden kann. Und wie gut man beobachtet werden muss, damit dem Baby nichts passiert. Schon komisch, man denkt immer ganz naiv, nach den ersten zwölf Wochen sei man aus dem Gröbsten heraus, dabei kann gerade beim „Endspurt“ und der Geburt noch so vieles schief gehen.
Zwischenzeitlich fiel im Krankenhaus schon ein paar Mal das Wort „Einleitung“. Das war schon heftig für mich – erst liege ich plötzlich im Krankenhaus, dann rückt auf einmal der Geburtstermin in sehr greifbare Nähe. Nur leider überhaupt nicht so, wie wir uns das jemals vorgestellt haben. Wir dachten immer, dass wir gemütlich zuhause sitzen werden, wenn meine Wehen einsetzen. Dann würden wir uns irgendwann auf den Weg in die Klinik machen und nach einigen Stunden wäre dann unser süßes kleines Baby auf der Welt. Nun sind auf einmal alle Optionen völlig offen: Wenn meine Werte sich sehr schnell stark verschlechtern, dann wird es ein Kaiserschnitt. Falls sie sich langsam verschlechtern, wird die Geburt eingeleitet. Oder alles läuft normal ab. Und wann das Ganze passiert, ist auch ab jetzt komplett offen.
Am Freitag gab es dann den abschließenden Befund: Mein Blutdruck schwankt sehr stark hin und her und leider ist die Tendenz eher steigend (140/90 kam öfter vor). Die Leberwerte haben sich zum Glück wieder ein bisschen erholt. Sie liegen zwar immer noch über der Grenze, aber sind insgesamt gesunken. Das an sich klingt nicht so beruhigend – aaaaber: Die Nierenwerte sind spitze und ich scheide nicht vermehrt Eiweiß aus. Also gab es bezüglich des HELLP-Syndroms dann erst einmal Entwarnung. Es ist noch nicht voll entwickelt, aber schon zu erahnen. Und man merkt wohl, dass mein Körper bereits ein bisschen kämpfen muss, um unser Baby weiter so gut versorgen zu können. Und leider kann die Situation auch ganz schnell umschlagen und dann wirklich gefährlich werden.
Also durfte ich zwar wieder nach Hause – aber ich muss jeden Tag bei meinem Arzt ein CTG schreiben lassen und jeden zweiten Tag werde ich inklusive Blut und Ultraschall komplett untersucht. Dies soll sicherstellen, dass wir den Zeitpunkt nicht verpassen, an dem die Versorgung vielleicht nicht mehr so gut funktioniert. Dazu soll ich mich viel ausruhen und schauen, dass ich meinen Blutdruck nicht weiter hochtreibe. Bei Veränderungen der Kindsbewegungen (das macht mich echt rappelig: Denn klar ist der Kleine mal ruhiger als am Vortag. Bisher hat mich das auch nie beunruhigt – jetzt aber achte ich viel mehr darauf und werde nervös, wenn er sich „nicht genug“ bewegt) oder irgendwelchen Schmerzen, Blutungen, Übelkeit, Unwohlsein oder Augenflimmern soll ich SOFORT in die Klinik. Egal wann. Und mein Arzt hat mir heute noch einmal eindringlich gesagt, dass ich bloß nicht darauf verzichten soll, nur weil ich befürchten könnte, den Klinikleuten damit auf die Nerven zu gehen oder so.
Also versuche ich nun, mich wirklich zu schonen und mich nicht mehr nach einem Arzttermin noch in den Supermarkt zum Großeinkauf zu prügeln. Ich merke auch, dass schon bei kleineren Anstrengungen mein Puls extrem ansteigt und ich öfter mal einfach so müde bin, dass ich mitten am Tag einschlafe. Und trotzdem bin ich abends wieder früh müde.
Samstag war ich sehr müde und auch der Kleine hat sich wenig bewegt. Im Krankenhaus war er immer sehr aufgedreht – wahrscheinlich hat er meine Anspannung mitbekommen und war so auch unruhiger. Kaum wieder zuhause haben wir beide den Samstag über fast nur geschlafen. Auch Stefan war von der Aufregung letzte Woche geschafft. Also haben wir uns nach dem Frühstück einfach wieder ins Bett gekuschelt und nur geschlafen. Für Stefan war die Situation nicht einfach. Die Aussicht, dass unser Kind jetzt auf einmal geholt wird, hat ihn ganz schön beschäftigt. Und natürlich hat er sich Sorgen gemacht.
Interessant finde ich wieder, wie unterschiedlich die verschiedenen Ärzte mich im Moment bewerten. Von „die Thrombozyten können in der Schwangerschaft ruhig noch bis auf 80.000 sinken“ (normalerweise ist der untere Grenzwert 150.000) bis hin zu „der Blutdruck ist jetzt schon bedenklich“ vertreten die Ärzte alle Positionen: noch ziemlich cool bis hin zu ziemlich besorgt. Ich bin auch der festen Überzeugung, dass ich in einer anderen Klinik bereits einen Kaiserschnitt bekommen hätte. So zur Sicherheit. Ok, meine Klinik ist eher etwas sehr entspannt, was die Grenzwerte angeht. Aber zum Glück liegt mein Gynäkologe mit seiner Ansicht genau in der Mitte, so dass ich mir sicher bin, dass er rechtzeitig eingreifen wird, bevor es gefährlich wird.
Tja, so eine Sache kann einen ziemlich beschäftigen, wie ihr merkt. Zumindest konnte ich in der Woche auch schon einmal einen guten Eindruck von dem Krankenhaus gewinnen, in dem ich auch entbinden möchte. Die Ärztinnen, Schwestern und Hebammen dort waren alle unglaublich nett und herzlich. Ich habe mich richtig umsorgt gefühlt. Und es war auch schön, immer wieder die ganz kleinen Babys auf dem Flur zu sehen, nachdem Geburten stattgefunden hatten. Komischerweise lagen auf der Station aber insgesamt mehr Schwangere zur Beobachtung (mit frühzeitigen Wehen, Blutungen, Gestosen, …) als Schwangere, bei denen die Geburt direkt anstand. Meine Zimmernachbarin war z.B. mit dem zweiten Kind schwanger und hatte Blutungen in der 33. Woche bei einer Beckenendlage. In der städtischen Klinik wollte man das Kind daraufhin schon per Kaiserschnitt holen, hier hat man aber noch abgewartet. So unterscheiden sich die Kliniken.
Einen Abend lag ich im Kreißsaalbereich am CTG und habe durch die räumliche Nähe eine Geburt teilweise mitgehört. Ehrlich gesagt war ich total geschockt: Die Frau schrie und wimmerte, flehte richtig, damit die Schmerzen bloß aufhören. Sie sagte immer wieder „Ich kann nicht mehr, es tut so weh, ich halte das nicht mehr aus.“ Das war schon heftig. Ich hab dann die Hebamme gefragt, ob sich das immer so anhört und ob die Frau denn jetzt noch lange aufs Kind warten muss. Sie hat mich beruhigt. Es gäbe wohl auch Geburten, die ganz ruhig ablaufen. Das ist von Frau zu Frau unterschiedlich. Und ein paar Minuten danach war das Kind dann wohl auch da. Wenigstens das. Die arme Frau…
Ich sehe der Geburt sogar immer noch relativ entspannt entgegen. Vielleicht auch, weil ich ja gar nicht mehr weiß, was da denn jetzt überhaupt passieren wird. Ich weiß nur, dass man für eine PDA eine gewisse Grenze bei den Thrombozyten nicht unterschreiten darf. Das wäre ja noch nett, damit ich meinen „Lichtblick“ nicht von vornherein ausklammern muss. :-)
Wieder zuhause habe ich mich riesig über das große Paket mit Waschmittel von Persil gefreut. Und ich hatte gedanklich schon Waschmittel auf die Einkaufsliste gesetzt. Nun sind wir für die nächste Zeit mit Persil sensitiv versorgt. Das wird bestimmt auch ganz sanft zur zarten Babyhaut sein – schön. Danke Persil und kidsgo für dieses sinnvolle Geschenk!
Ich werde mich nun mal intensiv mit meiner Kliniktasche beschäftigen. Die Generalprobe letzten Montag lief zwar schon ganz gut, aber da brauchte ich vieles ja auch noch nicht einpacken. Leider hab ich ganz vergessen mal zu fragen, ob ich z.B. Stilleinlagen selbst mitbringen muss? Und in welcher Größe kauft man sich Still-BHs?
Auch das Kinderzimmer möchte ich nun langsam so richtig fertig haben. Inklusive der Kleinigkeiten. Sonntag saßen Stefan und ich auf dem Sofa und haben schon mal geübt, wie man den Kindersitz benutzt. Wie wird er verstellt? Wie auf der Basis fixiert? Das muss man ja tatsächlich alles üben, damit es dann mit Kind auch sofort klappt und man nicht wie doof noch eine halbe Stunde auf der Straße rumbastelt.
Wenn ich jetzt beim Schreiben spüre, wie lebendig sich dieser kleine Schatz in mir bewegt, dann freue ich mich einfach nur darauf, ihn irgendwann in nächster Zeit auf dem Arm halten zu können. Es hat mir in der letzten Woche sehr gut getan, dass ich den Kontakt zu meinem Kind hatte. Ich konnte mit ihm reden und meinen Bauch streicheln und er hat reagiert. Ich habe gespürt, dass ich ihn beruhigen kann, wenn er beim CTG nicht liegen bleiben will und sich immer hin und her dreht. Das hat mir tatsächlich viel Kraft gegeben, wenn ich zwischendurch mal Angst hatte oder einfach etwas überfordert war.
Alles Liebe euch allen und ganz viel warme Frühlingssonne!
Antonia